Fußball

Sex, Lügen - und ein Video Skandal um Benzema schwächt Frankreich

"Hast du schon einmal einen Typen gesehen, der Panik hat?" Karim Benzema.

"Hast du schon einmal einen Typen gesehen, der Panik hat?" Karim Benzema.

(Foto: AP)

Die DFB-Elf spielt in Paris - und Frankreich tritt ohne Karim Benzema und Mathieu Valbuena an. Der Grund ihres Fehlens taugt zum Skandal. Es geht um ein Sexvideo, einen kriminellen Jugendfreund und eine gescheiterte Erpressung.

Das ganz große Ding wollen sie drehen. Zum dritten Mal richten die Franzosen mit der EM im Sommer nächsten Jahres ein großes Fußballturnier aus. 1984 wurde die Équipe Tricolore im eigenen Land Europameister, 1998 gewann sie den Titel des Weltmeisters. Doch nun, sieben Monate vor dem Eröffnungsspiel am 10. Juni, ist die Stimmung eher schlecht. Wenn an diesem Freitag (ab 21 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) im Stade de France zu Paris das Testspiel gegen die deutsche Nationalmannschaft, den amtierenden Weltmeister also, angepfiffen wird, verzichtet Frankreichs Trainer Didier Deschamps auf zwei seiner besten Spieler. Und der Grund ihres Fehlens taugt durchaus zum Skandal.

Die Geschichte um Karim Benzema, den besten Torschützen der französischen Nationalelf, und Mathieu Valbuena, den unermüdlichen Arbeiter im Mittelfeld, ist bizarr und interessant zugleich - so bizarr und interessant, wie eine Geschichte um zwei Nationalspieler, ein Sexvideo, einen kriminellen Jugendfreund und eine gescheiterte Erpressung nun einmal ist. Aber der Reihe nach: Valbuena, 31 Jahre alt, Profi in Diensten Olympique Lions, soll sich und seine Freundin mit dem Smartphone beim Sex gefilmt haben. Das Telefon mit dem Filmchen ist dann angeblich irgendwie bei Menschen gelandet, die es nicht gut mit Valbuena meinten. Sie erpressten ihn: 150.000 Euro - oder wir veröffentlichen das Video.

Völlig unbeteiligt? Wohl nicht ...

Jetzt kommt Benzema ins Spiel, 27 Jahre alt, Profi bei Real Madrid, gegen den nun die französische Justiz ermittelt. Einer der mutmaßlichen Erpresser ist ein Freund Benzemas aus früher Jugend. Karim Zenati heißt er, ist 32 Jahre alt - und sitzt mittlerweile im Gefängnis. Sie kennen sich aus Bron-Terraillon, einem Vorort von Lyon, im dem es eher etwas rauer zugeht, typisches Banlieue - was übersetzt Bannmeile heißt. Zenati ist nicht Fußballprofi geworden, sondern Einbrecher, der auch Drogen verkauft. Zumindest hat er das früher getan. Nachdem er mit 210 Kilogramm Cannabis im Kofferraum erwischt worden war, besuchte Benzema, der Fußballstar, seinen Kumpel, den Dealer, im Knast. Der Kontakt ist offenbar nie abgerissen. Und so soll Zenati ihn nun gedrängt haben, der Forderung nach den 150.000 Euro gegenüber Valbuena doch bitte im Trainingslager der französischen Nationalmannschaft ein wenig Nachdruck zu verleihen, so von Teamkollege zu Teamkollege.

"Um ihm psychische Probleme zu ersparen": Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps verzichtet auf Mathieu Valbuena.

"Um ihm psychische Probleme zu ersparen": Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps verzichtet auf Mathieu Valbuena.

(Foto: dpa)

Benzema verbrachte eine Nacht in Untersuchungshaft, er gilt nun als Beschuldigter. Laut Anklage eines Gerichts in Versailles geht es um die "Beihilfe an einem Erpressungsversuch" sowie die "Beteiligung an einer Verschwörung von Missetätern zwecks Verübung einer Straftat, auf die mindestens fünf Jahre Gefängnis stehen." Benzema bestreitet, irgendetwas mit der Sache zu tun zu haben. Also von dem Video habe er schon gewusst, aber sich lediglich mit einem freundschaftlichen Rat an Valbuena gewendet und ihm empfohlen, sich dem Druck nicht zu beugen. Sylvain Courmier, sein Anwalt, beharrt darauf, Benzema habe "absolut nichts falsch gemacht". Der hat allerdings am 6. Oktober mit Zenati telefoniert. Und das Blöde für ihn ist, dass die Polizei das Gespräch aufgenommen hat. Die Zeitung "L’Equipe" hat das Transskript des mutmaßlichen Telefonats zwischen Benzema und Zenati veröffentlicht. Sagen wir es so: Stimmt das, was dort steht, scheint Benzema nicht völlig unbeteiligt gewesen zu sein. Aber lesen Sie selbst:

