Fußball

Mit Stars von morgen bei der WM "Zur Not Krawatte binden"

Dass er sich jetzt eine Krawatte binden kann, hat er Rolf Hocke zu verdanken: Manuel Neuer.

Dass er sich jetzt eine Krawatte binden kann, hat er Rolf Hocke zu verdanken: Manuel Neuer.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Rolf Hocke, 67 Jahre alt, ist Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes. Und er begleitet die deutsche U-20-Nationalmannschaft als Delegationsleiter zur Weltmeisterschaft nach Ägypten, die heute mit dem Spiel der Gastgeber gegen Trinidad & Tobago eröffnet wird.

Im Interview mit n-tv.de erzählt er, dass so eine Reise bisweilen etwas von einer Klassenfahrt hat, warum er mitunter auch als Pädagoge wirken muss – und welchen Anteil er daran hat, dass sich Schalkes Torhüter Manuel Neuer jetzt eine Krawatte binden kann.

n-tv.de: Herr Hocke, was Trainer Horst Hrubesch während der U-20-WM zu tun hat, kann sich jeder vorstellen. Was aber sind Ihre Aufgaben?

Rolf Hocke: Mit gewissem Stolz kann ich sagen, dass ich der höchste Repräsentant des Deutschen Fußball-Bundes vor Ort bin. Ich bin für alles verantwortlich, was nicht mit dem Ergebnis zu tun hat.

Das hat den Vorteil, dass Sie nicht gleich entlassen werden, wenn es schlecht läuft.

"Wir sind da auf einem guten Weg, auch wenn manche damit überfordert sind, weil sie den Ernst des Lebens noch nicht erkannt haben": Rolf Hocke.

"Wir sind da auf einem guten Weg, auch wenn manche damit überfordert sind, weil sie den Ernst des Lebens noch nicht erkannt haben": Rolf Hocke.

Das stimmt. Der Präsident wird dann wohl nicht auf die Idee kommen, dass der Delegationsleiter am schlechten Abschneiden schuld ist. Aber Scherz beiseite: Mein Anspruch ist es, dass unsere etwa 40 Mann starke Delegation den deutschen Fußball würdig vertritt – auf dem Platz und außerhalb davon.

Das ist bei einer Mannschaft, die aus 19-Jährigen besteht, nicht ganz so einfach. Inwieweit sind Sie auch Pädagoge?

Als Pädagoge sind in erster Linie die Trainer gefragt, aber natürlich auch wir. Und ich habe aus der Erfahrung gelernt, dass die Jugendteams in der heutigen Gesellschaft nicht mehr so zu führen sind wie früher. Das Verständnis für den Sport – speziell den Mannschaftssport – ist bei den Jugendlichen ein anderes geworden.

Worauf führen Sie das zurück?

Die Vereine statten die Spitzenspieler heutzutage schon früh mit hochdotierten Verträgen aus. Die Jungs leisten eine Unterschrift und können ab sofort in jeder Richtung aus dem Vollen schöpfen. Hinzu kommt bei einigen Jugendlichen ein Elternhaus, das nicht komplett funktioniert. Und schließlich gibt es eine Medienlandschaft, die diese Spieler gleich nach der ersten guten Partie hochjubelt. Das alles kann die Heranwachsenden natürlich in die falsche Richtung verändern.

Und all das verdirbt den Charakter?

Das will ich nicht sagen. Wir haben sehr viele sehr intelligente Spieler, die damit umgehen können. Aber es gibt eben auch welche, die noch nicht reif genug sind für solche Veränderungen. Gerade bei ihnen ist es unsere Pflicht, sie zu betreuen und sie pädagogisch zu leiten.

Wie sieht das aus?

Bei Spielern mit Migrationshintergrund, die wir vermehrt in den Auswahlmannschaften haben, gibt es gelegentlich noch Sprachprobleme. Ihnen bieten wir Sprachkurse an. Aber wir versuchen auch, durch Verhaltens- und Rhetorik-Kurse die Spieler fit zu machen für das Leben ohne Fußball.

Und da ziehen dann alle mit?

Wir sind da auf einem guten Weg, auch wenn manche damit überfordert sind, weil sie den Ernst des Lebens noch nicht erkannt haben. Aber seit Matthias Sammer Sportdirektor ist, hat ein Umdenken in der Betreuung der Mannschaften eingesetzt. Und das führt zu Erfolgen auch außerhalb des Fußballplatzes.

Wie sieht so ein Erfolg aus?

So ein Erfolg kann darin bestehen, dass wir den Jungs erklären, wie man sich je nach Anlass kleidet. In Einzelfällen vermitteln wir auch Tischmanieren. So sind wir für die Spieler Berater in allen Lebenslagen. Bei einem Spiel in Israel zum Beispiel haben wir sie über das deutsch-israelische Verhältnis aufgeklärt und ihnen die besondere Situation des Gazastreifens erläutert. Wir haben ihnen vermittelt, wie sie auftreten sollten – zum Teil auch in Einzelgesprächen. Das hat funktioniert.

Also ist der Ausflug mit der U 20 doch eine Art Klassenfahrt?

Für manche ist das so. Und auch in Ägypten werden wir den Spielern nicht nur erklären, wie gut der Gegner auf dem Platz ist, sondern welche Besonderheiten das Land aufweist, in dem wir zu Gast sind.

Eine Bildungsreise für die Spieler?

Teilweise ja, denn bekanntlich bildet ja Reisen.

Und Sie sind nicht nur Delegationsleiter, sondern auch eine Art Lehrer?

Auch, ja. Und zur Not zeige ich den Jungs auch, wie man sich eine Krawatte bindet.

Verraten Sie uns: Wer kann seine Krawatte nicht binden?

Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich Manuel Neuer und Jerome Boateng das Krawattebinden beigebracht habe. Die sind aber diesmal in Ägypten gar nicht dabei.

Mit Rolf Hocke sprach Stefan Giannakoulis

Die U-20-Weltmeisterschaft in Ägypten

Das deutsche Team bestreitet seine erste Partie am Samstag, 26. September, in Suez gegen die USA. Weitere Gegner in der Gruppe C sind Kamerun und Südkorea. Insgesamt nehmen 24 Mannschaften an der Weltmeisterschaft teil. Das Finale findet am 16. Oktober in Kairo statt.

Quelle: ntv.de

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