Redelings Nachspielzeit

"Tiefpunkt in der Karriere" Die heftigste Niederlage des Huub Stevens

Huub Stevens im Februar 1997.

Huub Stevens im Februar 1997.

(Foto: imago sportfotodienst)

Huub Stevens hat in seiner langen Karriere viele unvergessliche Siege errungen - wie beispielsweise als Trainer den Triumph 1997 im UEFA-Pokal mit dem FC Schalke 04. Doch an seine größte Niederlage erinnert sich der Niederländer immer noch ganz genau. Heute feiert Huub Stevens seinen 70. Geburtstag.

"Das war ganz ehrlich der Tiefpunkt in meiner Karriere." Huub Stevens war damals erst Mitte zwanzig und Spieler des PSV Eindhoven - doch dieser denkwürdige Abend im November 1979 sollte die größte Niederlage in seinem Leben werden. Der Niederländer, der heute seinen 70. Geburtstag feiert, hat damals beim PSV Eindhoven gespielt und im Rückspiel des UEFA-Cup ging es gegen die französische Mannschaft von Saint-Étienne.

Das Hinspiel hatten die Niederländer mit 2:0 gewonnen, was auch der akribischen Vorbereitung des jungen Huub Stevens, seiner Mitspieler Adrie van Kraaij und Willy van der Kuijlen und von seinem Trainer Kees Rijvers zu verdanken gewesen war. Denn gemeinsam waren sie damals zur Beobachtung ihres kommenden Gegners zu einem Ligaspiel von Saint-Étienne in Straßburg gefahren.

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In seinem Buch "Niemals aufgeben" erzählt Stevens von dieser kuriosen wie dramatischen Reise mit ihrem Coach: "Wir hatten nicht gewusst, dass Kees Rijvers' Frau Annie ihm beim Autofahren immer alles sagen musste, wie zum Beispiel: Stopp, es ist rot! Wir fuhren auf einer Ringstraße mit einigen Ampeln, und Rijvers fuhr fröhlich über jede rote Ampel. Er war so sehr beschäftigt, dass er nichts davon mitbekam. Adrie, Willy und ich haben uns dann später beim Fahren abgewechselt und sind so heil am Ziel angekommen." Und tatsächlich: Die Informationen, die sie vor Ort gesammelt hatten, halfen dem Team, um im Hinspiel 2:0 zu gewinnen. Entsprechend hoffnungsvoll fuhr der PSV Eindhoven am 07. November 1979 nach St. Etienne.

"Ich habe die Tür einfach bezahlt"

Doch dann passierte etwas, mit dem niemand vorher rechnen konnte. Bereits kurz nach Spielbeginn lagen die Niederländer innerhalb von fünf Minuten mit 0:3 im Rückstand. Stevens erinnert sich: "Später hat mir jemand erzählt, dass er noch kurz vor Anpfiff zur Toilette gegangen ist. Als er zurückkam, stand es 0:3. Ich war wirklich fassungslos. So etwas hatte ich noch nie erlebt und würde es auch nicht noch einmal erleben." Doch für den jungen Huub Stevens wurde der Abend noch aus einem anderen Grund zu einem persönlichen Drama. Denn sein Trainer Kees Rijvers entschied sich, ausgerechnet ihn bereits nach einer Viertelstunde vom Feld zu nehmen.

Ungläubig schaute Stevens seinen Coach an. Warum wechselte der Trainer ausgerechnet ihn aus, fragte er sich? Sollte er also der Sündenbock dafür sein, dass die gesamte Mannschaft komplett neben sich stand? Stevens weiß heute noch alles ganz genau von diesem denkwürdigen Tag: "Mann, war ich da sauer. Ich bin in die Umkleide gegangen und habe der Tür einen ordentlichen Tritt versetzt, so dass in ihr danach ein riesiges Loch klaffte. Ich habe die Tür später auch noch bezahlen müssen. Sie haben mir eine Rechnung über umgerechnet 240 Gulden nach Hause geschickt. Ein Betrag, für den sie sich dann eine richtig gute Tür leisten konnten. Aber egal, ich habe die Tür einfach bezahlt."

Immerhin nicht zweistellig

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Doch Stevens wäre nicht Stevens, wenn er sich nicht Minuten später nach einer kalten Dusche bereits wieder gefangen gehabt hätte und die Mannschaft nach vorne peitschte. Denn mit einem Anschlusstreffer wäre sein Team wieder im Rennen gewesen. Dank der damals noch existierenden Auswärtstorregel hätte der PSV Eindhoven sogar direkt die nächste Runde erreicht gehabt. Doch dazu sollte es an diesem verflixten Tag nicht kommen. Ganz im Gegenteil.

Die hochkarätig besetzte Mannschaft des AS Saint-Étienne um den französischen Jungstar Michel Platini, die etablierten Größen wie Dominique Rocheteau und Patrick Battiston und den niederländischen Vize-Weltmeister Johnny Rep kannten keine Gnade und zogen ihr Spiel bis zum Ende durch. 6:0 hieß es beim Abpfiff, aber Beobachter vor Ort erzählten sich noch lange davon, dass die komplett einseitig geführte Partie im Stade Geoffroy-Guichard eigentlich zweistellig für die Franzosen hätte ausgehen müssen.

"Und was kann ich dafür?"

Doch diese größte und heftigste Niederlage in der beruflichen Karriere des Huub Stevens hatte am Ende auch noch eine komische Seite - auch wenn damals, direkt nach der Partie, über die Situation noch niemand lachen konnte, wie sich der Niederländer in seiner lesenswerten Biografie erinnert: "Nach dem Spiel bekam Rijvers von seiner Frau eine ordentliche Standpauke zu hören. Auch sie war empört, weil er mich aus dem Spiel genommen hatte. Ich habe lieber nichts gesagt und ihn auch nicht angesehen. Ich war noch immer unglaublich sauer und wahnsinnig enttäuscht." Doch Stevens wurde von der ganzen Geschichte später noch eingeholt.

Denn am Tag nach der Begegnung in St. Etienne kam sein Trainer zu ihm und beschwerte sich lauthals darüber, dass er nun doch tatsächlich wegen ihm Streit mit seiner Frau habe. Doch Huub Stevens reagierte cool und besonnen. Er erwiderte überlegt: "Und was kann ich dafür? Hättest mich nicht auswechseln sollen."

Und damit war die Niederlage vorerst erledigt - doch vergessen hat Huub Stevens diesen besonderen Tag der Schmach nie. Es sollte glücklicherweise für den späteren Europapokalsieger mit dem FC Schalke 04 im Jahr 1997 gegen Inter Mailand die größte Niederlage seiner Laufbahn bleiben. Heute feiert der sympathische Niederländer seinen 70. Geburtstag. Alles Gute und Glück auf, lieber Huub Stevens!

Quelle: ntv.de

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