
Kenan Karaman wünscht sich mehr Feingefühl von seinem Trainer.
(Foto: IMAGO/RHR-Foto)
Eigentlich versuchen sie auf Schalke gerade alles, um den Eindruck eines Fehlstarts zu vermeiden und Ruhe zu verbreiten. Und tatsächlich gelingt es den Offiziellen nach der enttäuschenden Niederlage gegen den 1. FC Köln weitgehend zu beschwichtigen – wäre da nicht ein Satz des Kapitäns.
Auf Schalke sind sie aktuell eigentlich alle darum bemüht, die etwas enttäuschenden vier Punkte nach vier Spielen nicht als klassischen Fehlstart zu verkaufen. Die neue Mannschaft brauche eben noch Zeit, man hätte das von Anfang an gewusst und überhaupt sei die bisherige Punkteausbeute nicht so schlecht, wie man vielleicht oberflächlich betrachtet meinen könnte. Das Anti-Panik-Programm läuft auf jeden Fall auf Hochtouren rund um die Arena am Rudi-Assauer-Platz 1 in Gelsenkirchen.
Doch die bittere und am Ende auch verdiente 1:3-Niederlage zu Hause gegen den 1. FC Köln hat tiefere Spuren hinterlassen, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Denn auf Schalke geht - wie so häufig in den letzten Jahren - auch jetzt schon wieder die Angst um. Die Angst, schnell unten reinzurutschen, um dann im Tabellenkeller schauen zu müssen, wie man langsam und mühsam wieder nach oben krabbelt.
Teroddes aufwühlende Worte klingen nach
Auch wenn sich die Mannschaft aktuell (noch) von einer wesentlich besseren Seite zeigt als in der vergangenen Saison, klingen bei den Fans (und Offiziellen) noch die Worte ihres ehemaligen Stürmers Simon Terodde nach, der in der Sommerpause im "Phrasenmäher"-Podcast denkwürdig an die letzte Spielzeit erinnerte: "Es war Existenz-Kampf! Ich weiß, was intern abgelaufen ist und wie wir gerade auswärts auf den Sack bekommen haben. Du hast die Spiele nicht 0:2 oder 1:2 verloren. Du hast 5:2 verloren, 0:3, du wurdest teilweise gedemütigt. Da hast du dich teilweise geschämt. So auseinanderzufallen, gerade auswärts. Da habe ich wirklich gedacht, das kann ganz, ganz bitter werden."
Und mit "bitter" hat Simon Terodde natürlich den Abstieg in die 3. Liga gemeint, den er offensichtlich als aktiver Spieler einer in weiten Teilen - man kann es nicht anders sagen - königsblauen Katastrophensaison nicht gänzlich ausschließen wollte und konnte. Da ist es verständlich, dass die Schalker momentan alles dafür tun, dass sie nicht wieder in diesen gefährlichen Abwärtsstrudel hineingeraten. Und tatsächlich haben sie mit der neu formierten Mannschaft des in den sozialen Medien in den letzten Wochen häufig gefeierten neuen Kaderplaners Ben Manga eine Truppe zusammen, die Anlass für Hoffnung gibt. Doch bei der deutlichen Heim-Niederlage gegen den 1. FC Köln (1:3) sah man auch die immer noch vorhandenen Probleme allzu deutlich, die das Team des S04 in der Abwehr offenbarte. Eine Sache, die in der Analyse nach der Partie noch zu einem bemerkenswerten Satz des Kapitäns führen sollte.
"Der Trainer muss ein Feingefühl entwickeln"
Da Trainer Karel Geraerts in der Startformation auf seine beiden Abwehrakteure Felipe Sanchez und Martin Wasinski ("Sie brauchen noch Zeit", Geraerts) verzichtete, musste der etatmäßige Mittelfeldspieler Ron Schallenberg in der Innenverteidigung aushelfen. Das tat er, wie er selbstkritisch anmerkte, im Zusammenspiel mit seinen Teamgenossen (gerade auch beim ersten Tor der Kölner) nicht immer ganz fehlerfrei - doch etwas anderes störte die Schalker Mannschaft bei der Personalie Schallenberg noch viel mehr. Durch seinen Einsatz in der Verteidigung fehlte der 25-jährige gebürtige Paderborner im Mittelfeld. Und genau das monierte auch der Kapitän nach der Partie - und sagte dabei einen Satz, der Aufhorchen lässt.
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Zu Personalie Schallenberg sagte Kenan Karaman der "WAZ": "Der Trainer entscheidet. Ich habe kein Mitspracherecht. Wenn der Trainer es so sieht, dass die Mannschaft mit Ron in der Innenverteidigung am besten aufgestellt ist, dann versucht er, dann versuchen wir, das bestmöglich umzusetzen." Und dann kam abschließend der Satz mit Explosionsgefahr, der sicherlich noch für Diskussionen rund um den Schalker Markt führen wird: "Der Trainer muss ein Feingefühl für die Situation entwickeln."
Nicht wie bei Baumgartl, aber ...
Seit in der letzten Saison Timo Baumgartl Ende September nach einer Pleite beim FC St. Pauli in einem bemerkenswerten Interview öffentlich den damaligen Trainer Thomas Reis anzählte, reagieren sie auf Schalke tatsächlich sehr "feinfühlig" auf Aussagen zum Trainer. Denn auch wenn man die Worte des Kapitäns nicht auf die Goldwaage legen sollte, offenbaren sie im Kern mehr, als es den königsblauen Offiziellen recht sein kann. Schließlich ist, wie ja eigentlich immer in diesem Geschäft, die Position des Trainers auch auf Schalke nicht unanfechtbar. Es könnte also durchaus sein, dass dieser auf den ersten Blick eigentlich recht unscheinbare Satz, dem S04 in den nächsten Wochen noch auf die Füße fallen könnte.
Doch nun hoffen alle Schalker erst einmal auf erfolgreiche und beruhigende Spiele in Karlsruhe und zu Hause gegen Darmstadt nach der Länderspielpause. Denn noch ist ja eigentlich sportlich nichts Besonderes passiert. Wäre da nicht dieser eine bemerkenswerte Satz von Kenan Karaman gewesen - man hätte das Motto "Ruhe bewahren" wohl tatsächlich glaubhaft in die nächsten Partien mitnehmen können. Doch jetzt wird es wohl erst einmal etwas spannender, als man auf Schalke gehofft hat.
Quelle: ntv.de