Robert Harting, Diskusweltmeister Alles andere als super
20.08.2009, 14:23 UhrRobert Harting ist Diskusweltmeister. Das ist an sich eine schöne Sache. Dachten wohl auch die Zuschauer im Olympiastadion - und jubelten ihm zu. Dachten die Kommentatoren im Fernsehen – und feierten ihn.
Denkt Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit – und sagt, es seien Bilder wie diese, als "Diskus-Weltmeister Robert Harting Maskottchen-Bär Berlino in die Luft warf und schulterte, die eine super Show des Sports in der Welt prägen". Eine super Show? Wäre es gewesen. Hätte er nicht vor zwei Tagen die staatlich anerkannten Dopingopfer des DDR-Sports beleidigt. "Wenn der Diskus aufkommt, soll er gleich Richtung Brillen springen, damit sie wirklich nichts mehr sehen", hatte er gesagt. Und das war, mit Verlaub, im besten Fall super doof und geschmacklos. Und im schlechtesten böswillig. Es spricht alles dafür, dass die zweite Interpretation der Wahrheit näher kommt.
Der Doping-Opfer-Hilfe-Verein verteilt während der WM 25.000 Pappbrillen, um gegen die zu harmlose deutsche Anti-Doping-Politik zu protestieren. Die Brillen sollen den Durchblick auf einen vom Doping belasteten Sport verwehren und "auf charmante Weise darauf hinweisen, dass es ein Problem gibt", wie die ehemalige Weltklassesprinterin Ines Geipel sagt, die die Aktion mit anderen Opfern des DDR-Zwangsdopings initiiert hat. Und der Verein will darauf aufmerksam machen, dass einige der früheren Handlanger immer noch als Trainer arbeiten. Einer von ihnen ist Werner Goldmann – Robert Hartings Trainer.
Allenfalls halbherzige Entschuldigung
Der hat, wie viele in diesem Land, wenig Interesse daran, dass es den Dopingopfern nun langsam zu gelingen scheint, mit ihren Anliegen und ihren Anklagen endlich in der Öffentlichkeit gehört werden. Sie kämpfen dafür, dass ihre Leidensgeschichte nicht in Vergessenheit gerät, sie wollen, dass die Menschen auch bei diesen Weltmeisterschaften über Doping nachdenken. Robert Harting passt das nicht.
Und so hat er zwar um Entschuldigung gebeten, aber das allenfalls halbherzig: "Es wird in dieser Form nicht mehr vorkommen. Wenn man trainiert und von äußeren Einwirkungen immer wieder gestört wird, dann handelt man auch mal unüberdacht, aber das ist dennoch menschlich. Ich bin aber auch enttäuscht, dass das manchmal auch absichtlich falsch aufgefasst wird." Dabei weiß Robert Harting, der vor der WM für eine Freigabe des Dopings "in irgendeiner Form" plädiert hatte, ganz genau, was er gesagt hat.
Der Deutsche Leichathletikverband (DLV) auch. Und dennoch haben die Funktionäre den Diskuswerfer nicht aus der Mannschaft geworfen. Dabei hätten sie das tun müssen – weil Robert Harting den Grundgedanken des Sports, das Fairplay, verletzt hat. So steht es in den Nominierungsrichtlinien. Aber sie hatten nicht den Mut, den es für solch eine unpopuläre Entscheidung braucht. Schließlich ging es um eine Medaille. Jetzt ist Robert Harting Diskusweltmeister. Eine traurige Sache.
Quelle: ntv.de