Redelings Nachspielzeit

Traum mit Gladbach ist vorbei Der radikale Neustart des Max Eberl

Eberl kehrt dem Profifußball bis auf Weiteres den Rücken.

Eberl kehrt dem Profifußball bis auf Weiteres den Rücken.

(Foto: imago images/Sven Simon)

Unter Tränen hat sich Gladbachs Sportdirektor Max Eberl von seinem Klub verabschiedet. Für ihn war es die einzig mögliche und richtige Entscheidung. Aber es ist auch der endgültige Abschied von seinem alten Leben - und ein radikaler Neustart mit Ansage!

Wahrscheinlich begann der Anfang vom Ende der Zeit des Max Eberl in Mönchengladbach genau vor einem Jahr. Sechzehn Spielzeiten am Stück hatte er bei der Borussia den Job bereits gemacht, als er sich Anfang des letzten Jahres "eine Auszeit" nahm. Mitten in der Saison. Das sorgte in der Branche nicht nur für Verwunderung, sondern das Sabbatical warf auch Fragen auf. Fragen, die Max Eberl allerdings vorausschauend geschickt und direkt mit seiner Vertragsverlängerung bis zum Jahr 2026 abgefedert hatte.

Das war als Signal nach außen zu verstehen, dass alles in Ordnung sei: "Es muss sich niemand Gedanken um mich machen." Doch wie es in ihm selbst zu diesem Zeitpunkt bereits ausgesehen haben mag, wird Eberl vermutlich noch nicht einmal in der Rückschau auf diese Tage des "Abschaltens" selbst beantworten können. Damals hatte er - jedenfalls sagte er es so - nur das Gefühl, einmal raus zu müssen, um dann mit "voller Energie die nächsten Jahre anzugreifen". Und als er dies äußerte, fügte er im selben Atemzug noch einen seiner Lieblingssätze hinzu: "Denn wir wollen mit den Großen der Liga mitpinkeln!"

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Als er damals zurück von seiner Auszeit in den Bergen direkt hinein ins Tagesgeschäft kam, meinte Eberl, dass es ein harter "Aufprall" gewesen sei. Man darf vermuten, dass ihm genau in diesen Minuten, Stunden und Tagen seiner Rückkehr erstmals in all den Jahren wirklich bewusst geworden ist, was er da in seinem Job eigentlich genau tut. Und vielleicht hat er auch erstmals seit langer Zeit so richtig gespürt, dass die Arbeit, die er dort verrichtet, nicht alles in seinem Leben ist.

"Max, willst du nicht Sportdirektor werden?"

All das muss man berücksichtigen, wenn man diesen am Ende doch radikalen Schritt des Rückzugs von seinem Amt bei Borussia Mönchengladbach richtig einordnen will. Denn seine Aufkündigung des Arbeitsverhältnisses ist alles andere als eine spontane Kurzschlusshandlung gewesen. Wenn man sich die letzten ein, zwei Jahre im Leben des Max Eberl anschaut, kann man im Gegenteil sogar zu dem - auf den ersten Blick - seltsamen Fazit gelangen: Dieser Schritt war fast zwangsläufig!

Ein Sprung zurück in den Oktober 2008. Damals übernahm Eberl den Posten des Sportdirektors bei Borussia Mönchengladbach von Christian Ziege. Und nur einige Zeit später äußerte sich die Gladbacher Ikone Berti Vogts auf diese Weise zu der Personalie Max Eberl: "Er weiß ja gar nicht, wie er in diese Position gekommen ist. Er ist wahrscheinlich zufällig mit dem Fahrrad vorbeigefahren, und Rolf Königs hat ihn gesehen und dann gesagt: 'Max, willst du nicht Sportdirektor werden?'"

Harter Tobak - aber durchaus ein realistisches Stimmungsbild, das Vogts damals in diese fiesen Worte goss, auch unter den Fans der Fohlenelf in diesen Anfangstagen von Eberl in leitender Funktion am Borussen-Park. Und wenn man ehrlich ist: Der Stotterstart als Sportdirektor endete tatsächlich erst knapp zweieinhalb Jahre später mit der Verpflichtung des Trainers Lucien Favre. Der Schweizer war der erste Volltreffer von Max Eberl - und ein ganz komplizierter Fall als Mensch.

Erfolgreich, aber bodenständig

Dennoch verhinderte Favre nicht nur in der Relegation 2011 den Abstieg der Borussia, sondern führte den Klub 2015 sogar bis in die Champions League. Und nicht wenige Eingeweihte in Mönchengladbach wissen, dass dieser Aufstieg wesentlich mit dem Namen Eberl verbunden war. Allerdings anders, als es die breite Öffentlichkeit womöglich denken würde. Denn, dass Favre überhaupt so lange bei der Borussia blieb, hatte auch etwas mit der scheinbar endlosen Ruhe und Beharrlichkeit des Sportdirektors Eberl zu tun.

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Insider erzählen, dass Favre in diesen Jahren mehrmals bereits auf gepackten Koffern saß - weil ihm dies und das nicht passte - Max Eberl ihn aber jedes Mal aufs Neue umstimmen konnte. Bis zum 20. September 2015. Damals soll der Gladbacher Sportdirektor nach sechs aufeinanderfolgenden Pflichtspielniederlagen selbst ein wenig zu lange gezögert haben, als Favre wieder einmal alles hinwerfen wollte. Die Kraft war aufgebraucht. Wer will es Max Eberl verdenken?

Mit den Jahren in Mönchengladbach, die viele nun zurecht im Rückblick als die beste Epoche der Borussia nach den Trophäen-Spielzeiten in den 70ern betrachten, hat sich auch Max Eberl das Image des erfolgreichen und dennoch stets bodenständig gebliebenen Machers erarbeitet. Die mal mehr, mal weniger öffentlichen Avancen des FC Bayern in der Vergangenheit sprechen hierbei Bände.

Die entscheidende Auszeit

Und dennoch waren die Zeiten in Mönchengladbach für Max Eberl nie einfach. Er musste stets ausdauernd kämpfen, besonders kreativ sein und manch bittere Pille - wie beispielsweise im letzten Sommer den unerwarteten Wechsel von Trainer Marco Rose zum BVB - schlucken und verarbeiten. Aber Eberl kannte dies ja alles nie anders bei der Borussia.

Und wahrscheinlich hätte der gebürtige Niederbayer auch die momentan schwierige sportliche Lage, die wieder einmal großen menschlichen Enttäuschungen rund um die Abgänge von Matthias Ginter und Denis Zakaria und die persönlichen Querelen rund um das Ausscheiden seiner Freundin als Team-Managerin bei der Borussia weggesteckt und ideenreich gelöst - wäre da nicht die Auszeit vor genau einem Jahr in den Schweizer Bergen gewesen. Sie hat wohl alles verändert.

Und so verlässt Max Eberl nun nach insgesamt dreiundzwanzig Jahren Borussia Mönchengladbach, ohne sich seinen großen Traum von einem Titel mit der Fohlenelf erfüllt zu haben. Sein plötzlicher Abgang hat viele überrascht. Ihn selbst am Ende wohl nicht mehr. Das letzte Jahr hat einfach alles anders gemacht.

Es wurde Zeit für einen Neustart. Und wie immer dieser auch aussehen mag - es spricht viel dafür, dass er Max Eberl gelingen wird. Doch jetzt will er erst einmal "nur Max Eberl sein". Dafür alles Gute und Glück auf!

Quelle: ntv.de

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