Versteckte Gemeinheiten bei Olympia-Eröffnungsfeier Stolzer Putin stichelt gegen Obama
07.02.2014, 21:36 Uhr
Der Zeremonienmeister: Wladimir Putin.
(Foto: REUTERS)
Mit einer entspannten und lockeren Eröffnungsfeier beginnen die Winterspiele in Sotschi. Im Oval Office dürften jedoch zwei Details aber für lange Gesichter gesorgt haben. Ein vereitelter Anschlagsversuch entpuppt sich jedoch als harmlose Posse.
Ein Kind namens Liebe, die gewaltige Stimme von Anna Netrebko und eine gelungene Änderung beim sonst so zähen Einmarsch der Nationen: Mit einer kurzweiligen, leichten und eher "kleinen" Show haben im russischen Sotschi die 22. Olympischen Winterspiele offiziell begonnen. Der russische Staatspräsident Wladimir Putin sprach um 22.26 Uhr Ortszeit die traditionelle Eröffnungsformel. Es war wohl nicht die einzige Genugtuung an diesem Abend für den Mann, der die Spiele im Alleingang in sein Land geholt hatte.
Die russische Mannschaft lief bei der Eröffnungsfeier zu den Klängen von Tatu ein. Das Duo aus Jelena Katina und Julija Wolkowa zählt nicht nur zu den bekanntesten Pop-Acts in Russland, sie sorgten mit ihrer offen zur Schau gestellten - und später als Lüge enttarnten - lesbischen Beziehung für Aufregung. 2007 unterstützte Tatu die "Moscow Pride", eine Demonstration von Homosexuellen in Moskau. Dass russische Sportler zu ihrer Musik ins Stadion einmarschieren, könnte als Reaktion auf die Kritik am "Homosexuellen-Propaganda"-Gesetz gemeint sein. Harsche Töne waren besonders aus den USA gekommen. Präsident Barack Obama berief homosexuelle Sportler und Sportlerinnen in die offizielle Delegation seines Landes.
Es war eine diplomatische Spitze, auf die Putin in Sotschi offenbar eine Antwort parat hatte. Das Olympische Feuer wurde entfacht von russischen Sportlegenden: Dem ehemaligen Eishockey-Torwart Wladislaw Tretjak und der dreimaligen Paarlauf-Olympiasiegerin Irina Rodnina. Die sitzt für Putins Partei Einiges Russland in der Duma und löste im vergangenen September einen kleinen Skandal aus: Sie twitterte ein Bild von Barack und Michelle Obama, denen gerade eine Banane hingehalten wird. Der amerikanische Botschafter in Russland protestierte; Rodnina berief sich auf "Meinungsfreiheit".
Kleine Panne mit den Ringen
Thomas Bach wird wissen, dass die beiden mächtigsten Männer der Welt nicht gut aufeinander zu sprechen sind. Für den Deutschen sind die Spiele die ersten seiner Amtszeit als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Er forderte bei der Eröffnungsfeier alle Politiker dazu auf, ihre Konflikte "nicht auf dem Rücken der Sportler auszutragen". Dann rief er Sportler, Offizielle, Zuschauer und die Fans in aller Welt dazu auf, "die Spiele zu genießen".
Der Einzug der Athleten war ein Novum und ein Kontrast zur sonst üblichen, zähen Prozession. Der künstlerische Leiter Konstantin Ernst ließ im Innenraum des Stadions einen doppelten Boden einziehen, darauf die Erde projizieren und "aus der Mitte" ihres jeweiligen Landes die Delegationen über eine Rampe einlaufen. Als Russland als letzte Nation einlief, kochte die Stimmung beinahe über, Putin stand mit erkennbarem Stolz auf der Tribüne.
Doch ohne Panne kam die Zeremonie nicht aus: Von fünf gewaltigen Schneeflocken unter dem Hallendach verwandelten sich nur vier in die Olympischen Ringe. Durch die Show unter dem Titel "Dreams of Russia" (Russlands Träume) führte zunächst ein Mädchen namens Lubow ("Liebe"), das zu Beginn an Seilen vom Stadiondach hängend zwischen "fliegenden" Inseln umherschwebte.
Zwischenzeitlich schien es, als würde die Zeremonie von einem versuchten Anschlag überschattet. Ein ukrainischer Fluggast hatte an Bord eines türkischen Passagierflugzeugs Entführungsalarm ausgelöst. Der Mann versuchte auf dem Flug von Charkow nach Istanbul zu den Piloten vorzudringen. Dabei habe er verlangt, die Route nach Sotschi zu ändern, andernfalls zünde er eine Bombe. Der Pilot setzte daraufhin ein Notsignal ab. Kampfjets zogen auf und begleiteten das Flugzeug nach Istanbul, wo der Mann von der Polizei festgenommen wurde. Mittlerweile teilten die türkischen Behörden mit: Der Fluggast war stark betrunken.
Höfl-Riesch schwärmt
Die deutsche Delegation kam als 21. in das Stadion und wurde eher verhalten empfangen. Angeführt wurde sie von Ski-Rennläuferin Maria Höfl-Riesch, die als eine der großen Medaillenhoffnungen gilt. "Ich hatte selbst unter der dicken Jacke eine Gänsehaut", sagte die 29-Jährige: "Das war von den Emotionen her unbeschreiblich."
Insgesamt erschien die Rekordzahl von 88 Delegationen - das ist Rekord. Sieben Nationen sind in Sotschi erstmals bei Olympischen Winterspielen vertreten, darunter Malta, Osttimor und Tonga. Bis 23. Februar treten 2873 gemeldete Sportler in 98 Wettbewerben an - ebenfalls Rekord. Zwölf Disziplinen sind neu, etwa Skispringen der Frauen.
Quelle: ntv.de, cba/sid