Mitschuld am Suizidversuch Rafati klagt Schiri-Boss Fandel an
19.03.2013, 17:32 Uhr
Babak Rafati fehlten als Schiedsrichter Wertschätzung und Menschlichkeit von seinem Chef. In seinem Buch
(Foto: dpa)
Eineinhalb Jahre nach seinem Suizidversuch und kurz vor seiner Buchveröffentlichung macht Ex-Bundesliga-Referee Babak Rafati den DFB-Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel indirekt für seine seelische Krise verantwortlich. Ihm sei "übel mitgespielt worden", sagt er. Fandel weist den Vorwurf als "absurd" zurück.
Der ehemalige Bundesliga-Referee Babak Rafati erhebt in einem "Stern"-Interview schwere Vorwürfe gegen den deutschen Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel. Als Fandel sein Chef geworden sei, habe er "absolut keine Rückendeckung" mehr bekommen, sagte Rafati, der im November 2011 einen Selbstmordversuch überlebt hatte. "Ich war es gewohnt, sachliche Kritik zu erfahren, aber keine aus meiner Sicht persönlichen Verletzungen", fügte Rafati hinzu. Er habe "nicht einmal" Zuspruch erfahren, sondern Kälte und Unerbittlichkeit.
"Diese fehlende Wertschätzung für mich als Mensch, dieser Vertrauensentzug vom Chef, der auch eine Fürsorgepflicht hat. Das war entleerend", sagte er. Ihm sei "übel mitgespielt" worden. Fandel habe "genau" gewusst, wie verletzt er gewesen sei, sagte Rafati. "Andere wussten das auch. Die Herabwürdigungen durch Fandel waren Tagesgespräch unter den Schiedsrichtern."
Fandel weist Vorwürfe zurück
Fandel, der seit Mai 2010 Vorsitzender der DFB-Schiedsrichterkommission ist, reagierte gegenüber dem Sport-Informations-Dienst entsetzt. "Die Sichtweise von Herrn Rafati schockiert mich, das lässt mich nicht kalt. Ich hatte aus meiner Sicht immer ein gutes Verhältnis zu ihm, aber wir mussten bei schwachen Leistungen auch klarmachen, dass Fehler passiert sind", sagte er. Niemals habe er, betonte Fandel, "irgendeine Kenntnis über sein seelisches Krankheitsbild" gehabt. Der Vorwurf emotionaler Kälte sei "absurd".
Rafati richtete seine Kritik auch an die damalige Führungsriege des DFB. Nach seinem Suizidversuch habe niemand Kontakt zu ihm gesucht, was ihn "im Nachhinein extrem aufgewühlt" habe. "Das hat mir gezeigt: Es hat sich eben doch nichts bewegt." Am 19. November 2011 hatte Rafati vor dem Bundesliga-Spiel 1. FC Köln gegen den FSV Mainz 05 versucht, seinem Leben ein Ende zu setzen. Seine Assistenten hatten ihn damals in seinem Hotelzimmer gerade noch rechtzeitig entdeckt und den Notarzt gerufen - und ihm so das Leben gerettet.
"Ich pfeife auf den Tod!"
Sechs Monate nach dem Selbstmordversuch gab Rafati das Ende seiner Schiedsrichterkarriere bekannt. Weitere vier Monate später bezeichnete er sich in einem Bild-Interview wieder als "glücklich", nachdem er seine langjährige Partnerin Rouja geheiratet hatte. Ende März wird sein Buch erscheinen: "Ich pfeife auf den Tod! Wie mich der Fußball fast das Leben kostete."
Fandel hatte nach dem Suizidversuch Rafatis 2011 schockiert reagiert. "Auch wenn wir die Gründe für diesen ausweglosen Schritt nicht kennen, wird Babak Rafati von uns alle Unterstützung bekommen, die wir ihm geben können", sagte er damals und forderte ein Umdenken zu mehr Respekt im Umgang mit Schiedsrichtern. Trainer, Manager und Spieler seien sich ihrer Verantwortung manchmal nicht bewusst.
Quelle: ntv.de, sid