Fußball-WM 2018

Die DFB-Elf übt für die WM Löw bangt um sein Premiumprodukt

Es geht um seine Glaubwürdigkeit: Bundestrainer Joachim Löw.

Es geht um seine Glaubwürdigkeit: Bundestrainer Joachim Löw.

(Foto: imago/Schüler)

Spätestens an Tag acht in Südtirol steht fest: Es liegt kein Segen auf dem Trainingslager der DFB-Elf, die scheinbar heile Welt im Fünf-Sterne-Luxusresort bekommt Risse. Und der Bundestrainer ringt um seine Glaubwürdigkeit. Zu spät?

Was sagt der Bundestrainer?

Also sprach Joachim Löw - ach, lassen wir das. Sprechen wir über den Bundestrainer. Auf dem Trainingslager liegt kein Segen. Eigentlich bereiten sich Deutschlands beste Fußballer in St. Leonhard noch bis zum Ende dieser Woche auf die Weltmeisterschaft in Brasilien vor. Doch nach acht Tagen bleibt die Erkenntnis, dass es nicht rund läuft. Dabei geht es selten um Sport. Die Nachrichten, die aus Südtirol in die Welt dringen, sind in ihrer Wirkung fatal. Auch wenn die Dinge, die geschehen sind, auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben, sind sie doch Teile eines Ganzen. Sie zerstören das Bild, das der DFB von sich und seiner Vorzeigemannschaft zeichnet.

Und so geht’s weiter

bis 31. Mai: WM-Trainingslager in Südtirol

1. Juni: Deutschland - Kamerun, 20.30 Uhr

2. Juni: Meldung des endgültigen 23er WM-Kaders bei der Fifa

6. Juni: Deutschland - Armenien, 20.45 Uhr

7. Juni: Abreise ins WM-Quartier "Campo Bahia" in Santo André

16. Juni, WM-Vorrunde:
Deutschland - Portugal, 18 Uhr
21. Juni, WM-Vorrunde:
Deutschland - Ghana, 21 Uhr
26. Juni, WM-Vorrunde:
Deutschland - USA, 18 Uhr

Die Nationalmannschaft präsentiert sich als Gemeinschaft leistungsstarker, junger Männer, die alles dem Erfolg unterordnet. Der vierte Titel bei einer WM soll her, und damit das auch klappt, kümmert sich ein Stab von Mitarbeitern darum, dass es den Spielern an nichts fehlt im Südtiroler Fünf-Sterne-Luxusresort. Die DFB-Elf ist ein hoch glänzendes Premiumprodukt, klinisch rein, skandalfrei. Der Sponsor gibt das Motto vor, "bereit wie nie" wollen sie sein. Und dann das: Bei einem Werbetermin des Hauptsponsors Mercedes verletzten sich am Montag zwei Menschen. Ein 63 Jahre alter Urlauber aus Deutschland musste nach dem Autounfall auf regennasser Straße mit dem Rettungshubschrauber in Krankenhaus nach Bozen geflogen werden. Die drängendste Frage ist, ob der Mann sein Schädel-Hirn-Trauma überlebt, ohne an den Folgen leiden zu müssen. Die andere Frage ist, was so ein so überflüssiger Ausflug soll. Auch wenn er tragisch war, die Folgen lassen sich nicht mit dem Primat des Sportlichen vereinbaren. Der Bundestrainer musste das für den Abend angesetzte Trainingsspiel gegen die deutsche U-20-Mannschaft absagen. Eine gezielte Vorbereitung auf die WM sieht anders aus.

Der Unfall drängte eine andere schlechte Nachricht in den Hintergrund. Zuvor hatte Joachim Löw erklären müssen, warum er 18 Punkte in der Flensburger Verkehrssünderdatei gesammelt hat und für ein halbes Jahr seinen Führerschein abgeben muss. Der Bundestrainer gab sich leidlich kleinlaut und ließ über den Verband ausrichten, dass es nichts schönzureden gebe und er natürlich mit den Konsequenzen leben müsse. Dass Manager Oliver Bierhoff aber versuchte, der Sache den Anstrich einer Lappalie zu geben, war ein Fehler. Erst versuchte er es mit einem Witzchen über Tempomaten, dann wies er die Journalisten darauf hin, Löw sei bestimmt nicht der einzige, der "schon mal seinen Führerschein abgeben musste". Wie sich der DFB nach außen darstellt, ist im besten Fall unglücklich, im Grunde aber desaströs. Zu scherzen und zu relativieren ist keine gute Idee.

