Nächstes Level statt Lamentieren WM-Pechvogel Bender wieder Gold wert
04.10.2014, 10:31 Uhr
Kämpfernatur: Lars Bender.
(Foto: imago/Karina Hessland)
Die Fußball-WM verpasst Lars Bender ähnlich traumatisch wie Marco Reus. Er verletzt sich, als er mit dem Kopf schon "halb im Turnier" ist. Bei Bayer Leverkusen muss er unter Neu-Coach Roger Schmidt einen Kaltstart hinlegen - und beißt sich durch.
Ein ähnlich bitteres Schicksal wie Marco Reus kurz vor der WM in Brasilien erlitten, die ersten drei Monate unter dem neuen Leverkusener Coach Roger Schmidt verpasst und jetzt schon wieder Kapitän und Antreiber im Bayer-Mittelfeld: Lars Bender ist in den vergangenen Wochen durch ein Wechselbad der Gefühle gegangen. Schon häufiger hat der 25-Jährige in seiner Karriere mit Verletzungen und Ausfällen zu kämpfen gehabt. Und doch lässt Bender im Interview mit sport.de durchblicken, dass es diesmal nicht zuletzt wegen der verpassten Weltmeisterschaft eine besonders harte Zeit gewesen ist.
Durch den Ausfall des etatmäßigen Kapitäns Simon Rolfes musste Bender nach seiner Rückkehr sofort wieder funktionieren. Ein Testspiel in der vergangenen Länderspielpause gegen St. Pauli. Das sollte reichen. In den darauffolgenden englischen Wochen fand er sich nur noch auf dem Feld wieder. "Man hat nach so einer langen Verletzung erst einmal mit sich selbst zu kämpfen", sagt der defensive Mittelfeldspieler. "Da ist es nicht so leicht, sich um Dinge drumherum und die Mitspieler zu kümmern." Angesichts der Leverkusener Personallage blieb ihm aber keine Wahl. Kein Grund für Bender, zu lamentieren. "Ich habe es ganz gut hinbekommen und gezeigt, dass ich Verantwortung übernehmen möchte", zieht er trotz aller Probleme ein positives Fazit der letzten Wochen.
Bestes Rezept bei der Rückkehr in den Spielbetrieb seien "natürlich Siege mit dem Team, die es auch mir leichter machen". Diese blieben bei Benders Rückkehr Mitte September aber vorerst aus. Einem starken Saisonstart der Werkself folgten ernüchternde Ergebnisse in Monaco und Wolfsburg - ausgerechnet als die Nummer 8 der Bayer-Elf wieder auf dem Platz stand.
"Da muss alles zusammenfinden"
Für den Abräumer aber kein Grund, unruhig zu werden. "Wir haben einen neuen Trainer, neue Spieler. Da muss alles zusammenfinden. Wir haben das gut weggesteckt und in den vergangenen Spielen gezeigt, zu was wir in der Lage sind und dass wir durchaus gefestigter sind als zu Beginn." Die überragende Leistung beim 3:1 gegen Lissabon vor ein paar Tagen sei "das richtige Zeichen" an die Konkurrenz gewesen. Denn besonders in der Champions League gelte es, in einer ausgeglichenen Gruppe die Heimspiele zu gewinnen. "Das Team hat gegen Lissabon viel investiert und sich belohnt", so Bender, der 12 Minuten früher zur Welt kam als sein bei Borussia Dortmund spielender Zwilling Sven.
Wie für seinen Bruder steht auch für Lars immer das Wohl des Teams im Vordergrund. Deshalb will er nur ungern über sich reden. "Anspruchsvoller", gibt er doch noch zu, sei es gewesen, den neuen Stil des Trainers umzusetzen, "wenn man die Vorbereitung nicht mitziehen konnte." Mehr bekommt man aus Bender zu seiner Leidenszeit nicht heraus, schließlich könne es "für mich und das Team mit dem neuen Trainer nicht besser laufen". Von Schmidts Offensiv-Stil mit einem hohen Pressing und laufintensivem Spiel erhofft er sich, "dass es mich auf das nächste Level heben könnte".
Auf dem nächstem Level wird sich Bender nach der verpassten WM auch präsentieren müssen, um in der Nationalelf wieder Fuß zu fassen. Vor der Endrunde im Sommer spielte er in den Planungen des Bundestrainers eine wichtige Rolle. Joachim Löw hatte den defensiven Mittelfeldspieler als Alternative für die angeschlagenen Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira fest eingeplant. Eine Muskelsehnenverletzung im ersten Vorbereitungs-Camp der späteren Weltmeister in Südtirol machte Bender einen Strich durch die Rechnung.
Vom Kopf her schon "halb im Turnier"
Er sei vom Kopf her schon "so halb im Turnier" gewesen: "Ein paar Stunden später findest du dich noch voller Tatendrang auf der Couch wieder", beschreibt er die wohl bittersten Stunden seiner Karriere. Mit ein bisschen Abstand könne er sich jetzt aber für jeden freuen, der dabei war. "Und ich werde alles dafür tun, irgendwann auch so einen Titel in den Händen halten zu können", betont der Rosenheimer mit einem Funkeln in den Augen.
Für die nächsten EM-Qualifikationsspiele in Polen und gegen Irland verzichtet Löw noch auf Bender. Wohl auch, um den jungen Mann nach den anstrengenden Wochen im Verein nicht zu überanstrengen. Mittelfristig will Bender auf dem Weg zur EM-Endrunde in Frankreich aber wieder voll angreifen. "Ich werde alles dafür tun, um meine Spiele zu bekommen. Das nächste Ziel mit der Nationalelf ist für mich ganz klar die Europameisterschaft."
Dass der Konkurrenzkampf vor allem auf seiner Position im defensiven Mittelfeld beim DFB enorm hoch ist, bereite ihm keine Sorgen, betont Bender gelassen. Wenn einer einen Durchhänger habe, würden immer zwei andere da sein, die in die Bresche springen. "Aber wenn ich meine Leistung bringe, werde ich auch spielen", sagt er selbstbewusst.
Konzentrieren möchte sich Bender in den nächsten Wochen und Monaten nur auf die Gegenwart. So will er sich auch nicht zu den Spekulationen um eine Rückkehr von Christoph Kramer zu Bayer äußern, sagt nur so viel: "In einem Jahr kann so viel passieren. Das sind Entscheidungen, die ein Spieler mitträgt." Worte, die Kramer gerne hören wird. Hatte der von Bayer nach Mönchengladbach ausgeliehene Profi doch immer wieder betont, ein Wörtchen mitsprechen zu wollen, wenn es um seine Zukunft geht.
Bender sieht seine Zukunft indes in Leverkusen. Obwohl er schon fünf Jahre im Club ist und vor ein paar Jahren das Interesse der Bayern geweckt hatte, fühle er sich pudelwohl. "Ich bin froh darüber, wie ich mich hier entwickelt habe", sagt er. Das werden die Verantwortlichen mit Wohlwollen zur Kenntnis nehmen. Denn die vergangenen Wochen haben gezeigt: In Leverkusen ist selbst ein lange verletzter Lars Bender sofort wieder Gold wert.
Quelle: ntv.de, sport.de