Kelch ging immer an DFB-Elf vorüberWir feiern hier eine Party und Italien ist nicht mit dabei?
Ben Redelings
Ganz Fußball-Italien ist frustriert. Nach der Nicht-Qualifikation für die letzten beiden WM-Turniere droht nun bereits zum dritten Mal nacheinander das vorzeitige Aus. Ein Kelch, der - bisher - an Deutschland immer vorüberging. Anders als beispielsweise bei unseren Nachbarn.
"Frankreich hat das erste WM-Spiel gegen Senegal mit 1:0 verloren." (Kleine Pause) "Muss ich sagen, dass ich grinse?" Das war im Sommer 2002 im 1Live-Verkehrsfunk. Der Vorteil für Frankreich damals: Die Nation hatte sich als Titelverteidiger für die Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea qualifiziert. Der Nachteil: Frankreich wurde bei dieser WM Gruppenletzter mit null Punkten und null Toren. Die Schadenfreude unter den Fußballfans ergoss sich nicht nur im Radio über die Grande Nation, sondern überall lächelte man über das sportliche Versagen der Franzosen. Doch über ein Land wurde damals in Deutschland noch mehr gespöttelt: die Niederlande.
"In Holland gehen immer mehr Jugendliche zum Arzt, um sich Tattoos entfernen zu lassen. Finde ich gut. War vielleicht auch ein bisschen früh, das Motiv 'Weltmeister 2002'!" Ulknudel Mike Krüger konnte sich damals sicher sein, dass sich das TV-Publikum auf dem heimischen Sofa auf die Schenkel klopfte - denn tatsächlich konnten sich unsere Nachbarn nicht für das Turnier in Asien qualifizieren. Das war allerdings bei Weitem nicht das erste Mal, dass die Niederlande das Spottlied "Ohne Holland fahr'n wir zur WM" über sich ergehen lassen mussten. Schon häufiger fehlte die Nation in ihrer Fußballgeschichte bei einer Weltmeisterschaft.
Das war auch vor sieben Jahren in Russland so, doch damals war noch etwas anderes geschehen. Denn erstmals seit 60 Jahren hatte sich auch Italien nicht für das Turnier um den WM-Pokal qualifizieren können. Eine Katastrophe! Einerseits für das stolze Fußballland und andererseits für alle Fußballfans weltweit. Denn eine Weltmeisterschaft ohne die Niederlande und Italien konnten sich viele Anhänger weltweit nur schwer vorstellen. Viel zu viele legendäre Begegnungen hatte es mit diesen beiden Nationen bei den Weltmeisterschaften zuvor gegeben. Doch was sollte man machen? Es musste auch ohne diese beiden Länder gehen. Bei der nächsten WM wären sie sicherlich beide wieder dabei, dachte man damals.
Italienische Schwierigkeiten und Icke Häßler gegen Wales
Doch es sollte anders kommen. Zwar holte Italien zwischendurch den EM-Pokal 2021, doch für die Weltmeisterschaft 2022 in Katar konnte man sich wieder nicht qualifizieren. Eine Schande. Und nun steht man nach der Niederlage am Sonntagabend zu Hause gegen Norwegen schon wieder vor dem Aus. Die italienische Presse ist wütend. Die "Gazzetta dello Sport" schrieb stellvertretend für eine zutiefst frustrierte Nation: "Wir hatten uns geschworen, dass das nie wieder passieren würde, dass zwei verpasste Weltmeisterschaften schon zu viel waren, dass wir keine weiteren Unsicherheiten mehr haben würden. Wir haben unser Wort nicht gehalten."
In Spanien registriert man das sportliche Versagen der Italiener mit einer Mischung aus Unglauben und Anteilnahme, wie die "Marca" schreibt: "Italien steckt wieder in Schwierigkeiten. In ernsthaften Schwierigkeiten." Und tatsächlich hält sich auch in allen anderen Ländern die Schadenfreude über die sportlichen Probleme der Italiener auffällig in Grenzen. Wieder einmal eine große Fußball-Party und Italien ist nicht mit dabei? Es wäre für alle Fußballfans eine Enttäuschung, wenn schon wieder die häufig so legendären Duelle gegen die "Squadra Azzurra" ausfallen müssten.
In Deutschland sind wir bisher immer verwöhnt worden. Der Kelch des Scheiterns in der WM-Qualifikation ging stets an uns vorüber. Nur im Jahr 1989, als uns Icke Häßler mit seinem Tor gegen Wales zu einem Zittersieg nach Italien schoss und im Jahr 2001, als die Elf von Teamchef Rudi Völler mit 4:1 in den Playoffs gegen die Ukraine gewann und damit die größte Blamage in der damals 101-jährigen Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes verhinderte, gestalteten sich etwas knapper. Man kann nur hoffen, dass das so bleibt. Italien, so viel ist wenigstens sicher, würde aktuell gerne mit uns tauschen wollen.
