Redelings über Eike Immel Am Ende blieb nur das Dschungelcamp
17.01.2017, 14:48 Uhr
Auch modisch top: Eike Immel im März 1984.
Eike Immel hat alles. Die Fußball-Bundesliga liegt ihm zu Füßen, die Fans feiern ihn, das Geld stimmt und das Leben pulsiert. Viel schöner kann es nicht sein. Doch dann macht der Nationaltorhüter einen entscheidenden Fehler.
Eike Immel dachte, es würde immer alles so weitergehen. Bis eine kaputte Hüfte und einige private Probleme den Lebemann aus seinem Fußball-Paradies katapultierten. Am Ende blieb ihm eine wichtige Lehre: "Eines habe ich daraus gelernt: Wenn einer sagt, Geld spielt überhaupt keine Rolle, dann sprinte ich so schnell weg, dass ich mir einen Muskelfaserriss hole!" Als finanziell schließlich gar nichts mehr ging, ging der ehemalige Torhüter der Dortmunder Borussia in den Dschungel. Doch geändert hat das an seiner Situation erst einmal nur wenig.
Das Leben meinte es einst gut mit dem Mann aus dem hessischen Stadtallendorf. Im Westfalenstadion stand 1978 am ersten Spieltag bei der Partie Borussia Dortmund gegen den FC Bayern München (1:0) ein Siebzehnjähriger im Tor der Schwarz-Gelben und hielt wahrhaft glänzend. Die "Bild"-Zeitung titelte am nächsten Morgen gewohnt reimfest: "Immel flog in den Himmel". Und der junge Eike war nicht nur ehrgeizig, sondern zeigte schnell, dass er wusste, worauf es ankam: "Bälle halten, das kann jeder, doch die Nerven behalten."
Ben Redelings ist "Chronist des Fußballwahnsinns" (Manni Breuckmann) und leidenschaftlicher Anhänger des VfL Bochum. Der Autor, Filmemacher und Komödiant lebt in Bochum und pflegt sein Schatzkästchen mit Anekdoten. Seine kulturellen Abende "Scudetto" sind legendär. Für n-tv.de schreibt er stets dienstags die spannendsten und lustigsten Geschichten auf. Sein Motto ist sein größter Bucherfolg: "Ein Tor würde dem Spiel gut tun".
Schon zuvor hatte die Boulevardpresse das Talent des jungen Torwarts gefeiert: "Kickers Offenbach bot Mähdrescher für den fliegenden Bauernsohn Immel!" Viel Lob für einen jungen Menschen, der auch in der Bundesliga jahrelang einen Teddybären hinter sich ins Tornetz legte. Als Glücksbringer und seelische Unterstützung. Immel kompensierte den Druck des aufregenden Fußballerlebens mit seiner Vorliebe für schnelle Flitzer. Er wurde zu einem Freak. Der junge Profi des BVB liebte Autos. Er liebte sie so sehr, dass er sich als Siebzehnjähriger einen gebrauchten Mercedes zulegte. Aber da er ja eh noch keinen Führerschein hatte, dachte sich Immel nichts weiter dabei, als er sein erstes Auto noch vor der ersten eigenen Nutzung bei seiner zweiten großen Leidenschaft, dem Kartenspiel, verzockte. "Eike Immel pokerte schon wie ein Süchtiger. Oft sah man, wie er aus seiner Brusttasche eine Handvoll Geldscheine herauszog. Oder sah ihn, wie er sich enttäuscht und völlig gerupft auf sein Bett warf. Nicht selten wurde um 20.000 bis 30.000 Mark gespielt", berichtete Toni Schumacher einmal.
Die Kollegen staunten nicht schlecht
Als dann endlich richtiges Geld in Immels Portemonnaie wucherte und der Führerschein auf dem Tisch lag, stürmte er in ein Männerparadies in Unna, bezahlte den frisch erworbenen Mercedes bar und fuhr ihn in seinem jugendlichen Übereifer erst einmal souverän zu Schrott. "Macht nichts", muss Immel sich eingeredet haben, "diese Dinger aus Stuttgart sind sowieso weit unter meiner Kragenweite", und orderte deshalb umgehend für knapp 60.000 Mark, was auch in den Achtzigern kein Schickermoos war, ein wunderschönes Gefährt, das auf den Namen Porsche hörte.

