Vorbereitung auf die WM Testspiele als Ernstfall
03.03.2010, 11:21 UhrFrankreich trifft auf Spanien, die Niederlande auf die USA: Genau 100 Tage vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft testen fast alle Mannschaften noch einmal ihre Form und einige Spieler. Die Partie ist für das Gros der 32 WM-Teilnehmer der letzte Testtermin vor der Nominierung der vorläufigen Aufgebote.

Marcello Lippi will noch Systeme und Spieler ausprobieren, ehe es im Juni ernst wird.
(Foto: REUTERS)
Nicht nur für Bundestrainer Joachim Löw, auch für 26 weitere WM-Teilnehmer sind die heutigen Freundschaftsspiele die letzte Möglichkeit, vor der Nominierung der WM-Kader Mitte Mai noch einmal Spieler im Nationaltrikot zu testen. "Abgerechnet wird im Juni. Aber ich kann jetzt noch ein neues System ausprobieren und die vier, fünf Spieler finden, die unseren Kader in Südafrika komplettieren werden", sagte Italiens Trainer Marcello Lippi. Der Weltmeister trifft in Monaco auf Kamerun, wo erstmals das Schalker Talent Joel Matip im Kader steht.
Deutschlands WM-Gruppengegner Ghana hat einen solchen Test bitter nötig. Trainer Milovan Rajevac sucht noch immer die richtige Mischung aus jenen Spielern, die die Qualifikation geschafft haben, und den Talenten, die im Oktober U-20-Weltmeister wurden. Für das Spiel in Bosnien-Herzegowina berief der Serbe gleich fünf Profis, die im Januar beim Afrika Cup noch nicht zum Kader gehörten. Dazu zählen neben Sulley Muntari von Inter Mailand auch Hoffenheims Prince Tagoe und der ehemalige Kölner Derek Boateng (FC Getafe).
Pessimismus in "ganz Frankreich"
Serbien tritt in Algerien gleich mit fünf Spielern aus der 1. oder 2. Bundesliga an: Gojko Kacar (Berlin), Neven Subotic (Dortmund), Zdravko Kuzmanovic (Stuttgart), Zoran Tosic (Köln) und Antonio Rukavina (1860 München). Der dritte deutsche WM-Gegner Australien spielt in der Qualifikation zur Asienmeisterschaft gegen Indonesien.
Frankreichs Nationalteam will im Prestigeduell mit Spanien einen Stimmungsumschwung im Land erzeugen. Nach den schwachen Leistungen in der WM-Qualifikation "herrscht in ganz Frankreich Pessimismus", wie die Zeitung "Le Parisien" schrieb. Beim Vize-Weltmeister kehrt Franck Ribéry ins Team zurück, beim Europameister Fernando Torres. Beide fehlten zuletzt wegen ihrer Verletzungen. "Wir sind scharf auf die Franzosen. Vor allem, weil sie uns bei der letzten WM ausgeschaltet haben", sagte der Stürmerstar vom FC Liverpool.
England mit Terry und Neuanfang
Ähnlich pikant ist der Abend für England und Weltmeister Italien. Der Test der Briten gegen Ägypten steht noch immer im Zeichen der Affäre von Verteidiger John Terry mit der Ex-Freundin seines Kollegen Wayne Bridge. Die Engländer laufen in London zum ersten Mal mit Steven Gerrard als neuem Kapitän auf, da Terry die Binde im Zuge dieser Seifenoper an Rio Ferdinand abgeben musste, der aber verletzt ist.