"Benzema: Ich habe ihn (Valbuena) jetzt gesehen. Zenati: Und was denkst du? Benzema: Willst du die Wahrheit wissen? Zenati: Ja. Benzema: Er nimmt uns nicht ernst. Zenati: Nein. Benzema: Da hast du es. Zenati: Du denkst also, er wird uns gar nichts geben? Benzema: Genau. Er nimmt uns nicht ernst. Zenati: Was hat er denn zu dir gesagt? Benzema: Er dachte zu Beginn, es sei ein Scherz. Ich habe ihm gesagt: Ich bin hier, um dir zu helfen. Ich habe ihm gesagt, dass er dich treffen muss. Dann habe ich ihm das Versprechen gegeben, dass es nur eine Kopie (des Sex-Tapes) gibt. Ich habe ihm auch gesagt, dass wir es ernst meinen. Zenati: Du hast recht. Benzema: Ja. Zenati lacht. Benzema: Mein Bruder, auch wenn es bei ihm nicht so für Aufregung sorgt, wie wenn ich auf dem Tape wäre - du beendest seine Karriere, Bruder. Zenati: Hm. Benzema: Ich habe mit ihm über Familie gesprochen. Und dass uns die Aufregung egal ist. Ich habe ihm gesagt, dass wenn jetzt ein Foto oder Video veröffentlicht wird, sein Vater und seine Mutter seine Frau oder so es sehen werden. Da hat er begonnen zu überlegen. Bis Sonntag bin ich noch beim Nationalteam. Da gebe ich ihm deine Nummer. Er wird dich in Lyon treffen. Zenati: Gut Bruder. Das hast du gut gemacht. Benzema: Ich weiß nicht, was er danach machen wird. Er wird wohl seinen Berater kontaktieren und von dem Video erzählen. Aber ich habe ihm gesagt, dass wir keine Anwälte und Polizei wollen. Zenati: Hm. Benzema: Ich habe ihm gesagt: Wenn das Video zerstört werden soll, dann treffe meinen Freund in Lyon. Zenati: Ist doch gut, da hast du es. Benzema: Er hat mich gefragt, wo das Video herkommt. Ich sagte: Keine Ahnung. Zenati: Wenn er sich Abends ins Bett legt, wird er wissen, dass du die Wahrheit sprichst. Benzema: Er fragte mich, wann und wo ich das Video gesehen habe. Es waren immer mehr Fragen. Er begann immer öfter zu schlucken. Zenati lacht. Benzema: Hast du schon einmal einen Typen gesehen, der Panik hat? Kennst du das? Zenati lacht. Benzema: Ich meinte zu ihm: Ich helfe dir nur. Eigentlich kümmert mich die Sache nicht. Für mich endet dieser Zug jetzt. Ich habe ihm gesagt, dass du ab jetzt übernimmst, weil du der Einzige bist, der den Typen mit dem Tape kennt. Also werde ich ihm jetzt deine Nummer geben. Zenati: Perfekt. Benzema: Ich habe ihm gesagt, dass du wie ein Bruder für mich bist."

Wie geht's jetzt weiter? Frankreichs Trainer Didier Deschamps ist genervt. Er habe für das Spiel gegen den DFB-Elf heute und die Partie in Wembley am Montag auf Valbuena verzichtet, "um ihm psychische Probleme zu ersparen". Benzema, der in 81 Länderspielen 27 Tore erzielte, zuletzt angeschlagen war, aber inzwischen bei Real wieder trainiert, sei "aus körperlichen Gründen nicht verfügbar". "L'Équipe" berichtete, der Skandal sei "in der Kabine der Blauen ein großes Thema". Und was ist, wenn Benzema tatsächlich verurteilt wird? "Die Justiz kümmert sich um diese Affäre", sagte Deschamps. "Das Beste ist es, sie in Ruhe arbeiten zu lassen." Das kann dauern, bis geklärt ist, ob Benzema wissender Mittäter war - oder nur jemand, der sich hat missbrauchen lassen. Bis dahin wird die Affäre die französischen Fußballer belasten. Dabei wollen sie doch das ganz große Ding drehen.

Quelle: ntv.de

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