Passives Abseits und Doppelstrafe Referees teilen die Empörung
17.10.2011, 18:53 UhrAm passiven Abseits scheiden sich in der Fußball-Bundesliga weiter die Geister, ebenso an der doppelten Bestrafung bei Notbremsen. Die Schiedsrichter wünschen sich selbst mehr Klarheit, sind aber an die Vorgaben des Weltverbandes FIFA gebunden. Der soll zumindest die Kombination aus Rot und Elfmeter abschaffen.
Nicht Spieler oder Ergebnisse standen nach dem 9. Bundesliga-Spieltag im Mittelpunkt der Diskussion, sondern wieder einmal die Schiedsrichter, wenn auch etwas unfreiwillig. Die umstrittenen Regeln zum passiven Abseits und zur Doppelbestrafung bei Notbremsen ließen die Emotionen in der Liga hochkochen. In Gelsenkirchen wurde Referee Peter Sippel zum Buhmann, weil er nach Fouls im Strafraum gleich zweimal Rot und Elfmeter gab und damit zumindest in einem Fall komplett danebenlag.

Buhmann auf Schalke: Peter Sippel gab am Wochenende nach Notbremsen zweimal Rot und Elfmeter.
(Foto: dpa)
Lutz Michael Fröhlich, Abteilungsleiter für die Referees beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), drängt generell auf ein Ende der Doppelbestrafung. "Wir wünschen uns natürlich, dass es in absehbarer Zeit hierzu eine klare Regeländerung gibt, dass die Schiedsrichter nicht mit dieser Diskussion konfrontiert werden", sagte Fröhlich im ZDF.
"Wir können unsere Schiedsrichter nicht in die Bredouille bringen, das bestehende Regelwerk insofern zu beugen, dass man sagt: Ich bin gefühlt der Meinung, hier ist eine Rote Karte zu viel", betonte Fröhlich und plädierte für eine Modifizierung. "Hier einen Strafstoß zu geben und allenfalls Gelb zu zeigen, ist völlig ausreichend."
Für Unmut sorgte aber nicht nur die Doppelstrafe bei Notbremsen, sondern auch die Regel zum passiven Abseits. Die wurde von Schiedsrichter Jochen Drees in Köln komplett falsch ausgelegt und brachte Hannover 96 um das reguläre Tor zum 1:1. Am Ende siegte der FC 2:0 und Hannover schäumte.
"Abseits ist immer schwierig"
Viele Klub-Verantwortliche und Trainer fordern eine Präzisierung des passiven Abseits, um den Auslegungs-Spielraum der Schiedsrichter einzugrenzen und für einheitliche Entscheidungen zu sorgen. Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel verteidigte die umstrittene Regel dennoch. "Wir versuchen, uns damit zu arrangieren. Abseits ist immer schwierig, da wird es immer ein Grummeln geben", sagte der Vorsitzende der DFB-Schiedsrichter-Kommission. Selbst wenn sich der Deutsche Fußball-Bund (DFB) gegen die Regeln aussprechen würde: Der DFB ist sowohl beim passiven Abseits als auch in der Frage Rot/Notbremse strikt an die Vorgaben des Weltverbandes FIFA gebunden.
Im zweiten Fall strebt der DFB schon seit längerem auf internationaler Ebene eine Regeländerung an. Der Antrag wurde von dem für Regelfragen zuständigen International Football Association Board (IFAB) im vergangenen März an eine "FIFA Task Force Football 2014" verwiesen. "Bis zur WM in Brasilien sollte die Entscheidung gefallen sein", sagte DFB-Lehrwart Lutz Wagner.
Leichte Irritationen reichen
Beim passiven Abseits waren die Bundesliga-Schiedsrichter in der Vergangenheit recht großzügig, wenn der betroffene Spieler nicht in die Begegnung eingegriffen hat. Doch von der Besprechung des "Referee Assistence Program" von FIFA und UEFA im Mai in Düsseldorf haben Fröhlich und Wagner die Anweisung mitgebracht: "Wenn der im Abseits stehende Spieler das Spiel wieder kreuzt, soll eher die Fahne kommen." Das heißt, wenn ein im Abseits stehender Profi den Torwart oder einen Abwehrspieler nur leicht irritiert, wird abgepfiffen.
"Früher war fast alles Abseits", erklärte Wagner. "Jetzt haben sich die Grenzen verschoben. Einen Graubereich wird es immer geben. Das macht die eine oder andere Entscheidung schwierig." Und sorgt für Frust und Diskussionsbedarf.
Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid