Olympische Winterspiele Der große Doping-Bluff

Die Botschaft, die gesendet werden sollte, war eindeutig: Der Anti-Doping-Kampf ist erfolgreicher denn je, in Vancouver werden deutlich weniger Betrüger starten. Die Botschaft war ein Bluff.

WADA-Chef John Fahey sprach zunächst von einer "außerordentlich hohen Zahl an positiven Fällen" in den letzten "Wochen und Monaten".

WADA-Chef John Fahey sprach zunächst von einer "außerordentlich hohen Zahl an positiven Fällen" in den letzten "Wochen und Monaten".

(Foto: dpa)

Die Winterspiele sind noch nicht eröffnet, da ist das Thema Doping in Vancouver bereits allgegenwärtig. Einen Tag vor der Eröffnungsfeier meldete das Internationale Olympische Komitee (IOC) den ersten Dopingfall. Gleichzeitig entpuppte sich das Startverbot für über 30 Athleten als PR-Bluff der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA).

Wie das IOC bestätigte, wurde die russische Eishockeyspielerin Swetlana Terentewa positiv auf eine Stimulans getestet, was jedoch nur eine Verwarnung zur Folge hat. Die 26-Jährige darf daher in Vancouver bleiben. "Normalerweise schickt man Athleten nach Dopingfällen nach Hause. Aber in diesem leichten Fall mit nur einer Verwarnung als Konsequenz darf sie am Turnier teilnehmen", sagte IOC-Vizepräsident Thomas Bach als Vorsitzender der Disziplinarkommission. Bei der Stimulans handelt es sich um ein Nasenspray, das vor den Spielen eingenommen wurde, als es in der wettkampflosen Zeit nicht verboten war. Erst seit Öffnung des Olympischen Dorfes stehen für die gesamte Zeit der Spiele alle Medikamente und damit auch diese Stimulans auf der Verbotsliste.

Irreführende Botschaft

Kurz zuvor hatte sich die zunächst scheinbar brisante Meldung von mehr als 30 positiv getesteten und kurzfristig von den Olympischen Winterspielen in Vancouver ausgeschlossenen Athleten als Sturm im Reagenzglas erwiesen. Nach vielen Nachfragen von Journalisten war auf einer WADA-Konferenz deutlich geworden, dass die Welt-Anti-Doping-Agentur nur viele alte Fälle addiert hatte.

Die Botschaft, die gesendet werden sollte, war laut WADA-Chef John Fahey jene: „Der Anti-Doping-Kampf ist erfolgreicher denn je, und in Vancouver werden deutlich weniger Betrüger starten als bei anderen Olympischen Spielen.“ Doch am Ende wurde deutlich, dass die Zahl der überführten Athleten sich in ganz normalen Dimensionen bewegt.

Howman widerspricht seinem Chef

Sein Generalsekretär David Howman korrigierte ihn wenig später.

Sein Generalsekretär David Howman korrigierte ihn wenig später.

(Foto: dpa)

WADA-Generaldirektor David Howman räumte ein, dass auch ein Jahr alte Fälle eingerechnet wurden, darunter auch die umstrittene Sperre gegen die deutsche Eisschnellläuferin Claudia Pechstein. Enthalten sind laut Howman in dieser Zahl auch rund ein Dutzend russische Fälle von 2009, so auch die von Skilanglauf-Olympiasieger Jewgeni Dementjew und Julia Tschepalowa.

WADA-Chef John Fahey hatte Minuten zuvor noch glauben gemacht, dass es sich bei dieser „außerordentlichen hohen Zahl an positiven Fällen“ um Verstöße aus den letzten „Wochen und Monaten“ handele, die zu einem kurzfristig erlassenen Startverbot geführt hätten. Er betonte, Namen könne man nicht nennen, da dies laut Statuten in die Hoheit der nationalen Verbände falle. Die Weltagentur sei nur für die Organisation der weltweiten Doping-Tests zuständig, nicht aber für das Management der Testergebnisse verantwortlich.

Umfeld der Athleten ausleuchten

Die irreführenden Zahlen von 30 gesperrten Athleten hatte am Vorabend IOC-Sprecher Mark Adams öffentlich genannt, ohne Details bekanntzugeben. Stattdessen hatte er auf die WADA-Pressekonferenz am folgenden Morgen verwiesen. Adams konnte ansonsten nur mitteilen, dass seit Öffnung des Olympischen Dorfes alle 554 Tests (407 Urin, 147 Blut) negativ gewesen seien. Insgesamt will die WADA in Vancouver 2000 Proben nehmen, davon 500 auf Blut. Alle Doping-Proben werden acht Jahre eingefroren, um sie nachträglich auf verbotene Mittel analysieren zu können, die aktuell noch nicht nachweisbar sind.

Alle bislang in Vancouver getesteten Proben waren negativ.

Alle bislang in Vancouver getesteten Proben waren negativ.

(Foto: AP)

In Zukunft will das IOC im Kampf gegen Doping auch verstärkt das Umfeld der Sportler ins Visier nehmen. „Wenn ein Athlet erwischt wird, hat er in der Regel nicht alleine gehandelt“, sagte Adams. Im Gespräch ist, dass Athleten künftig die Namen ihrer Ärzte, Manager und Betreuer auflisten müssen. IOC-Vizepräsident Thomas Bach hatte schon seit Langem gefordert, dass „die Hintermänner des Dopings“ zur Verantwortung gezogen werden müssen. Eine strafrechtliche Verfolgung von Dopern, mit der das Ausheben von Dopingnetzwerken erleichtert werden könnte, lehnt Bach für Deutschland jedoch ab.

Quelle: ntv.de, sid/dpa

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