Hohe Erwartungen an deutsche Olympioniken "Platz eins ist keine Utopie"
07.02.2014, 23:44 Uhr
Deutschland konnte zuletzt 2006 in Turin den Spitzenplatz im Medaillenspiegel erreichen.
(Foto: dpa)
Zu Beginn der Olympischen Winterspiele schürt der Chef de Mission Michael Vesper hohe Erwartungen an die deutschen Athleten. Zwar können die meisten im Training überzeugen - doch erst ab Sonntag wird sich zeigen, wo Deutschland landen kann.
Die Olympischen Sommerspiele in London sind Schnee von gestern, aber nicht nur in guter Erinnerung. "Ich denke nicht so gern an London, weil wir an den ersten drei Tagen ohne Medaille blieben", sagte Chef de Mission Michael Vesper wenige Stunden vor der Eröffnungsfeier der Winterspiele in Sotschi. "Ich wünsche mir, dass wir hier jeden Tag eine Medaille gewinnen." Es müssten täglich schon ein paar mehr sein, will der Deutsche Olympische Sportbund wie 2010 in Vancouver 30 Medaillen (10 Gold/13 Silber/7 Bronze) gewinnen.
Während die deutsche Fahnenträgerin Maria Höfl-Riesch erst am Montag ihre "Mission Gold" in der alpinen Super-Kombination startet, wollen Rodler Felix Loch und Eisschnellläuferin Claudia Pechstein schon am ersten Olympia-Wochenende Medaillen entgegenrasen. Allerdings sind die beiden Hoffnungsträger erst am Sonntag dran.
Deshalb spekuliert Vesper auf zwei Überraschungen. "Ich rechne mir schon etwas über 5000 Meter durch Patrick Beckert aus", sagte er. Allerdings: Die deutschen Eisschnelllauf-Männer standen zuletzt 2002 in Salt Lake City auf dem Treppchen.
"Training ist Training, Rennen ist Rennen"
"Ich hatte hier insgesamt sechs gute Läufe. Ich kann das alles jetzt ganz gelassen angehen", sagte Rodel-Olympiasieger Loch nach erneut erstklassigen Übungsläufen, bremste aber vor der Einsitzer-Entscheidung am Sonntag die Euphorie: "Training ist Training, Rennen ist Rennen." Nachdem Loch und Co. mit den Rivalen in diesem Winter nach Belieben Schlitten fuhren, ist sich Vesper sicher: "Bei den Rodlern wird's klingeln." Noch nicht richtig in Fahrt kamen Lochs Kollegen David Möller und Andi Langenhan.

Vesper war bereits bei den Olympischen Sommerspielen in London Chef de Mission.
(Foto: imago/GEPA pictures)
Kein Lampenfieber verspürt Claudia Pechstein vor ihrem sechsten Olympia-Start - und keine Gram, nicht zur Fahnenträgerin ernannt worden zu sein. "Ich bin entspannt und guter Dinge", sagte die 41-jährige fünfmalige Goldmedaillengewinnerin vor den 3000 Metern. "Natürlich hätte ich gern die deutsche Fahne getragen, aber im Sinne der Wettkampf-Vorbereitung bin ich sogar ganz froh, dass ich es nicht mache." Mit Blick auf die Rivalinnen im Eisoval meinte sie: "Martina Sablikova und Ireen Wüst sind die Favoritinnen. Aber, wenn zwei sich streiten, freut sich die Dritte."
In dem 153-köpfigen deutschen Team stecke "viel Potenzial", prophezeite DOSB-Leistungssportdirektor Bernhard Schwank. Mit den Fachverbänden wurde ein Zielkorridor von 27 bis 42 Medaillen ermittelt - viel ist möglich. Auch die Zurückeroberung von Platz eins im Medaillenspiegel? Vesper hält es für schwer, aber nicht "für eine Utopie".
28 Prozent der Deutschen glauben an Spitzenplatz
Die Sportfans in Deutschland sind eher skeptisch: 28 Prozent glauben daran, dass Höfl-Riesch und Co. am 23. Februar vor den ebenfalls starken Wintersport-Nationen Kanada, Russland, den USA und Norwegen liegen werden. 30 Prozent halten dies nicht für möglich, 42 Prozent hatten dazu keine Meinung. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov. Vor vier Jahren war Kanada die Nummer eins, Deutschland zuletzt 2006 in Turin.
Der neue Präsident des Deutschen Skiverbandes, Franz Steinle, ist zuversichtlich, das Verbandsziel zu erreichen und die Hälfte der 30 avisierten Medaillen zur Gesamtbilanz beisteuern zu können. "Es gibt keinen Grund, daran etwas zu ändern. Die 15 Medaillen sind aber kein Muss oder Soll, sondern ein Ziel", betonte der Jurist.
Fahnenträgerin Maria Höfl-Riesch, vor vier Jahren in Vancouver gleich zweimal mit Gold dekoriert, hält die Zielvorgaben des DOSB zwar für recht hochgesteckt, empfindet sie aber auch als Ansporn. "Man muss ehrgeizige Ziele haben", sagte die Vorzeige-Athletin. "Tiefstapeln braucht man nicht. Sicher muss alles optimal und perfekt laufen." Dies war bei ihr beim zweiten Abfahrtstraining auf der Olympia-Strecke in Krasnaja Poljana mit Platz elf noch nicht der Fall. Der Grund: "Anfang Zielhang habe ich total eingeparkt."
Quelle: ntv.de, dpa, Andreas Schimmer