Der Bundestrainer hat jetzt ein Problem mehr. Nicht, weil er nicht auch Fehler machen dürfte. Doch es geht um seine Glaubwürdigkeit. Wie soll er, der rast und dabei telefoniert, Kevin Großkreutz etwas von der Vorbildrolle erzählen, die Spitzensportler für sich reklamieren und vermutlich tatsächlich auch haben? Wie soll er erklären, dass die Spieler sich zu benehmen und an Regeln zu halten haben? Die beste Pointe zu einem Thema, das eigentlich keiner Pointe bedarf, lieferte Wolfgang Hochfellner, der Busfahrer der deutschen Mannschaft - wie wir in der "Frankfurter Rundschau" gelesen haben. Hochfellner hat sich im November für die Aktion "Runter vom Gas" des Bundesverkehrsministeriums engagiert. Auf der Homepage des DFB wird er mit einem bemerkenswerten Satz zitiert: "Drängler regen mich auf, mit ihrer Raserei gefährden sie sich und andere Verkehrsteilnehmer."

Wie ist der Krankenstand?

Zurück zum Sport. Alle 25 Spieler haben heute in irgendeiner Form trainiert. Na gut, alle bis auf Torhüter Manuel Neuer, ihn plagt weiterhin seine Kapselverletzung in der rechten Schulter. Dafür hat Bastian Schweinsteiger nach seinen Problemen mit der Patellasehne erstmals mit den Kollegen und dem Ball gespielt, anstatt wie bisher einsam um den Rasen herum zu traben. Philipp Lahm (Fußverletzung) und Marcel Schmelzer (Knieprellung) bestritten am achten Tag des Trainingscamps unter Aufsicht eines Fitnesstrainers ein Lauftraining.

Wer ist der Mitarbeiter des Tages?

Samir Khedira. Mit Real Madrid hat er den Pokal in der Königsklasse des europäischen Fußballs gewonnen, ein bisschen gefeiert - und es genossen. "Aber jetzt bin ich endlich da", sagte er und sprach von einem neuen Abschnitt und einem neuen Ziel. Ansonsten gelte nach seinem Kreuzbandriss vor einen halben Jahr: "Der Weg geht weiter bergauf." Auch wenn der bis zur Topform als Ziel noch weit ist, beteuerte er: "Wir sind wirklich sehr, sehr zuversichtlich, dass alle bis zum 16. Juni topfit sind." Das ist deswegen ein guter Plan, weil dann in Salvador de Bahia das erste Gruppenspiel der DFB-Elf gegen Portugal auf dem Spielplan steht.

Was machen die anderen?

Wollen Weltmeister werden. Die DFB-Elf steht also nicht allein da. Argentiniens Angel di Maria jedenfalls hat zwar just wie Khedira die Champions League gewonnen, aber das soll noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. "Wir machen uns Hoffnungen, bis ins Finale zu kommen. Wir wissen, dass das nicht leicht ist, aber wir versuchen, es bis dorthin zu schaffen." Ansonsten scheinen die Satzbaukästen in Südamerika und Deutschland vom selben Hersteller zu stammen. "Es sind sieben schwere Spiele, und manchmal braucht man auch ein bisschen Glück so wie Spanien bei der vergangenen WM."

War sonst noch was?

Erik Durm genießt es, dabei zu sein. Ist ja auch sein erstes Mal. Ansonsten versicherte der länderspiellose Abwehrspieler der Dortmunder Borussia, er habe sich noch keine Gedanken darüber gemacht, ob sein Name am 2. Juni auf der Liste der 23 Auserwählten steht, die dann tatsächlich mit zur WM nach Brasilien fliegen werden. Erst einmal steht am kommenden Sonntag in Mönchengladbach die Testpartie in Mönchengladbach an. Und da sein BVB-Kollege Marcel Schmelzer bis dahin mutmaßlich noch nicht wieder völlig fit ist, könnte die Planstelle des linken Außenverteidigers vakant sein. Durms Plan: "Jetzt noch einmal drei, vier Tage Gas geben und dann mal sehen, ob ich am Sonntag auf dem Platz stehe."

Wer ist der Klassenclown des Tages?

Italiens bester, schönster und coolster Spieler ist - Mario Balotelli. Sagt Mario Balotelli. In einem Interview mit Mario Balotelli. "Das bin ich", antwortete der Angreifer des AC Mailand in einem als Selbstgespräch getarnten Sponsorenvideo. Ansonsten gelte: "Es ist ein Kindheitstraum, bei einer WM zu spielen. Ich habe immer daran geglaubt."

Quelle: ntv.de

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