Fußball

Persönlichkeit, kein Phrasendrescher Van Bommel fehlt dem FC Bayern

Ein Abschied, kurz und schmerzlos: Mark van Bommel verlässt den FC Bayern und kickt nun für den AC Mailand in Italien. Dass der Kapitän mitten in der Saison geht, ist ungewöhnlich. Vor allem aber ist es ist fraglich, ob die Münchner die Lücke schließen können, die der Niederländer hinterlässt.

Immer zuerst in der Kurve: Mark van Bommel.

Immer zuerst in der Kurve: Mark van Bommel.

(Foto: dpa)

Am Ende war es nicht mehr überraschend, dass Mark van Bommel den FC Bayern München verlässt, aber die Entwicklung in den vergangenen vier Wochen war auch für viele Experten nicht unbedingt vorhersehbar. Erst verpflichtete der deutsche Fußballmeister überraschend Luiz Gustavo, und dann schien auch das perfekte Verhältnis zwischen Trainer Louis van Gaal und seinem Kapitän zerbrochen zu sein. Was genau der Grund war, blieb lange im Dunkeln.

Louis van Gaal erklärte dann im Interview mit dem Bezahlsender Sky, dass er van Bommel nach der ersten Halbserie der Bundesliga über veränderte Perspektiven unterrichtet hätte. Er könne ihm nicht mehr garantieren, als Kapitän auch zu spielen, da er auf seiner Sechser-Position mit anderen Akteuren plane. Sicherlich hat der 33-jährige Niederländer keine überragende Hinrunde gespielt, aber das haben viele andere Spieler des FC Bayern auch nicht. Gerade beim 1:1 zum Rückrundenauftakt in Wolfsburg zeigte sich, dass van Bommel alleine aufgrund seiner Präsenz eigentlich unersetzlich für die Münchner ist. Dazu kam in den Spielen beim VfL und auch gegen Kaiserslautern eine überragende Zweikampfbilanz, die vermuten ließ, dass er auf dem Weg zur alten Form ist.

Gerade in der vergangenen Saison war zu sehen, wie wichtig der aggressive Leader für den FC Bayern ist. Wer sich die Werte in der Bundesliga anschaut, der sieht: Ohne ihren Kapitän (übrigens der erste ausländische beim deutschen Rekordmeister) gelang der Bayern-Elf in neun Partien 15 Zähler, mit ihm in 25 Spielen 55 Punkte. Das sind ohne van Bommel 1,7 Punkte pro Spiel - und mit ihm 2,2 Punkte. In der Champions League sieht diese Bilanz ähnlich aus.

Was zählt, ist die Persönlichkeit

Wir wollen die Wertigkeit von Mark van Bommel aber nicht nur an Statistiken messen, sondern auch und primär an seiner Persönlichkeit. Der Elftal-Kapitän alles andere als ein Phrasendrescher. Egal nach welcher Niederlage, van Bommel war immer derjenige, der zuerst in die Kurve zu den Fans ging und sich danach teilweise als einziger in Interviews stellte. Hört man Stimmen aus der Mannschaft und dem Umfeld, genoss van Bommel überall große Anerkennung. Bis vielleicht auf die Ausnahme Jürgen Klinsmann, aber auch da konnte er sich am Ende durchsetzen. Mittlerweile haben auch die ehemaligen Spieler Oliver Kahn und Mehmet Scholl ihr Bedauern über den (vor-)schnellen Abgang geäußert.

Schaut man sich jedenfalls beim Pokalsieg in Aachen am Mittwoch die Doppel-Sechs des FC Bayern mit Andreas Ottl und Daniel Pranjic an, dann dürfte vielen Bayern-Fans schon jetzt die Sorgenfalten vor den beiden Partien gegen Inter Mailand in der Champions League im Gesicht stehen. Van Gaal streitet das zwar ab, aber auch wir sind sehr skeptisch, ob man in solchen Partien ohne die Führungsfigur van Bommel bestehen kann.

Nun kickt er beim AC Milan, hier am Mittwoch im Pokal bei Sampdoria Genua.

Nun kickt er beim AC Milan, hier am Mittwoch im Pokal bei Sampdoria Genua.

(Foto: dpa)

Denn gerade in solchen Spielen war er es, der in schwierigen Situationen ähnlich wie Stefan Effenberg dazwischen ging und die Kollegen aufrüttelte. Ein direkter Nachfolger im Team ist trotz überragender Einzelspieler wie Bastian Schweinsteiger, Arjen Robben und Franck Ribéry nicht zu erkennen. Und auch Philipp Lahm mag zwar ein guter Medienkapitän sein, seine Führungsqualitäten auf dem Platz sind aber wie auch bei den vorgenannten nicht zu erkennen, zumal sowohl Lahm als auch Schweinsteiger eher dazu neigen, wenn es drauf ankommt, zu "sammern", wie man seit vergangenem Sonntag sagt: Sprich: viel zu sprechen, aber wenig zu sagen. Beide könnten natürlich noch in diese Rolle hineinwachsen, aber ob so etwas während der Saison passieren musste, ist fragwürdig.

Kein typischer Söldner-Fußballer

Um das Ganze abzuschließen: Mark van Bommel ist ja nicht aus der Welt und er ist auch aus freien Stücken zum AC Mailand gewechselt, aber man darf auch als Nicht-Bayern-Fan traurig darüber sein, denn die Bundesliga verliert erneut eine Persönlichkeit. Van Bommel hatte aufgrund seiner harten Spielweise viele Gegner – auch wenn er in seinen fünf Jahren in der Bundesliga nie glatt Rot sah. Aber er wurde sowohl von gegnerischen Spielern als auch von den meisten gegnerischen Fans geachtet, weil er eben nicht den typischen Söldner-Fußballer darstellte, sondern jemand war, dem man abnahm, dass er laut eigener Aussage schon als kleiner Junge davon träumte, einmal beim FC Bayern spielen zu dürfen.

Diesen Traum hat Mark van Bommel sich erfüllt. Nun hat er neue Ziele: Mit dem AC Mailand in dieser Saison Meister in Italien zu werden - dann hätte er das in vier Ländern geschafft. Und mit der Nationalmannschaft bei der EM 2012 als Kapitän dabei zu sein. Das schöne Sprichwort "man sieht sich im Leben immer zweimal" könnte sich ja vielleicht nächstes Jahr in der Champions League bewahrheiten. Bis dahin sagen wir: "Tot ziens, ciao und servus Mark van Bommel!"

Der Autor ist Gründer und Geschäftsführer des Fußballportals kickwelt.de und kommentiert dort regelmäßig das aktuelle Fußballgeschehen.

Quelle: ntv.de

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