Nach bitterer "Retourkutsche" Florettherren erkämpfen Bronze
05.08.2012, 20:09 Uhr
Bronzejunge: Sebastian Bachmann gewann gemeinsam mit Benjamin Kleibrink, Peter Joppich und Andre Weßels olympisches Edelmetall.
(Foto: dpa)
Grandioses Vorrunden-Comeback, pikanter Halbfinal-K.o., souveräner Sieg im kleinen Finale: Die deutschen Fechter sichern sich zum Abschluss der Wettbewerbe in London mühelos Bronze gegen die überforderte USA. Die Freude darüber wird aber durch das äußerst umstrittene Halbfinal-Aus gegen Japan getrübt. "Das war ein ganz mieses Ding", klagen die Deutschen.

Die USA waren im kleinen Finale kein Gegner für die deutsche Mannschaft und gingen unter.
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"Retourkutsche" gegen die deutschen Fechter? Nach der Sekunden-Posse um Britta Heidemann sind die Florett-Herren Opfer einer umstrittenen Kampfrichterentscheidung geworden. Ein Gefecht um Gold wurde dem Trio versagt, am Ende retteten Benjamin Kleibrink, Peter Joppich, Sebastian Bachmann und Ersatzmann Andre Weßels mit Wut im Bauch gegen die USA (45:27) immerhin Bronze - und der viermalige Einzelweltmeister Joppich gewann seine erste Olympiamedaille.
"Ich bin stolz auf uns, dass wir noch Bronze gewonnen haben", sagte Joppich. Doch auch sein Zorn war noch nicht ganz verraucht. Beim 40:41 im Sudden Death im Halbfinale gegen Japan fühlten sich die Deutschen um einen Kampf um Gold "betrogen", wie Peking-Olympiasieger Kleibrink sagte: "Das war extrem lächerlich, ein ganz mieses Ding." Und umso ärgerlicher, da die Deutschen im Vorrundenduell gegen Russland einen zwischenzeitlichen Zehn-Punkte-Rückstand noch umgebogen hatten.
"Retourkutsche für Damendegen"
Bundestrainer Ulrich Schreck sprach nach drei umstrittenen Halbfinal-Entscheidungen zu Ungunsten von Joppich von einer "Retourkutsche für Damendegen" und betonte, ihm gehe "das Ganze" auf die Nerven: "Das stinkt - und mir stinkt das gewaltig. Damit machen wir das Fechten kaputt."
Was Schreck, Mannschafts-Olympiasieger 1992 in Barcelona, so auf die Palme brachte, dauerte gerade mal 13 Sekunden. 40:40 stand es im Gefecht um den Finaleinzug, dann traf Joppich zweimal - und jubelte zweimal über seine vermeintlich erste Olympiamedaille. Doch zweimal ließ der Obmann den Treffer nach Studium der Video-Aufzeichnung nicht zählen, auch um den folgenden dritten Treffer gab es noch Streit. Pikant: Der Videorichter kam aus Südkorea.
Am Montag hatte Heidemann im Halbfinale gegen die Südkoreanerin Shin A Lam erst nach einer mehr als einstündigen Diskussionen den entscheidenden Treffer zugesprochen bekommen. Die Bilder, der auf der Planche weinenden Asiatin gingen um die Welt. Ein Protest der südkoreanischen Delegation wurde abgewiesen. Heidemann hatte danach mit Silber die erste Medaille für die deutschen Fechter gewonnen. "Es kann nicht sein, dass das jetzt auf dem Rücken der Sportler ausgetragen wird", sagte Schreck.
Frustration statt Freude
Auch beim dritten Treffer gab es Verwirrung. Beide Lampen leuchteten, der Referee studierte erneut die Wiederholung per Video, die Fechter tigerten ratlos auf der Planche herum - ehe der Obmann den Japanern den Treffer zusprach. Die Asiaten stürmten die Planche, Joppich saß enttäuscht am Rand. Die schon sicher geglaubte Medaille war wieder in weiter Ferne: Frustration und Wut statt Freude und Erleichterung.
"Die ersten beiden Treffer waren meiner Meinung klar für Peter, den dritten kann man geben. Aber wenn er sich zweimal nicht traut, den Treffer zu geben, dann soll er es beim dritten Mal auch nicht machen", sagte Ersatzfechter Weßels. Der Bonner musste im Gefecht um Rang drei spontan eingreifen, nachdem sich Bachmann nach einem Sturz von der Planche verletzt hatte.
Gold ging durch ein 45:39 gegen die Japaner an Italien, das damit nahtlos an alte Erfolge anknüpfte. Die Italiener hatte vor der Olympia-Pause dieser Waffengattung in Peking 2008 viermal nacheinander Team-Gold gewonnen.
Quelle: ntv.de, sid