Nach Rauball-Vorwürfen Staatsanwaltschaft wehrt sich
12.01.2010, 12:42 UhrDie Staatsanwaltschaft Bochum hat im Zuge des Wettskandals auf nationaler Ebene neue Verdachtsmomente und reagiert deshalb mit Unverständnis auf die massive Kritik von Liga-Boss Reinhard Rauball. Der hatte den Ermittlern indirekt Sensationsgier unterstellt.
Das Verhältnis zwischen den im Fußball-Wettskandal ermittelnden Staatsanwälten und den betroffenen deutschen Fußballverbänden bleibt gespannt. Nach der Schelte von DFL-Präsident Reinhard Rauball, der beim Neujahrsempfang der Deutschen Fußball-Liga die Informationspolitik der Ermittler kritisiert hatte, wunderten sich die Staatsanwälte nun ihrerseits über das Missverhältnis zwischen dem großen Redebedürfnis des DFL-Chefs und dessen geringem Kenntnisstand.
"Es hat bei uns ein gewisses Befremden ausgelöst, wenn Herr Rauball, der den aktuellen Stand der Ermittlungen nicht in allen Einzelheiten kennt, meint, diese kommentieren zu müssen. Dies gilt umso mehr, als seitens der Staatsanwaltschaft gegenüber einem Vertreter der DFL bereits mitgeteilt worden ist, dass im Zuge der Ermittlungen weitere Verdachtsmomente aufgetaucht sind, wegen derer derzeit aber noch keine Akteneinsicht gewährt werden könne", sagte Oberstaatsanwalt Gerrit Gabriel der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung".
"Ganze Härte des Gesetzes"
Ligaverbands-Präsident Rauball hatte beim DFL-Neujahrsempfang zwar zunächst zu "mehr Gelassenheit" aufgerufen, anschließend aber harsche Kritik an der Staatsanwaltschaft geübt. "Die Staatsanwaltschaft hat bei Bekanntwerden des Wettskandals in einer medienwirksamen Pressekonferenz von einer Spitze des Eisbergs gesprochen. Wenn ich die derzeitige Bilanz der Ermittlungen sehe, kann die These von der Spitze des Eisbergs aber so nicht stehen bleiben. Ich kann nicht erkennen, dass es bislang irgendwelche Erweiterungen des Skandals gegeben hat", sagte Rauball.
Die Staatsanwaltschaft Bochum hatte Ende November den größten Wett- und Manipulationsskandal in der Geschichte des europäischen Fußballs öffentlich gemacht. In Deutschland sollen mindestens 32 Spiele von der 2. Bundesliga bis in den Juniorenbereich manipuliert worden sein. Dazu sagte Rauball: "Nach unseren Erkenntnissen ist kein Spiel der Bundesliga betroffen, einige wenige Spiele der 2. Bundesliga stehen unter Verdacht. Jedes manipulierte Spiel ist natürlich eins zu viel, aber die Betrüger werden die ganze Härte des Gesetzes und auch der Sportgerichtsbarkeit zu spüren bekommen."
Alles ganz harmlos?
Nicht nur DFL und Staatsanwaltschaft, auch die DFL und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) scheinen sich in der Bewertung des europaweiten Wettskandals uneinig zu sein. Während Rauball die Betrügereien nicht zu hoch hängen will, hat der Ende November von der Staatsanwaltschaft veröffentlichte Wettskandal nach Angaben von DFB-Präsident Theo Zwanziger eine viel größere Dimension als der erste Skandal um Ex-Referee Robert Hoyzer.
"Der Wettskandal ist viel schwerer zu behandeln als der Skandal um Robert Hoyzer. Wir müssen uns Experten von außen hinzuholen, um dieser Bandenkriminalität Herr zu werden. Wir wollen uns den Rat von den richtigen Leuten holen. Denn der Fußball kann viel, aber nicht alles", sagte Zwanziger. Problem sei nicht unbedingt die Anzahl der am Ende erfolgreich manipulierten Spiele, sondern die brutale Kriminalität der Betrüger im Hintergrund. Um sich in Zukunft besser vor der organisierten Kriminalität schützen zu können, kündigte der DFB-Boss für die Präsidiumssitzung am Freitag nach der Gründung der "Task Force Spielmanipulation" ein weiteres Maßnahmenpaket an.
Quelle: ntv.de, cwo/sid