"Meine Gefühle? Ich fühle nichts" Eishockey-Debakel schockt Russland

Bitteres Aus: Für Russlands Alexander Syomin endete das Eishockey-Viertelfinale gegen Finnland mit olympischen Schmerzen.

Bitteres Aus: Für Russlands Alexander Syomin endete das Eishockey-Viertelfinale gegen Finnland mit olympischen Schmerzen.

(Foto: AP)

Das olympische Eishockey-Turnier von Sotschi geht ohne Gastgeber Russland weiter. Im Viertelfinale scheitert die von Präsident Wladimir Putin persönlich ausgelobte Gold-Mission vorzeitig. Gegen clevere Finnen fällt dem russischen Angriff einfach nichts ein.

In der Schlussphase warfen die Russen alles nach vorn, doch es reichte nicht. Die Spiele in Sotschi sind für sie beendet.

In der Schlussphase warfen die Russen alles nach vorn, doch es reichte nicht. Die Spiele in Sotschi sind für sie beendet.

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Die Olympischen Winterspiele in Vancouver endeten 2010 mit der ultimativen Krönung, dem Sieg der kanadischen Eishockey-Helden im Olympia-Finale gegen die USA. Den nicht minder eishockeyverrückten Russen bleibt dieser goldene Schlusspunkt unter ihre Heimspiele in Sotschi verwehrt. Und Schuld hat Finnland, das die russische Eishockey-Nationalmannschaft im Viertelfinale mit 1:3 aus dem Turnier warf. Das wichtigste Gold bei den Heim-Winterspielen ist damit weg.

Der historische Absturz der "Sbornaja" versetzte Olympia-Gastgeber Russland in eine Schockstarre. Unter Pfiffen und Buhrufen der entsetzten Fans flüchteten die Kufen-Superstars um Alexander Owetschkin nach dem K.o. gegen die Finnen aus dem "Bolschoi"-Dom. "Ich kann mich nur entschuldigen", sagte Coach Sinetula Biljaletdinow nach dem harten Stimmungsdämpfer für die Eishockey-Nation. Der Gold-Auftrag von Russlands Präsident Wladimir Putin wird nicht erfüllt. "Das ist Mist", schimpfte Owetschkin, eine der ganz großen Enttäuschungen des Turniers. "Meine Gefühle? Ich fühle nichts."

Mit hängendem Kopf lief der Superstürmer zur Bank, nachdem die Schlusssirene den Eishockey-Alptraum besiegelt hatte. Gegen clevere Finnen hatte sein Team kein Mittel gefunden, der umjubelte Führungstreffer durch Ilja Kowaltschuk (8.) war zu wenig. Juhamatti Aaltonen (10.), Teemu Selänne (18.) und Mikael Granlund (26.) drehten das Match für das Suomi-Team, das im Halbfinale nun auf den zweimaligen Olympiasieger Schweden trifft.

"Mache mich lieber aus dem Staub"

Dann werden die vermeintlichen russischen Puck-Heroen schon nicht mehr am Schwarzen Meer sein, ihre Heimflüge sind bereits gebucht. "Sie reisen alle ab", kündigte Trainer Biljaletdinow an, "und auch ich mache mich lieber aus dem Staub". Medien fordern schon den Rauswurf des Coaches. "Ich möchte weiterarbeiten. Aber das entscheide nicht ich, das entscheidet die Führung", räumte er konsterniert ein. "Ich habe persönlich Fehler gemacht."

Die Nation ist entsetzt. Kremlchef Putin hatte Eishockey-Gold als höchstes Ziel ausgegeben, nun könnte die Olympia-Stimmung in den verbleibenden Tagen in den Keller rutschen. Kapitän Pawel Dazjuk gestand: "Der psychologische Druck war sehr groß. Als Mannschaft waren die Finnen besser." Torhüter Sergej Bobrowski, der erst beim Stand von 1:3 ins Spiel kam, fühlte "nur noch Leere".

Für die Russen, die in ihrer Historie erst zum zweiten Mal eine olympische Medaille oder ein olympisches Halbfinale verpassten, bleiben die Nordeuropäer der Angstgegner. Schon bei der Heim-WM 2007 schockten die Finnen die Gastgeber mit einem 2:1-Sieg nach Verlängerung im Halbfinale, ein Jahr zuvor waren die Russen bei den Winterspielen von Turin ebenfalls im Halbfinale 0:4 unterlegen. Nun setzte sich die schwarze Serie ausgerechnet bei Olympia fort.

"Fiasko" erfordert Änderungen

"Do swidanja (Auf Wiedersehen) in Pyeongchang 2018", schrieb "Sport Express". "Sowjetski Sport" forderte umgehend: "Nach diesem Fiasko muss sich viel im russischen Eishockey ändern - nicht nur der Trainer der Sbornaja."

Völlig überraschend kam der Olympia-K.o. nicht: Die Auswahl der Gastgeber hatte es im gesamten Turnier verpasst, ihre Offensivqualitäten umzusetzen. Zwölf Tore in fünf Partien sind von Spielern wie Owetschkin, Dazjuk oder Jewgeni Malkin nicht medaillenwürdig. Auch vor den Augen von Trainer-Legende Wiktor Tichonow, der die "Sbornaja" in den 80er Jahren zu drei Goldmedaillen geführt hatte, fiel den Hausherren einfach nichts ein.

Finnland platzt vor Stolz

Während Owetschkin und Co. ihr Heimturnier von nun an als Zuschauer verfolgen müssen, spielen die Finnen gegen Schweden um den Einzug ins Finale. "Niemand hat an uns geglaubt", sagte Finnlands Kapitän Selänne sichtlich stolz. "Wir glauben an dieses Team."

Die Schweden hatten sich 5:0 (1:0, 0:0, 4:0) gegen das Überraschungsteam aus Slowenien durchgesetzt, sich dabei aber lange heftig abgerackert. "Ich war ganz schön beeindruckt", sagte Daniel Alfredsson. "Wir wollen jetzt nicht zu weit nach vorne blicken, aber es ein großartiges Gefühl, im Halbfinale zu sein." Alexander Steen (19.), Daniel Sedin (42.), Loui Eriksson (49.) und zweimal Carl Hagelin (52./57.) erzielten die Tore.

Quelle: ntv.de, cwo/sid

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