Bagatellisierung im Fall Sachenbacher-Stehle? Dopingexperte Simon attackiert den DOSB

Der Dopingfall Evi Sachenbacher-Stehle wird den deutschen Sport noch länger beschäftigen.

Der Dopingfall Evi Sachenbacher-Stehle wird den deutschen Sport noch länger beschäftigen.

(Foto: dpa)

Während die Ermittlungen im Dopingfall Evi Sachenbacher-Stehle zunächst ergebnislos weitergehen, wirft Sportmediziner Perikles Simon den Sportfunktionären schwere Versäumnisse vor. Deren Tendenz zur Verharmlosung nennt er eine "große Respektlosigkeit".

Der Dopingforscher Perikles Simon hat den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) wegen dessen Umgang mit der Dopingaffäre von Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle scharf attackiert. "Die Reaktion der Verbandsfunktionäre ist respektlos. Schließlich hat die Verbandsspitze auch eine Vorbildfunktion. Wenn dann ein ganz klarer Dopingfall vorliegt, sollte man eher personelle Konsequenzen erwarten", sagte der Professor im Interview mit t-online.de.

Kritischer Geist: Perikles Simon äußert sich immer wieder kritsch zu Dopingproblemen im deutschen und im internationalen Sport.

Kritischer Geist: Perikles Simon äußert sich immer wieder kritsch zu Dopingproblemen im deutschen und im internationalen Sport.

(Foto: imago sportfotodienst)

Nach Ansicht des Sportmediziners wolle der DOSB möglichst schnell zur Tagesordnung übergehen. "Besonders gegenüber den ungedopten Sportlern und dem Nachwuchs ist es eine große Verantwortungslosigkeit und Respektlosigkeit, wenn die Funktionäre so einen Dopingfall bagatellisieren und Fehlinformationen streuen", betonte Simon.

"Wir reden hier von Olympischen Spielen und nicht von irgendwelchen Vorausscheidungen und auch nicht von einer unerfahrenen Nachwuchsathletin. Und trotzdem steckt man diesen Fall weg wie nichts und spricht gar im gleichen Atemzug vom funktionierenden System der Dopingbekämpfung", sagte Simon.

Ermittlungen brauchen Zeit

Sachenbacher-Stehle war bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi positiv auf das Stimulanzmittel Methylhexanamin getestet und aus den Ergebnislisten gestrichen worden. Die Aufarbeitung des Falls wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. "Die Dauer des Ermittlungsverfahrens ist schwer einzuschätzen", sagte der Münchner Staatsanwalt Peter Preuß. Er betonte erneut, dass gegen "Unbekannt und nicht gegen Frau Sachenbacher-Stehle ermittelt wird". Die zweimalige Langlauf-Olympiasiegerin wird deshalb als Zeugin aussagen.

Erst wenn die Ergebnisse der Labortests vorliegen, wird es Resultate geben. Nur so kann geklärt werden, warum die Biathletin bei den Winterspielen in Sotschi positiv getestet wurde. "Die Faktenlage ist derzeit immer noch äußerst undurchsichtig", hatte Marc Heinkelein, der Rechtsanwalt von Sachenbacher-Stehle, bereits am Montag in einer schriftlichen Erklärung mitgeteilt.

Mentaltrainer bleibt die Unbekannte

Ob es sich bei der Ermittlung der Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt um den Mentaltrainer handelt, der von der Biathletin bei der Anhörung in Sotschi vor der IOC-Disziplinarkommission genannt wurde, ist offen. Noch ist nicht klar, ob die zur positiven A- und B-Probe führende Stimulanz wirklich über Nahrungsergänzungsmittel verabreicht wurde. "Vieles von dem, was über die Medien transportiert wird, sind letztlich reine Spekulationen", meinte Heinkelein.

Auch wenn Dopingexperte Simon nicht an eine absichtliche Einnahme Sachenbacher-Stehles glaubt, zweifelt er die bisherigen Erklärungsversuche an. "Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass da eine Athletin und ihr kompletter Stab so unvorsichtig waren, inklusive der Verbandstrainer und Funktionäre", sagte Simon.

Sensibilisiert bei Ergänzungsmitteln

In Sotschi hatte Sachenbacher-Stehles Biathlon-Teamkollege Arnd Peiffer die gängige Praxis beschrieben: "Wir sind von unserem Teamarzt und vom Deutschen Skiverband sensibilisiert worden, was Nahrungsergänzungsmittel angeht."

Bei der Durchsuchung des Olympia-Stützpunktes nach Bekanntwerden der Dopingaffäre waren keine Nahrungsergänzungsmittel gefunden worden. "Wir haben drei Objekte durchsucht. Zum einen den Olympia-Stützpunkt in Ruhpolding und zwei weitere Objekte. In einem der Objekte, aber nicht im Stützpunkt Ruhpolding, haben wir Nahrungsergänzungsmittel gefunden", sagte der stellvertretende Sprecher der Staatsanwaltschaft München I Preuß. "Wichtig ist, dass nichts gefunden wurde, was illegal ist. Aber da haben wir keine Sorgen", sagte Schwarzbach.

Die Biathletin bestreitet bewusstes und vorsätzliches Doping. "Sobald die Ursache für die positive Dopingprobe eindeutig feststeht, will Evi Sachenbacher-Stehle sich erneut persönlich äußern", sagte ihr Anwalt.

Quelle: ntv.de, cwo/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen