Löw will, dass die EM morgen beginnt Spaßfußballer auf Favoritenthron
17.11.2011, 15:33 UhrAn der Erkenntnis geht kein Weg mehr vorbei: Deutschlands Fußballer zählen nach einem grandiosen Jahr zu den Topfavoriten bei der Europameisterschaft im Sommer. Und auch wenn Bundestrainer Joachim Löw sich bemüht, die Euphorie zu dämpfen - es wird ihm nicht gelingen.

Welch' eine Freude: Thomas Müller und Mesut Özil feiern wieder einmal ein Tor gegen die Niederlande.
(Foto: REUTERS)
Obwohl er sichtlich wenig Lust hatte, ausgerechnet darüber zu reden, hat es Bert van Marwijk dann doch gesagt. Die niederländische Fußball-Nationalelf hatte gerade in Hamburg mit 0:3 gegen die DFB-Elf verloren, als sich der Bondscoach mit der Frage konfrontiert sah, wie stark er denn nun die deutsche Mannschaft einschätze, so vor der Europameisterschaft im Sommer in Polen und der Ukraine. Bert van Marwijk seufzte und sagte das, was eh schon alle wissen: "Deutschland gehört mit zu den Topfavoriten - neben Spanien."
Das DFB-Team habe im Vergleich zu seiner Mannschaft das größere Potenzial. "Wenn ich mir anschaue, wer da noch alles auf der Bank sitzt, ist das schon extrem gut." Was er damit meint, ist schnell erklärt: Mittlerweile ist die deutsche Mannschaft auf den meisten Positionen doppelt gut besetzt. Per Mertesacker nicht in Form? Mats Hummels ist auch ein guter Innenverteidiger, ganz abgesehen vom Holger Badstuber, der seinen Platz sicher haben dürfte. Bastian Schweinsteiger fehlt? Spielen halt Toni Kroos und Sami Khedira im defensiven Mittelfeld. Kreativchef Mesut Özil ist müde? Wirbelt halt Mario Götze. Außenstürmer Lukas Podolski nicht in Form? André Schürrle scharrt schon mit den Hufen.Torjäger Mario Gomez soll sich ausruhen? Miroslav Klose trifft fast immer. Sogar umgekehrt gilt das mittlerweile. Und sollte Thomas Müller mal ausfallen, gibt es ja immer noch Marco Reus.
Jetzt ist es also raus, Deutschland ist Favorit und Bundestrainer Joachim Löw hat nur noch ein Problem. Die EM beginnt erst am 8. Juni. "Wenn sie morgen losgehen würde, wäre ich froh. Aber: In einem halben Jahr kann sich im Fußball vieles ändern." Zwar würde er sich immer noch eher ein Ballack-Tattoo stechen lassen als seine Mannschaft öffentlich als Favoriten zu bezeichnen. Aber auch er weiß, dass die Voraussetzungen glänzend sind. Seine Elf hat in diesem Jahr 13 Mal gespielt, einmal verloren, aber neunmal gewonnen und dabei 36 Tore erzielt.
Selten so konstant so gut
Sie hat im Februar gegen die Italiener dominiert, anders, als es das Remis vermuten lässt, im Mai den Weltmeisterschaftsdritten Uruguay besiegt, im August mit spielerischen Mitteln Rekordweltweltmeister Brasilien bezwungen und nun den WM-Zweiten aus den Niederlanden auseinandergenommen. Und sie hat alle zehn Qualifikationsspiele gewonnen. Kurz: Selten hat eine deutsche Mannschaft so konstant so gut gespielt. Vor allem aber hat es selten so viel Spaß gemacht, ihr dabei zuzuschauen. Wenn nicht im Sport so viel vom Zufall abhängen würde, könnte die Uefa die Europameisterschaft ausfallen lassen und stattdessen Playoff-Spiele zwischen Spanien und Deutschland organisieren. Wer zuerst drei Partien gewinnt bekommt den Titel.
Doch Joachim Löw macht das, was jeder Trainer machen würde - er versucht, die Erwartungen in Grenzen zu halten. Voraussichtlich vergeblich, seine Argumente sind zu schwach. Es spricht wenig dafür, dass der Zauber in Polen und der Ukraine plötzlich nicht mehr wirkt, auch wenn der Bundestrainer darauf hinweist, dass seine Spieler bis dahin gehalten seien, sich weiter zu verbessern. "Es kommt auf eine Form an, die du dann drei oder vier Wochen brauchst, eine Topform. Und ob man das schafft, das ist die Frage." Sagt der Mann, der nach der Gala gegen die Niederlande von der Spielfreude und der guten Organisation seines Teams geschwärmt hatte und Sachen sagte wie: "Die Tore waren dann schon überragend herausgespielt, sodass Holland in der Defensive in einigen Phasen überfordert war." Bert van Marwijk weiß, wovon er spricht.
Quelle: ntv.de