WM-Experte Christian Ziege "Brasilien wird Probleme bekommen"
03.07.2014, 13:46 UhrEinen Tag hat die DFB-Elf noch Zeit, um sich vom strapaziösen Achtelfinal-Kick gegen Algerien zu regenerieren. Für das Duell mit der französischen Équipe tricolore setzt n-tv.de WM-Experte Christian Ziege seine Hoffnungen auf Philipp Lahm als Außenverteidiger. Brasilien und Argentinien mahnt er zu mehr Teamgeist.
n-tv.de: Das Thema lässt uns einfach nicht los: Lahm, Schweinsteiger oder Khedira. Wen würden Sie im defensiven Mittelfeld spielen lassen?
Christian Ziege: Ich glaube, dass es aufgrund der Vorgeschichte von Schweinsteiger und Khedira eine gute Lösung war, Lahm im defensiven Mittelfeld einzusetzen. Beide hatten lange mit Verletzungen zu kämpfen. Somit war es logisch und auch richtig, Lahm auf diese Position zu stellen. Jetzt haben wir allerdings eine neue Situation: Khedira und Schweinsteiger sind wieder auf einem guten Leistungsniveau angekommen. Ich glaube, es wäre eine Überlegung wert, Lahm wieder auf die Außenverteidiger-Position zu stellen. Wenn wir was erreichen wollen, ist Lahm jetzt auf dieser Position wichtiger.
Denken Sie, dass Löw in dieser Form sein System umstellen wird, oder lässt er sich von der Meinung anderer nicht beeinflussen?
Während einer WM muss natürlich jeder, der meint, ansatzweise was von Fußball zu verstehen, seine Meinung einbringen. Aber Joachim Löw ist der Trainer und er entscheidet, was zu tun ist. Er wird sich seine Gedanken machen, wie er Deutschland zum Titel führen will. Dabei wird er sich auch nicht von außen beeinflussen lassen.
Schauen wir auf den morgigen Gegner der deutschen Nationalmannschaft. Es wird momentan darüber diskutiert, ob der Ausfall von Franck Ribéry dem Team aus Frankreich gutgetan hätte. Was sagen Sie dazu?
Das sehe ich nicht so. Ribéry hatte in letzter Zeit einfach große Probleme mit seinem Rücken und konnte von daher keine 100-prozentige Leistung auf dem Platz abrufen. In der Form hätte er leider seiner Nationalmannschaft nicht helfen können. Generell bin ich aber der Meinung, dass Frank Ribéry jedem Team gut tut und eine absolute Bereicherung ist.

Luiz Gustavo (r.) fehlt Brasilien gelbgesperrt im Viertelfinale gegen Kolumbien.
(Foto: picture alliance / dpa)
Morgen spielt noch Brasilien gegen Kolumbien im Viertelfinale. Luiz Gustavo ist gelbgesperrt. Wie kann das Team diesen Ausfall kompensieren?
David Luiz könnte zum Beispiel auf der Position des Sechsers spielen. Zudem könnte Dante nachrücken. Ich denke, dass das Wort "Team" in Bezug auf Brasilien absolut fehl am Platz ist. Sie glänzen lediglich durch individuelle Klasse und nicht durch eine geschlossene Mannschaftsleistung. So werden sie im nächsten Spiel Probleme auf ihrem Weg zum Titel bekommen.
Kolumbien kann es also packen?
Die Kolumbianer haben eindrucksvoll bewiesen, wozu sie in der Lage sind. Für Brasilien wird das eine große Hürde werden. Sie sind nicht zu unterschätzen. Das wird ein spannendes Spiel!
Samstag geht es weiter mit Argentinien gegen Belgien. Was sagen Sie zu dieser Begegnung?
Für Argentinien gilt aus meiner Sicht Ähnliches wie für Brasilien: Beide Teams verlassen sich zu sehr auf ihre individuelle Stärke. Argentinien verlässt sich fast nur auf Messi, was bis hierhin ja auch funktioniert hat. Sollte aber Messi nicht liefern, wird es ganz eng. Von daher sehe ich in dem Match keinen klaren Favoriten.
Außerdem steht noch das spannende Spiel zwischen den Niederländern und dem Team aus Costa Rica auf dem Programm. Können die Costa-Ricaner wieder mit einer Sensation überraschen?
Ich denke nicht, dass es für das Team aus Costa Rica, auch wenn sie bis jetzt eine tolle Mannschaftsleistung gezeigt haben, zur Sensation reichen wird. Die Niederländer zeigen Willensstärke und sind absolut fokussiert. Aber in der K.o.-Runde der WM gilt das Gleiche wie für den Pokal: In einem einzigen Spiel kann vieles passieren.
Quelle: ntv.de