Mit einem Sieg könnte England die Aufarbeitung der Affäre von und mit John Terry (M) beschleunigen.
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Trainer Fabio Capello bat die Fans darum, den Star des FC Chelsea nicht auszupfeifen. "Was er privat gemacht hat, war nicht gut. Aber was auf dem Feld passiert, ist etwas anderes", sagte er. Schwieriger, als einen Kapitän zu finden, ist für Capello die Suche nach einem WM-tauglichen Linksverteidiger: Bridge erklärte wegen Terrys Verbleib im Nationalteam seinen Verzicht auf das Turnier, Ashley Cole hat sich den Knöchel gebrochen. Den stattdessen berufenen Stephen Warnock (Aston Villa) und Leighton Baines (Everton) fehlt internationale Erfahrung.
Schweiz und Italien mit Personalsorgen
Die Personalsorgen der Italiener und Schweizer sind noch größer. Lippi fehlen Gianluigi Buffon, Fabio Grosso, Mauro Camoranesi, Vincenzo Iaquinta, Alberto Gilardino und Gianluca Zambrotta. "Bis Juni werden wir diese Spieler wieder dabei haben. Italien war immer da, wenn es darauf ankam", sagte der Trainer trotzig. Um mögliche Alternativen für die WM zu testen, nominierte er weithin unbekannte Spieler wie Andrea Cossu (Cagliari) oder Leonardo Bonucci (Bari). Milans Alessandro Nesta konnte er dagegen nicht zu einem Comeback überreden. "Er hat mir gesagt, dass er sich nicht in der Lage fühle", sagte Lippi. "Das tut mir leid. Ich wollte ihm einen Schubs geben."
Auch für den Schweizer Trainer Ottmar Hitzfeld hat das Spiel gegen Uruguay eher den Charakter eines Sichtungslehrgangs. Für die verletzten Diego Benaglio, Alex Frei, Benjamin Huggel, Blaise Nkufo und Philippe Senderos möchte er am Mittwoch Talente wie Jonathan Rossini, Davide Chiumiento oder Xherdan Shaqiri aufstellen. "Es ist wertvoll für mich, zu sehen, wie sich die Neuen auf dem Spielfeld und in der Gruppe bewegen", sagte Hitzfeld.
Senegal soll Nigeria sein
Otto Rehhagels Griechen starten mit einem Testspiel gegen Senegal die WM-Vorbereitung. Senegal soll bei der Begegnung in der Hafenstadt Volos Griechenlands WM-Gruppengegner Nigeria "simulieren", berichteten Rehhagel im griechischen Fernsehen: "Unsere nächsten Gegner (Senegal, Nordkorea, Paraguay) haben den gleichen Stil wie unsere Gegner bei der WM." Bei diesen Spielen werde er einige personelle Varianten testen, hieß es.
Gut drei Monate vor WM-Beginn setzt Erfolgscoach Rehhagel vor allem auf Legionäre wie die Bundesliga-Profis Theofanis Gekas (Hertha BSC) und Angelos Charisteas (1. FC Nürnberg). "Die Säulen des Teams stehen", sagte Co-Trainer Giannis Topalidis. Griechenland trifft in der WM-Vorrundengruppe B neben Nigeria auf Argentinien und Südkorea.
Grafite für Brasilien am Ball
Seinen WM-Test schon gewonnen hat der fünfmalige Weltmeister Brasilien. Gegen Irland feierte die überlegene "Seleçao" am Dienstagabend in London einen ungefährdeten 2:0-Sieg. Keith Andrews (45.) per Eigentor und Robinho (76.) erzielten die Treffer für die Brasilianer. Bei der WM treffen die Südamerikaner in der Gruppe G auf Nordkorea, die Elfenbeinküste und Portugal, Irland ist in der Qualifikation bekanntlich an der Hand von Thierry Henry gescheitert.

Brasiliens Mittelfeldstratege Kaka im Zweikampf mit dem irischen Eigentorschützen Keith Andrews.
(Foto: dpa)
Gegen Irland feierte Wolfsburgs Grafite die Rückkehr in die brasilianische Nationalmannschaft. Der Stürmer wurde in der 64. Minute eingewechselt und stand damit erstmals seit fast fünf Jahren wieder für die "Seleçao" auf dem Platz. In der 76. Minute bereitete er das 2:0 durch Robinho mit einem sehenswerten Hackentrick vor.
Grafite war gemeinsam mit dem Hoffenheimer Carlos Eduardo, der in der 84. Minute zum dritten Mal nach den Spielen gegen England (1:0) und den Oman (2:0) zu einem Kurzeinsatz kam, nachnominiert worden. Dritter Bundesligaprofi im Kader war der Wolfsburger Josue. Er kam aber nicht ins Spiel.
Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid