Fußball

Becherwurf ramponiert das Image Schockstarre beim FC St. Pauli

Fassungslos: Pauli-Coach Holger Stanislawski nach dem Spielabbruch.

Fassungslos: Pauli-Coach Holger Stanislawski nach dem Spielabbruch.

(Foto: REUTERS)

Das Image ramponiert und den Abstieg vor Augen - der skandalöse "Schwarze Freitag" versetzt den FC St. Pauli am Wochenende geradezu in eine Schockstarre. Die Bierbecher-Attacke auf Schiedsrichter-Assistent Thorsten Schiffner mit anschließendem Spielabbruch ist der irreparable Sündenfall für den sich immer als alternativ gestrickt verstehenden Klub. Zudem erwartet den Kiez-Club nach dem erst zweiten Spielabbruch in der langen Geschichte der Fußball-Bundesliga wegen einer Wurfattacke eine harte Strafe durch den DFB.

"Das Sportgericht wird ein Urteil fällen, wir werden es annehmen", sagte Sportchef Helmut Schulte betont demütig. Völlig unstrittig scheint, dass die Richter die 2:0-Führung von Schalke 04 gemäß Paragraf 18, Absatz 4 der DFB-Verfahrensordnung in einen 2:0-Sieg umwandeln werden.

Kein Kavaliersdelikt

Was mit den Hamburgern passiert, ist hingegen offen. Die Bandbreite der Sanktionen reicht von einer saftigen Geldstrafe über ein Geisterspiel ohne Zuschauer bis hin zu einer Platzsperre. "Diese ganze Angelegenheit ist kein Kavaliersdelikt", sagte dazu DFB-Mediendirektor Ralf Köttker.

Fassungslos: Torwart Benedikt Pliquett und Gerald Asamoah nach dem Spielabbruch.

Fassungslos: Torwart Benedikt Pliquett und Gerald Asamoah nach dem Spielabbruch.

(Foto: dpa)

Ein Verdächtiger wurde kurz nach dem Spielabbruch in der 89. Minute dingfest gemacht, von der Polizei verhört, am Samstag jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt. Zwar wollten mehrere Zeugen gesehen haben, dass der 43-Jährige von Block 7 der Haupttribüne aus dem Mann an der Linie den Bierbecher in den Nacken geschleudert hatte, doch derzeit ist die Beweislage noch unübersichtlich. Der Beschuldigte verwickelte sich zwar in Widersprüche, leugnete aber die ihm zur Last gelegte Tat.

Die Norddeutschen werden sich auf jeden Fall am dem zu ermittelnden Täter schadlos halten und Schadenersatz fordern. Da könnte es bei einem Spiel ohne Publikum um Zuschauereinnahmen von knapp einer Million Euro gehen. Das nächste Heimspiel der Kiez-Kicker ist das Nordderby am 23. April (15.30 Uhr) gegen Werder Bremen.

Schiffner geht es wieder besser

Schiffner jedenfalls war am Samstag soweit wieder hergestellt, dass er die Heimreise nach Konstanz antreten und DFB-Schiedsrichterboss Herbert Fandel seine Einsatzbereischaft für kommende Spiele melden konnte. "Ich habe eine Schmerztablette genommen und in der Nacht nicht viel geschlafen", sagte der 35 Jahre alte Diplom-Ingenieur der "Bild am Sonntag".

Unter Schock: Schiedsrichter-Assistent Thorsten Schiffner nach dem Bierbecherwurf.

Unter Schock: Schiedsrichter-Assistent Thorsten Schiffner nach dem Bierbecherwurf.

(Foto: dpa)

Die Szene in der 89. Spielminute beschrieb er so: "Ich habe plötzlich und völlig unvorbereitet einen heftigen Schlag durch den Bierbecher ins Genick bekommen. Von der Wucht war ich zeitweise etwas benommen und stand unter Schock." Schiffner fügte an: "Dieses Negativerlebnis muss man erst mal verarbeiten."

Das Strafmaß hängt in erster Linie vom Bericht des Unparteiischen Deniz Aytekin ab. Strafverschärfend könnte sich auswirken, dass während der gesamten Partie immer wieder Gegenstände Richtung Spielfeld geworfen wurden, woran auch mahnende Stadiondurchsagen nichts änderten.

Gegen Sanktionen über eine letzte Verwarnung und eine Geldstrafe hinaus - spekuliert wird über eine Summe von 50.000 Euro - spricht, dass ein Match ohne Zuschauer oder eine Platzsperre Einfluss auf den sich zum Saisonende hin zuspitzenden Abstiegskampf haben könnte. Den werden die Hanseaten nach der sechsten Niederlage hintereinander in ihrer aktuellen sportlichen Verfassung allerdings ohnehin kaum bestehen.

Rangnick als Fürsprecher

St. Paulis Verantwortliche entschuldigten sich umgehend für das unrühmliche Ende des Spiels. "Das Ganze ist eine einzige Katastrophe. Da gibt es null Toleranz. Ich kann mich nur bei dem Linienrichter entschuldigen", betonte Trainer Holger Stanislawski. "Ich bin sehr enttäuscht, dass das passiert ist und kann mich im Namen des FC St. Pauli nur entschuldigen", meinte auch Sportchef Schulte nach dem skandalösen Vorfall, durch den nicht nur der Ruf der bisher als vorbildlich geltenden St. Pauli-Anhängerschar ramponiert ist.

Zum Fürsprecher der Anhängerschaft des Kiez-Klubs machte sich Schalkes Coach Ralf Rangnick, dessen Rückkehr auf die Schalker Trainerbank im dem Eklat um die Wurfattacke nahezu unterging: "Durch solche Idioten wird die gesamte Fankultur beschädigt. Es ist schade, dass so etwas gerade in diesem Stadion passiert, in dem immer eine fast einmalige Atmosphäre herrscht."

Quelle: ntv.de, sid/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen