Viraler Held beim Turnen Der "Pommel Horse Guy" macht Olympia-Fans verrückt

Ein Held mit seinem Team.

Ein Held mit seinem Team.

(Foto: IMAGO/UPI Photo)

Weil er einen genialen Auftritt hinlegt, feiert das US-Männer-Team der Turner die erste Olympia-Medaille seit 16 Jahren. Dabei wirkt Stephen Nedoroscik wie ein Anti-Held. Das Pauschenpferd ist seine Welt, der Rubik's Cube auch. Plötzlich ist der Amerikaner ein Star.

Die Olympischen Spiele haben ihren "Superman" gefunden. Er kann einen Rubik's Cube in unter zehn Sekunden lösen, er puzzelt gern zur Entspannung, er hat einen Universitätsabschluss in Elektrotechnik - und hat mit seinem 40-Sekunden-Auftritt in Paris die Fans in seinen Bann gezogen. Stephen Nedoroscik ist der 25-jährige Held des US-Teams. Besser bekannt ist er unter seinem Spitznamen: "The Pommel Horse Guy".

Sogar Nedorosciks Freundin änderte ihr Profil bei X zu: "Ms Pommel Horse". Das Internet, insbesondere natürlich in den USA, ist verrückt nach dem Turner, dessen Paradegerät eben das "Pommel Horse", das Pauschenpferd, ist. Der Absolvent der Pennsylvania State University ist nur für 40 Sekunden Perfektion nach Paris geflogen. Mit dem Team der US-Turner gewann er im Mannschaftsfinale Bronze, die erste Olympia-Medaille seit 16 Jahren. Die Anreise hat sich also schon jetzt voll gelohnt.

An diesem Samstagnachmittag kann er seine Popularität noch steigern, dann ist er im Einzelfinale an seinem Spezialgerät am Start. In der Qualifikation hat er 15,200 Punkte erreicht, niemand war besser als der Weltmeister von 2021.

Ohne Brille ans Gerät - wie Clark Kent als "Superman"

Nedoroscik ist der unwahrscheinliche Liebling der Fanmassen. In einem Sport, in dem neben Supersupersuperstar Simone Biles in den USA kaum Platz zu sein scheint. Nedoroscik ist der Antityp eines Glamourstars, könnte abseits der Turnhalle locker als Nerd durchgehen. Die kurzen, braunen Haare sind ungestylt, weil er eine Augenkrankheit hat, trägt er eine Brille mit eckigem, schwarzem Rahmen, die er aber beim Turnen absetzt. Deswegen wird er mit "Superman" verglichen. Dessen Alter Ego Clark Kent trägt im Alltag schließlich ebenfalls eine Brille.

Nedoroscik schielt und hat laut eigener Aussage Kolobom, ihm fehlt seit der Geburt ein Teil des Augengewebes. Dies kann dazu führen, dass die Pupille(n) eine unregelmäßige Form annehmen oder, wie in Nedorosciks Fall, "permanent erweitert" erscheinen, wie die "New York Times" berichtet. Seine Sicht ist nicht gut, wenn er ohne Brille ans Pauschenpferd geht, sagte Nedoroscik "The Today Show". "Aber die Sache am Pauschenpferd ist die, wenn ich die Brille aufbehalte, fliegt sie irgendwo hin". Früher trug er eine Sportbrille, die ähnlich aussieht wie eine Schwimmbrille, doch auf diese habe er in letzter Zeit keine Lust gehabt, so Nedoroscik. Letztendlich gehe es darum, "das Gerät zu spüren". "Ich sehe nicht einmal wirklich, wenn ich turne. Es ist alles in den Händen. Ich kann alles fühlen."

Er muss drei Stunden lang warten

Sein Gefühl ist offensichtlich herausragend. Die Männer, deren Team aus fünf Personen besteht, sind an sechs Geräten gefordert: Boden, Pauschenpferd, Ringe, Sprung, Barren und Reck. Im Team-Finale müssen drei Athleten pro Gerät turnen. Auf dem Weltklasseniveau wird normalerweise erwartet, dass jeder Turner in mehreren oder allen Disziplinen antreten kann. Nicht so Nedoroscik. Er ist nur für das Pauschenpferd im Team.

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Und das Pauschenpferd war für das US-Team in diesem Olympia-Finale ausgerechnet das letzte Gerät. So saß der 25-Jährige am Rand, lange, stundenlang, fast drei Stunden musste er auf seinen Einsatz warten. Nedoroscik ging schließlich ans Gerät, drehte, schwang, schwebte, die Hände liefen in atemberaubender Geschwindigkeit über Pferd und Holmen. 14,866 Punkte waren der Lohn. 1,166 bzw. 0,966 Punkte besser als seine Teamkollegen Brody Malone und Paul Juda, am Pauschenpferd bekam nur der britische dreimalige Olympiasieger Max Whitlock mehr Punkte. Die US-Turner hoben ihm zum Feiern in die Luft. Ohne seine Spitzenleistung wäre es wohl nichts mit Bronze hinter Japan und China geworden.

Seit diesem Auftritt ist Nedoroscik ein Turn- und Internet-Held. Die Sozialen Medien sind voll mit der Liebe zum "Pommel Horse Guy" und Clark-Kent-Vergleichen. "Ich finde sie toll", sagte Nedoroscik bei "The Today Show". "Ich vertrete Leute, die eine Brille brauchen." Spätestens mit seinem 40-Sekunden-Auftritt ist er zum Vorbild geworden. Der US-Turn-Verband postete bei Instagram ein Foto eines "wirklich besonderen Moments", als der 25-Jährige einen jungen Fan traf, der dieselbe Augenkrankheit hat wie er. Der Junge wird ihn sicherlich auch beim Einzel-Finale kräftig anfeuern.

Quelle: ntv.de

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