Fußball-WM 2018

Fahndung im WM-Ticketskandal Brasilianische Polizei fasst "Mister X"

Als sogenannter "Facilitador" soll der Brite Whelan den eigentlichen Hehlern Tickets zugespielt haben.

Als sogenannter "Facilitador" soll der Brite Whelan den eigentlichen Hehlern Tickets zugespielt haben.

(Foto: picture alliance / dpa)

Tagelang rätselt Brasiliens Polizei, wie Hehlerbanden illegal an WM-Tickets kommen. Nun stellt sich heraus, dass ein enger Partner der Fifa wohl der mysteriöse Mittelsmann ist. Die Fifa selbst gibt sich unwissend, doch die Polizei rechnet mit weiteren Enthüllungen.

Im Zusammenhang mit dem Ticket-Schwarzmarktskandal bei der Fußball-Weltmeisterschaft hat die Polizei in Rio de Janeiro eine aufsehenerregende Verhaftung vorgenommen. Bei dem über Tage hinweg als "Mister X" gehandelten Verdächtigen soll es sich um den Exekutiv-Direktor der Fifa-Ticketagentur Match Services handeln. Ray Whelan wurde am Montagabend im Copacabana Palace Hotel an der berühmten Strandmeile unter großer medialer Aufmerksamkeit festgenommen.

Der 64-jährige Brite soll der Bande, die vor einer Woche mit der Festnahme von elf Personen aufgeflogen war, als sogenannter "Facilitador" Kartenpakete aus Kontingenten für Hospitality und VIPs zugespielt haben. "Ray ist nicht der Chef", stellte Kommissar Fabio Barucke aber auch klar und versprach: "Wir setzen die Suche nach anderen am Betrugs-Coup Beteiligten fort." Sieben weitere Verdächtige stünden noch auf der Haftliste. Die Polizei kam Whelan durch die Auswertung von Telefonaten auf die Spur, nachdem die Fifa am Morgen der Untersuchungsbehörde eine Liste mit all ihren Telefonnummern übergeben hatte.

Die Ticketagentur Match teilte inzwischen mit, dass Whelan nach langen Verhören wieder auf freien Fuß gesetzt worden sei. Er wolle die Polizei bei ihren weiteren Untersuchungen des Falles unterstützen, hieß es. Match erklärte, dass das Unternehmen volles Vertrauen in seinen leitenden Angestellten habe und sich am Ende herausstellen werde, dass er gegen kein Gesetz verstoßen habe.

Glücklich ist, wer eines bekommen hat: Die WM-Tickets erzielten auf dem Schwarzmarkt wegen hoher Nachfrage stolze Preise.

Glücklich ist, wer eines bekommen hat: Die WM-Tickets erzielten auf dem Schwarzmarkt wegen hoher Nachfrage stolze Preise.

(Foto: REUTERS)

Der Weltverband Fifa will "die laufenden Ermittlungen in vollem Umfang weiter unterstützen". Zudem wies der Verband nochmals darauf hin, dass sich an seiner Haltung im Kampf gegen Rechtsverletzungen und der Verletzung der Ticketvorschriften nichts geändert habe. "Die Sicherheitsbehörden können sich der vollen Unterstützung im gemeinsamen Kampf gegen nicht autorisierten Ticketverkauf sicher sein", teilte die Fifa mit.

Die Verbindungen zwischen der Match Services AG und Match Hospitality, dem Vertriebspartner für die lukrativen VIP-Pakete, sind eng. Familiäre Verbindungen führen direkt in die Fifa-Spitze. Phillippe Blatter, Neffe von Fifa-Boss Joseph Blatter, ist Geschäftsführer die Infront Sports & Media, einem Anteilseigner an Match Hospitality. Inhaber von Match Services und Match Hospitality sind die Gebrüder Jaime und Enrique Byrom aus Mexiko, die 2007 mit der Fifa einen Deal über 240 Millionen Dollar zur Vermarktung der WM-Turniere 2010 und 2014 abschlossen hatten.

900 Anrufe auf ein Fifa-Handy

Am Montag hatte der offizielle Hospitality-Partner der Fifa, der für den Verkauf von 290.000 Paketen verantwortlich war, die Namen von drei weiteren ins Fadenkreuz geratenen Käuferfirmen veröffentlicht. Sie hatten insgesamt 694 Karten im Wert von rund 1,8 Millionen Euro erstanden. Davon seien 61 Tickets im Zuge der "Operation Jules Rimet" im Fundus des verhafteten algerischen Schwarzmarkt-Dealers Mohamadou Lamine Fofana aufgetaucht.

Ob oder wie viele weitere Karten im Verlauf der WM bereits unter dem Ladentisch den Besitzer gewechselt hatten, bleibt Spekulation. "Bis zu weiteren Untersuchungen werden die Pakete von Reliance Industries Limited, Jet Set Sports und Pamodzi geblockt", schrieb Fifa-Partner Match Hospitality in einer Stellungnahme.

Sollten die "genannten Firmen" nicht vollumfänglich mit den Ermittlern zusammenarbeiten, werde Match Hospitality auch deren "Tickets für das Halbfinale und Finale canceln", hieß es. Die 105 von dem Fofana-Unternehmen Atlanta Sportif Management angekauften Pakete im Wert von rund 90.000 Euro seien ohnehin alle entwertet worden.

Beim Katz-und-Maus-Spiel mit der vermeintlichen Schlüsselfigur im Weltverband berichtete der brasilianische TV-Sender Globo am Sonntag, Rädelsführer Fofana habe in den letzten zwei Monaten insgesamt 900 Anrufe auf ein offizielles Fifa-Handy getätigt. Der Weltverband reagierte umgehend und gab nach eigenen "die Liste mit den Fifa-Telefonnummern" weiter.

VIP-Karten für 17.000 Euro pro Stück

In der Sendung wurden zudem Ausschnitte aus den abgehörten Telefonaten vorgespielt. In einem sagt Fofana: "Wer hat 50 Karten für das Finale in der Hand? Niemand? Okay. Ich habe sie, ich habe sie." Der Globo-Bericht zeigte zudem den Versuch, einen der verantwortlichen Ermittler mit Geld und WM-Tickets zu bestechen. Globo zeigte auch eine Kladde, in der die Ticketverkäufe mit Summen festgehalten worden waren.

Demnach setzte Fofana, der vor einer Woche wegen Schwarzmarkt-Tickethandels gemeinsam mit zehn weiteren Personen verhaftet worden war, in der Vorrunde 112 Karten für umgerechnet rund 303.000 Euro um. Für das Finale besaß er 25 VIP-Karten, die ihm einen Stückpreis von 17.000 Euro einbringen sollten.

"Es gibt einen innerhalb der Fifa, der in die Sache verwickelt ist, sonst käme er nicht an diese große Zahl an Tickets", hatte Staatsanwalt Marcos Kac bereits über Laminas Bezugsquelle gemutmaßt. Es scheint, dass der Weltverband deshalb nicht in den vollen Umfang der Ermittlungen eingeweiht wird. Die Festnahme am Montag brachte ein wenig Licht ins Dunkel.

Quelle: ntv.de, bwe/sid/dpa

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