Eike Immel und Autos: In Stuttgart war's dann 1988 ein Lotus Esprit Turbo.
(Foto: imago/Sportfoto Rudel)
Und nun wurde das Kapitel "Eike Immel und Autos" langsam ein wenig tragisch. Denn dieses Fahrzeug wurde ihm schon einige Tage nach dem Erwerb nachts direkt vor dem Westfalenstadion entwendet. Wahrlich nicht nett. Aber eine Marke, deren Produkte so wertvoll sind, dass Leute dafür eine Straftat begehen, konnte so verkehrt nicht sein, mag Immel sich gedacht haben, als er den Einsatz auf über 100.000 Mark erhöhte und am nächsten Morgen stolz mit einem nigelnagelneuen Porsche Turbo beim Training seines BVB aufkreuzte.
Die Mannschaftskollegen staunten nicht schlecht ob dieses beeindruckenden Flitzers, wunderten sich allerdings auch nicht weiter, als wenige Tage später eine dramatische Nachricht die Runde machte. Eike Immel hatte seinen Wagen mit hundertdreißig Sachen auf frostglatter Straße in die Leitplanken gesetzt. Danach überschlug sich das Auto mehrfach und landete schließlich auf einem Acker. Der Torhüter von Borussia Dortmund lag regungslos und durchgefroren unter der Kühlerhaube, als man ihn - wie durch ein Wunder - bereits eine halbe Stunde später fast gänzlich unverletzt entdeckte. Dem Gerücht, er sei mit über 200 km/h an diesem kalten Wintertag über die Autobahn gebrettert, widersprach Immel vehement: "Dann wäre ich doch mausetot gewesen."
Alkohol, Weiber und schnelle Autos
Das Leben des Eike Immel erscheint einem im Rückblick ein wenig wie das eines deutschen George Best ("Ich habe viel von meinem Geld für Alkohol, Weiber und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verprasst …"). Und so war Immel auch den Frauen gegenüber nicht abgeneigt. Er selber erzählte einmal die Geschichte, wie er bei der WM in Spanien mit Toni Schumacher auf dem Hotel-Balkon gestanden und zwei wunderhübschen Spanierinnen auf einem gegenüberliegenden Balkon zugewinkt habe.
Als sich Immel und Schumacher umguckten, stand die komplette Mannschaft ebenfalls auf den Balkonen und winkte. Am nächsten Morgen riss Immel schlaftrunken die Vorhänge auf, schaute hinüber zum Balkon der Mädels und erblickte zwei Mannschaftskollegen nur in Shorts bekleidet. Enttäuscht stellten Schumacher und er fest: "Die waren schneller als wir und schon eingewechselt, als wir noch nachdachten!"
Als all das schöne Geld verprasst war, blieb Immel am Ende nur der Dschungel. Doch obwohl der Ex-Nationalkeeper Ratten hasst, ließ er sich auf das Abenteuer ein. Schon als Torhüter hatte er sich als großer Realist ausgezeichnet: "Im Großen und Ganzen war es ein Spiel, das, wenn es anders läuft, auch anders hätte ausgehen können." Und so überlegte er trotz seiner Furcht vor den kleinen Nagern nicht lange, als RTL bei ihm anfragte, denn er sagte sich: "16 Tage Australien, nur zweimal sechs Minuten mit Ratten." Langfristig gebracht hat es leider nix. Aber wenigstens die neue Hüfte hat er seit wenigen Wochen. Neun lange Jahre nach der Teilnahme beim Dschungelcamp. Man wünscht Eike Immel von nun an wieder den einen oder anderen Höhenflug.
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Quelle: ntv.de