Fußball

Von der Zahnspange entzaubert Wer ist eigentlich dieser João Félix?

Das Jahrhunderttalent mit der Zahnspange: João Félix macht die großen Klubs in Europa wuschig.

Das Jahrhunderttalent mit der Zahnspange: João Félix macht die großen Klubs in Europa wuschig.

(Foto: imago images / ZUMA Press)

Noch braucht Eintracht Frankfurt den Traum vom Einzug ins Halbfinale der Europa League nicht zu beerdigen. Allerdings schleppt der Bundesligist eine dicke Hypothek ins Rückspiel gegen Benfica Lissabon und muss sich vor allem fragen: Wie zum Teufel verteidigt man João Félix?

João Félix hat es früher getan als Paco Alcácer. Er hat es früher getan als Romelu Lukaku. Und auch Harry Kane muss sich dem Stürmer von Benfica Lissabon geschlagen geben. Mit 19 Jahren und 152 Tagen ist João Félix seit Donnerstagabend der jüngste Spieler, der in der Europa League drei Tore geschossen hat. Er hat sie geschossen beim spektakulären 4:2 (2:1)-Erfolg im Viertelfinal-Hinspiel gegen Eintracht Frankfurt. Er hat sie geschossen aus elf Metern, als Elfmeter zum 1:0, von weit hinter der Strafraumgrenze zum 2:1, und erneut aus elf Metern, diesmal nicht als Elfmeter zum 4:1. Per Kopf hatte er im mit 54.175 Zuschauern ausverkauften Estádio da Luz auch das 3:1 durch Ruben Días vorbereitet. Für den Fußball-Bundesligisten war es die erste Niederlage nach zuvor 15 Partien, in denen sie in diesem Jahr unbesiegt geblieben waren.

Dass die Eintracht im Rückspiel am kommenden Donnerstag (ab 21 Uhr im Liveticker bei ntv.de) nun bloß eine sehr schwierige, aber eine keinesfalls unmögliche Aufgabe zu lösen hat, das haben Luka Jović (zum 1:1) und der eingewechselte Goncalo Paciencia (zum 2:4) mit ihren beiden Auswärtstoren für die 70 Minuten in Unterzahl spielenden Frankfurter verhindert. "Das Ergebnis tut natürlich ein bisschen weh, aber es hält alle Chancen für das Rückspiel offen, um Lissabon einen heißen Tanz zu bieten", analysierte Trainer Adi Hütter. "Die Rote Karte hat Benfica in die Karten gespielt, vorher habe ich von ihnen nicht viel gesehen. Ich bin sehr stolz, wie die Mannschaft gespielt hat." Die Rote Karte hatte Abwehrspieler Evan N'Dicka gesehen. Nach 20 Minuten, als er Gedson Fernandes im Strafraum schubste. Er schubste ihn, weil er frei vor Torwart Kevin Trapp stand, überragend freigespielt durch einen blind gespielten Pass von João Félix.

Den Elfmeter, den verwandelte João Félix mit beeindruckender Souveränität. Flach, präzise, hart schlug der Ball in der linke Ecke (aus Schützensicht) ein. Dass Trapp die Ecke ahnte, half nichts. Zu gut war dieser Strafstoß geschossen. Zu gut waren an diesem Abend auch die Abschlüsse zum 2:1 und 3:1 - wobei ein Trapp in bester Form zumindest den zweiten Treffer aus über 20 Metern und freier Sicht wohl hätte halten können. Nun, ein klarer Torwartfehler war's indes auch nicht. Dieser João Félix hat halt eben einen Schuss, und nicht nur den, der halb Europa wuschig macht. Sein Klub-Präsident findet: "Er ist eine der heißesten Aktien, die der portugiesische Fußball seit Cristiano Ronaldo hervorgebracht hat." Und tatsächlich vergleichen sie den 19-Jährigen bereits mit einem der besten Fußballer aller Zeiten.

