Fußball

Nach der erfolgreichen WM-Qualifikation Stolz, Vorfreude und Bier

Als Joachim Löw und die deutsche Fußball-Nationalmannschaft die Qualifikation für Südafrika 2010 in der Tasche hatten, blieb der Bundestrainer erst einmal völlig gelassen. Während sich die Spieler glücklich in den Armen lagen und Assistent Hansi Flick in einer jubelnden Traube ein Freudentänzchen vollführte, setzte sich Löw ganz gemütlich für einige Minuten auf die Ersatzbank.

Ein Lächeln nach dem Sieg - Joachim Löw, rechts

Ein Lächeln nach dem Sieg - Joachim Löw, rechts

(Foto: dpa)

"Ich habe mir die Aufstellung für den Mittwoch gegen Finnland überlegt", witzelte er auf die Frage, was in ihm in diesem Moment vorgegangen sei, um dann aber sofort seinem Stolz über die vorzeitige Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika und den 1:0 (1:0)-Erfolg in Russland Ausdruck zu verleihen. "Nach einem Turnier so eine Qualifikation mit so vielen Siegen zu spielen und auch noch in Russland zu gewinnen, ist schon eine Bestätigung für uns alle. Die Mannschaft hat die lange Qualifikation nach der EM glänzend gemeistert. Wir gehen den Weg weiter", sagte Löw, bevor er in den Katakomben des Luschniki-Stadions von einem strahlenden Theo Zwanziger geherzt wurde.

Der DFB-Präsident hatte Löw und der Mannschaft um den starken Kapitän Michael Ballack nach dem Coup von Moskau in der Kabine in einer kleinen Ansprache spontan gratuliert. "Die Mannschaft hat so gespielt, wie wir und Millionen Fans das erwarten. Wir sind stolz auf das Team, es ist das Flaggschiff des deutschen Fußballs", sagte Zwanziger. Das kurzfristig von den Betreuern organisierte Bier floss in der Kabine ebenso wie später im Teamhotel am Roten Platz in Strömen. Mit entsprechend kleinen Augen bestiegen die Helden von Moskau am Sonntagmittag den Charter-Flieger von Moskau nach Hamburg. Dort findet am Mittwoch (18.00 Uhr) das abschließende und durch den historischen Erfolg gegen die Russen bedeutungslose letzte WM-Qualifikationsspiel gegen Finnland statt.

15. WM-Endrunde in Folge

Zum 15. Mal in Folge seit 1954 hat sich der dreimalige Welt- und Europameister für eine WM-Endrunde qualifiziert. Den Spielern beschert dies eine Erfolgsprämie von maximal 200.000 Euro. Aber noch viel wichtiger dürfte sein, dass es auch künftig mit Joachim Löw als Bundestrainer weitergeht. "Von meiner Seite steht einer weiteren Zusammenarbeit nichts im Wege. Er ist ein großartiger Trainer, der viel für den deutschen Fußball getan hat", sagte Zwanziger und kündigte Gespräche "in aller Ruhe" an. Für Teammanager Oliver Bierhoff ist aber schon jetzt "die Tendenz klar". Löw, dessen Vertrag nach der WM ausläuft, hatte seine Zukunft beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) immer von einer erfolgreichen Qualifikation abhängig gemacht.

Debütant Jerome Boateng musste vorzeitig vom Platz.

Debütant Jerome Boateng musste vorzeitig vom Platz.

(Foto: REUTERS)

Doch das Thema Vertragsverhandlungen spielte bei Löw ebenso wenig eine Rolle wie ein Ausblick auf die WM. "Was man der Mannschaft bei der WM zutrauen kann, wage ich im Moment nicht zu sagen. Wir haben jetzt erst einmal den ersten Schritt geschafft und uns direkt qualifiziert. Aber Deutschland spielt bei der WM immer eine gute Rolle", sagte er nur. Nimmt man das Qualifikationsspiel im Luschniki-Stadion vor 75. 000 Zuschauern als Maßstab, liegt Löw mit seiner Ansicht richtig. Wie so oft in entscheidenden Spielen präsentierte sich der Vize-Europameister auch auf dem ungewohnten Kunstrasen als "nervenstark und diszipliniert", wie Ballack betonte. "Jeder hat einen tollen Job gemacht", lobte der Kapitän und könnte auch Löw gemeint haben, der die richtige Taktik und Formation gewählt hatte.

