VfL Bochum entlässt Marcel Koller Wie Merkel im Fußballtrikot
21.09.2009, 14:17 UhrDas Blöde an Trainerwechseln ist, dass niemand genau weiß, ob sie was bringen. Vorher nicht, und nachher auch nicht. Nicht in Bochum, nicht in Berlin und Stuttgart, und woanders auch nicht.
Es gibt Untersuchungen, die besagen, dass es sich auf die Leistung einer Fußballmannschaft allenfalls kurzfristig positiv auswirkt, wenn ein neuer Übungsleiter kommt. Aber auch das ist Spekulation: Vielleicht hätte das Team seine Bundesligaspiele ja auch mit dem alten Trainer gewonnen. In Berlin und Stuttgart dürfen Lucien Favre und Markus Babbel weitermachen. Vorerst. In Bochum haben sie sich entschieden, es nicht mehr mit Marcel Koller zu versuchen. Da stellt sich die Frage: Was bringt das? Und die Antwort ist, dass die Bochumer das auch nicht so genau wissen.
Es gibt viele Menschen, die sich mit Fußball auskennen und sagen, dass Marcel Koller durchaus einen guten Job gemacht hat. Er ist mit dem VfL Bochum 2006 in die Bundesliga aufgestiegen und hat dreimal hintereinander dafür gesorgt, dass er nicht abgestiegen ist. Das ist für Bochumer Verhältnisse eine ganze Menge.
Zu besonnen, zu distanziert?
Es gibt aber auch viele Menschen, die sich ebenfalls mit Fußball auskennen und zudem fast jedes Spiel ihres Vereins in den vergangenen Jahren gesehen haben. Und die sehen die Sache etwas anders. Schon in der vergangenen Saison herrschte im Ruhrstadion eine gereizte, fast aggressive Stimmung. Und die richtete sich fast ausschließlich gegen den Trainer, obwohl es dann stets mit dem Klassenverbleib doch noch klappte. Aber gemocht haben sie Marcel Koller in Bochum nie.
Vielleicht, weil er ihnen zu besonnen, zu distanziert war. Er hat keine Sprüche geklopft wie Peter Neururer, der nach Erreichen des Uefa-Cups für die nächste Saison gleich das Ziel Meisterschaft ausgegeben hat. Und als er eine zeitlang den blau-weißen Schal zum Anzug trug, sah das aus, als hätte jemand Angela Merkel gezwungen, ein Fußballtrikot anzuziehen, um so um die Gunst der Wähler zu werben. Die Fans hatten aber noch bessere Argumente.
Sie warfen Marcel Koller vor, die Mannschaft nicht mehr erreicht zu haben und machten das an zahlreichen leidenschaftslosen Auftritten ihres VfL fest. Bei der 2:3-Niederlage gegen den FSV Mainz am vergangenen Samstag protestierten sie so nachdrücklich, dass die Verantwortlichen schließlich nachgaben und das taten, was zu tun sie sich bisher standhaft geweigert hatten: Sie entließen Marcel Koller. Sportvorstand Thomas Ernst drückte das so aus: "Wir laufen Gefahr, die emotionale Bindung zu unseren Fans zu verlieren."
Richtige Erkenntnis, falsche Konsequenz
Thomas Ernst hat Recht. Aber das der VfL die Fans nicht mehr erreicht, liegt nicht am Trainer. Oder zumindest nicht nur. Die Bochumer haben es in den vergangen Jahren versäumt, nachdrücklicher als bisher herauszustreichen, was der VfL ist: Ein kleiner Verein mit wenig Geld, für den es schon ein Erfolg ist, sich mit den besten Mannschaften des Landes messen zu dürfen. Ein Verein, der so ordentlich wirtschaftet, dass er fast schuldenfrei ist. Der VfL Bochum ist der Gegenentwurf zum Gigantismus der Ruhrgebietsnachbarn aus Dortmund und Gelsenkirchen. Genau 121.000 Euro Schulden hat der Verein. Das ist soviel, wie der suspendierte Spieler Albert Streit beim FC Schalke 04 verdient – in zwei Wochen.
Das heißt aber auch, dass der VfL Bochum niemals einen Titel gewinnen wird. Und auch Erfolge wie 1997 und 2004, als der Verein im Uefa-Cup spielte, wird es nicht mehr geben. Schwer zu glauben, dass die Fans das nicht wissen. Und dass sie nicht wissen, dass das nicht am Trainer liegt. Weg ist Koller jetzt trotzdem. Das Blöde an Trainerwechseln ist nur, dass niemand genau weiß, ob sie was bringen.
Quelle: ntv.de