Dummer Zufall oder Abzocke? Neue Schummel-Vorwürfe gegen Panini
24.06.2014, 14:38 Uhr
Zwei Euro kostet das Sammelalbum für die Panini-Bildchen, die Sticker gibt es in Fünfer-Tüten für je 60 Cent. Auf den ersten Blick scheint das ein fairer Preis zu sein, wenn nur alles mit rechten Dingen zugeht. Eine Millionen-Stichprobe spricht eine andere Sprache.
An der Supermarktkasse, in der Tankstelle, auf dem Schulhof: Panini-Bilder sind derzeit omnipräsent. Der Sammler-Hype um die legendären Abziehbilder der Profikicker entfacht alle Jahre wieder. Mehr als 630 Millionen Euro Umsatz wird das italienische Unternehmen während der Fußball-Weltmeisterschaft durch den Verkauf der Sticker erzielen. Ein hübsches Sümmchen.
Aber geht bei diesem Geschäft auch alles mit rechten Dingen zu? Kritiker halten Panini und Co. schon länger vor, den Absatz der Klebesticker zu manipulieren. Der konkrete Verdacht, der dabei mitschwingt: Sie sollen die Abziehbilder einzelner Spieler gezielt zurückhalten, damit Sammler ihr Album nicht voll bekommen und immer weiter kaufen. Das würde den Gewinn der Anbieter künstlich in die Höhe treiben.
Dieser Verdacht wird durch eine gemeinsame Stichprobe des "Spiegel" und der Internet-Tauschplattform stickermanager.com über 8,33 Millionen-Aufkleber bestätigt. Die Untersuchung kommt zu einem klaren Ergebnis: Etwa zwei Drittel der 640 existierenden Aufkleber tauchen zwischen 10.700 und 12.000 Mal auf. 200 Sticker kommen in der Überprüfung auf Werte von mindestens 15.000. Und der häufigste Sticker, das Bild der italienischen Torwart-Ikone Gianluigi Buffon (vor Philipp Lahm und Mario Mandzukic), wurde sogar 21.281 Mal gefunden - Daten, die auf eine massive Ungleichverteilung schließen lassen.
Alles nur Zufall!
Beim Panini-Verlag weist man die Vorwürfe vehement zurück. "Alle Druckbögen werden gleich oft produziert, geschnitten, gemischt und als Einzelsticker den Panini-Tütchen beigemischt", teilte Unternehmenssprecherin Christine Froehler mit: "Angebliche Ungleichverteilungen in den Märkten sind auf Zufälle zurückzuführen."
Stochastik-Experte Christian Hesse hält solche "Zufälle" dagegen praktisch für ausgeschlossen. "Die starken Variationen bei den Stickeranzahlen sind nicht mit einer Gleichverteilung aller Bilder vereinbar", sagte der Mathematik-Professor von der Universität Stuttgart bei Spiegel online. Die Unterschiede zur Gleichverteilung seien "statistisch extrem signifikant". Schummel-Vorwürfe gegen Panini sind nichts Neues. Auch in der Vergangenheit ging es immer mal wieder um die Frage, ob der Sticker-Hersteller die WM-Bildchen der Fußball-Stars eventuell in verschiedenen Stückzahlen produziert, um manche von ihnen wertvoller oder begehrter zu machen. Bewiesen wurde bisher allerdings nie etwas.
Fußball-Sticker sind ein Millionengeschäft, und Europa ist ein zentraler Markt für Panini. Seit die Firma mit Sitz in Modena die Bildrechte der Fußball-Bundesliga an den US-Konkurrenten Topps verloren hat, haben die WM- und EM-Turniere extrem an Bedeutung gewonnen. Das erste Sammelalbum war von den vier Brüdern Giuseppe, Benito, Franco und Umberto Panini im Jahr 1961 herausgegeben worden. In Deutschland werden die Alben seit der Weltmeisterschaft 1974 vertrieben.
Quelle: ntv.de, dsi/sid