"Verschworene Einheit"

Zudem bewahrheitete sich wieder einmal, dass einige Spieler, die im Verein ihre Probleme haben, in der Nationalmannschaft aufblühen. Bestes Beispiel dafür war Miroslav Klose, der mit seinem Treffer in der 35. Minute den Weg nach Südafrika ebnete. Für den Münchner war es bereits das 48. Tor im 92. Länderspiel. "Statistiken sind schön, aber viel wichtiger ist, dass wir durch mein Tor die WM erreicht haben. Das ist ein schönes Gefühl", sagte Klose, der von Spielmacher Mesut Özil glänzend bedient wurde. Für Russlands Coach Guus Hiddink zeigte das Tor des Tages "wie schon so oft in den letzten Jahrzehnten die Durchschlagskraft der Deutschen".

Adler rettete mit seinen Paraden den Sieg.

Adler rettete mit seinen Paraden den Sieg.

(Foto: dpa)

Es zeichnete die DFB-Auswahl an diesem kühlen Samstagabend darüber hinaus aus, dass sie sich selbst nach der Gelb-Roten Karte gegen Debütant Jerome Boateng (69.) nicht aus dem Konzept bringen ließ. "Wir haben vor allem nach dem Platzverweis gezeigt, dass wir eine verschworene Einheit sind", verdeutlichte Ballack. Löw meinte, dass er schon vor dem Showdown gespürt habe, "dass jeder das Sieger-Gen in sich hat. Die Mannschaft hat sehr diszipliniert gespielt, klasse verteidigt, ist enorm lange Wege gegangen." Dass die DFB-Auswahl bei einigen Chancen der spielstarken Russen auch etwas Glück hatte, wollte Löw nicht verschweigen. Glück, aber auch einen starken Torwart Rene Adler.

Boateng trotz Platzverweis weiter im Kader

Der 24-Jährige sammelte im Kampf um die Nummer eins erneut etliche Pluspunkte. "Er hat viel Ruhe und Souveränität ausgestrahlt und in zwei, drei Aktionen glänzend reagiert", würdigte Löw die Leistung von Adler, der vom "emotionalsten Spiel" seiner Karriere sprach: "Ich bin glücklich." Etwas geknickter war U21-Europameister Boateng angesichts seines Platzverweises. Doch Löw hat den jungen Verteidiger trotzdem weiterhin auf seiner (WM)-Rechnung: "Das war ein Fehler, aus dem er lernen wird. Er hat in den letzten Monaten aber große Schritte gemacht. Er wird ab jetzt zu unserem Kader dazu zählen."

Am Mittwoch gegen die Finnen ist Boateng gesperrt. Dabei hätte sich für den 21-Jährigen eine weitere gute Gelegenheit ergeben, sich in der A-Nationalelf zu bewähren. Löw kündigte für dieses und die folgenden Länderspiele gegen Chile in Köln (14.11.) und Ägypten in Gelsenkirchen (18.11.) bereits einige Experimente an. "Die drei Spiele stehen mit Sicherheit im Zeichen, einiges auszuprobieren. Im Oktober und November müssen wir uns noch nicht für die WM im nächsten Jahr einspielen", sagte Löw. Von den etablierten Spielern will er einige schonen, von den jungen möchte er sehen, "was für Möglichkeiten sie haben und ob man ihnen so ein Turnier zutrauen kann".

Quelle: ntv.de, von Thomas Niklaus und Jürgen Zelustek, sid

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