Wie Cristiano Ronaldo nur ganz anders

Auch Frankfurts Trainer schwärmte von João Félix bereits vor dem Spiel als "ein Jahrhunderttalent", um nach dem Spiel dann zu wiederholen, dass die Portugiesen wirklich stolz sein können "wieder solch ein Jahrhunderttalent zu haben". Dabei kommt João Félix wie der Gegenentwurf zu Ronaldo, der bei Benficas Stadtrivalen Sporting ausgebildet wurde, daher. Schmächtig, mit seiner Zahnspange fast schüchtern wirkend ist sein Spiel elegant, kreativ, souverän, stets gefährlich. Er sagt, dass er es liebe den Ball am Fuß zu haben. Das freilich hat er mit dem fünffachen Weltfußballer gemeinsam, der sich und sein Spiel allerdings viel weniger über die Kreativität definiert, als über Tempo, Wucht, Präsenz und Überzeugung. Auch wenn Ronaldo seine früher intensive Spielweise mittlerweile dosiert hat und sich mehr im Sturmzentrum als auf den Flügeln aufhält.

Benfica Lissabon - Eintracht Frankfurt 4:2 (2:1)

Tore: 1:0 Joao Felix (21., Foulelfmeter), 1:1 Jovic (40.), 2:1 Joao Felix (43.), 3:1 Ruben Dias (50.), 4:1 Joao Felix (54.), 4:2 Paciencia (72.)
Rote Karte: N'Dicka nach einer Notbremse (20.)
Benfica:
Odisseas Vlachodimos - Corchia (66. Pizzi), Ruben Dias, Jardel, Grimaldo - Fejsa, Samaris (85. Zivkovic) - Rafa Silva (60. Seferovic), Cervi - Gedson Fernandes, Joao Felix; Trainer: Lage.
Frankfurt: Trapp - Abraham, Hinteregger, N'Dicka - da Costa, Hasebe, Kostic - Fernandes, Rode (85. Gacinovic) - Rebic (67. Paciencia), Jovic (60. de Guzman); Trainer: Hütter
Schiedsrichter: Taylor (England)
Zuschauer: 54.175

Die Entwicklung von João Félix ist indes ziemlich bemerkenswert. Nahezu jeder europäische Top-Klub soll ihn auf dem Zettel haben. Auch der FC Bayern, der im Zuge des größten Investitionsprogramms der Klubgeschichte zur neuen Saison noch Verstärkungen für die Offensive sucht. Dabei spielt João Félix, der seinen Heimatklub FC Porto laut "Kicker" als 15-Jähriger aus Gründen der Perspektivlosigkeit verließ, gerade seine erste Saison als Profi. Das allerdings seit Anfang des Jahres mit einem bemerkenswerten Selbstverständnis. Unter dem neuen Coach Bruno Lage, der im Januar für den entlassenen Rui Vitoria übernahm, hat João Félix in 13 Ligaspielen acht Tore erzielt, vier vorbereitet. Insgesamt hat er bisher 36 Spiele für Lissabon - über alle Wettbewerbe verteilt - absolviert. In der Liga ist er an jedem fünften Treffer seiner Mannschaft beteiligt. Benficas Sturmlegende Nuno Gomes, 179 Tore in 380 Spielen, schwärmt: "Technisch ist er weit über dem Durchschnitt, seine Ballbehandlung erinnert mich an Zinedine Zidane. Zudem ist er handlungsschneller als viele andere. Das hilft ihm auch in Duellen mit physisch stärkeren Gegnern."

Für die festgeschriebene Ablöse von 120 Millionen Euro kann João Félix den Klub verlassen. Der Klub würde die Summe in dem bis 2023 gültigen Vertrag gerne um weitere 80 Millionen anheben. Wie es für ihn weitergeht? Nun, dazu sagt João Félix nichts. Fest steht nur: Am Sonntagabend um 21 Uhr steht das Liga-Heimspiel gegen Vitória Setúbal an, ehe es am Donnerstag zum Rückspiel nach Frankfurt geht. Und dort fragen sie sich mutmaßlich fortwährend: Wie lässt sich dieser Bursche eigentlich verteidigen?

Quelle: ntv.de

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