"Mindestmaß an Respekt verdient" Viel Ärger um Dahouds "große Scheiße"
26.09.2021, 08:34 Uhr
Dahoud und der ganz große Schreck.
(Foto: picture alliance / Laci Perenyi)
Borussia Dortmund tut sich gegen Borussia Mönchengladbach ohne seine gefährlichsten Angreifer schwer, am Ende kreiert man nahezu keine Großchance. Und weil man sich zwischendurch selbst schwächt, geht ein emotionales Spiel verloren. Um eine Szene gibt es besonders Diskussionen.
Viel Ärger hatte es vor dem Borussen-Duell am Samstagabend gegeben: Marco Rose, der Trainer von Borussia Dortmund, hatte im Frühjahr, noch als Trainer von Borussia Mönchengladbach, den Verein verraten, als er seinen Wechsel vom Niederrhein ins Ruhrgebiet verkündete. So die Deutung der Fans, die ihrem ehemaligen Liebling, der den Verein erstmals in seiner Geschichte in die K.o.-Runde der Champions League geführt, dann aber als Mittelfeldklub übergeben hatte, ordentlich einheizen wollten. Das taten sie, mit kritischen Spruchbändern ("Charakterloses Schwein"). Auch, weil die Mönchengladbacher Borussia aber ein erfolgreiches Kampfspiel auf den Platz brachten, blieb die Auseinandersetzung mit dem Ex-Trainer in einem Rahmen, der sich unter dem Begriff "Fußballfolklore" subsumieren lässt. Am Ende gewann Borussia Mönchengladbach 1:0. Große Freude.
Dafür gabs während des Spiels und danach Ärger um einen weiteren Ex-Gladbacher: Mo Dahoud. Der Nationalspieler hatte wenige Minuten nach dem Rückstand nach einem eher harmlosen aber klaren Foulspiel nach dem Pfiff die Entscheidung von Schiedsrichter Deniz Aytekin durch eine abfällige Geste kommentiert - und holte sich dafür eine Gelb-Rote-Karte ab. Dafür bekam er sogar von den eigenen Leuten eingeheizt. "Wir machen uns bei Rückstand durch Meckern das Leben schwer. Ich denke, dass Mo weiß, dass er große Scheiße gebaut hat. Ich hoffe, dass es nie wieder vorkommt. Da gibt es keine Entschuldigung für", schimpfte Mats Hummels, der als BVB-Kapitän zuvor auf dem Feld noch vehement gegen die Entscheidung protestiert hatte.
Den Dortmundern, die ohne die angeschlagenen Erling Haaland und Marco Reus nur wenig Torgefahr produzierten, fehlte Dahoud fortan im 90-minütigen und letztlich erfolglosen Ringen um Ballhoheit und Konstruktivität.
"Es ist doof"
Nach dem Studium der TV-Bilder schränkte Hummels allerdings auch etwas ein: "Ihn dafür runterzuschicken, ist meines Erachtens falsch." Und dennoch: "Es ist doof, dem Schiedsrichter die Chance zu geben, eine Fehlentscheidung zu treffen. Beides ist passiert. Er gibt ihm die Möglichkeit, im Sinne der Regeln Gelb zu zeigen." Dortmunds Lizenzspieler-Boss Sebastian Kehl bezeichnete die Strafe bei Sky indes als "völlig übertrieben, Sky-Experte Lothar Matthäus mutmaßte, Aytekin hätte im Moment der Entscheidung nicht auf dem Schirm gehabt, dass Dahoud schon mit Gelb verwarnt war, er den Dortmunder also statt vergleichsweise sanft zu erziehen, vom Platz schicken muss.
Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke kritisierte Aytekin für dessen Leistung hart. Der Unparteiische sei "wie ein Kapellmeister" aufgetreten, er habe durch seine Gestik und Mimik zusätzlich für Hektik gesorgt, sagte er in der Sendung "Doppelpass" bei Sport1. "Das war jetzt nicht außergewöhnlich schlimm, bei aller Liebe. Das war jetzt nicht respektlos", sagte Watzke. Aber klar: "Mo ist der Hauptverantwortliche dafür, das weiß er auch", sagte Watzke.
Wie auch immer: Es war kein schlimmes Vergehen von Dahoud, man könne die Karte "einzeln betrachtet als zu hart" empfinden, sagte auch Aytekin. Doch der Schiedsrichter habe auch "ein Zeichen" setzen wollen. "Wir hatten in der ersten Szene wenige Minuten vorher Guerreiro, der abwinkt. Ich habe ihm unmissverständlich erklärt, dass ich dieses Verhalten auf dem Platz nicht möchte. Wir haben ein Mindestmaß an Respekt verdient", sagte der Referee dem TV-Sender Sky und führte weiter aus: "Es wird so selbstverständlich gemacht, dass das nichts Schlimmes ist. Natürlich kann man sagen: Es ist hart. Ein bestimmtes Verhalten auf dem Platz muss unterbunden werden. Es hat ja nicht jeder ein Freilos. In der Summe war mir dieses respektlose Abwinken zu viel."
"Entweder alle oder keiner"
Der frühere DFB- und FIFA-Referee Thorsten Kinhöfer positionierte sich in der "Bild am Sonntag"eindeutig: "Ich sage es ganz offen: Ich kann diese Art nicht ab. Dieses Reklamieren, diese Theatralik, diese Schauspielerei - widerwärtig finde ich das", schrieb Kinhöfer. Aytekin habe Dahoud "zu Recht" zum Duschen geschickt. "Dahoud hat klar Foul gespielt. Doch statt sich demütig zu verkrümeln, macht er einen auf Unschuldslamm und versucht so auch noch, den Unparteiischen als Doofmann darzustellen, der gerade eine total dämliche Entscheidung aus seiner subjektiven Sicht getroffen hat", erklärte Kinhöfer.
Trainer Marco Rose gab sich zwiegespalten: "Wenn im Training ein Spieler eine Schiedsrichterentscheidung von mir so beantworten würde, dann hätte ich auch ein Problem damit", sagte Rose, beklagte sich dann aber auch über fehlende Konsequenz: "Für mich ist es ein Thema der Linie. Dann muss ich das in allen Bundesligastadien machen - und jedes Wochenende. Der Grundsatz ist richtig, aber sich dann irgendeinen raussuchen, um ein Zeichen zu setzen? Entweder alle oder gar keiner."
Aytekin kann indes das Verhalten von Dahoud nicht akzeptieren: "Warum macht er es denn? Er hat es gar nicht notwendig, da abzuwinken. Es ist ein klares Foulspiel. Er hätte es einfach akzeptieren können. Mir ging es darum, dass dieser Respekt im Paket gefehlt hat. Dieses ständige Abwinken möchte ich nicht."
Quelle: ntv.de, ter