Skirennfahrerin Höfl-Riesch im Interview "Zweite. Wahnsinn, Wahnsinn!"
15.02.2014, 12:58 Uhr
"Es war so ein schwerer Lauf, da war es fast eine Kunst, überhaupt durchzukommen": Silbermedaillengewinnerin Maria Höfl-Riesch
(Foto: picture alliance / dpa)
Gold wäre drin gewesen, doch es wurde Silber. Maria Höfl-Riesch jubelt trotzdem. Im Gespräch erzählt die Skirennfahrerin, was während des groben Patzers in ihr vorging, wie sie über ihren Erfolg denkt und warum sie Gold nullkommanull nachtrauert.
Maria Höfl-Riesch, Silber im Super-G - doch es hätte auch Gold sein können, wenn Ihnen dieser eine grobe Schnitzer nicht unterlaufen wäre...
Maria Höfl-Riesch: Ja, ich bin mit einem brutalen Tempo aus dem letzten Flachstück rausgekommen und auf diese Stelle zugefahren. Es werden sicher einige denken: Die sieht da die anderen doch im Fernsehen und, dass es Probleme gibt. Aber man kommt da mit 80, 90 oder 100 km/h hin, es geht alles so verdammt schnell. Ich habe in der Luft einfach nicht mehr reagieren können."
Im Ziel wirkten sie völlig überrascht, dass es noch zur zweitbesten Zeit gereicht hat.
Ja, unglaublich. Ich war kurz vorm Stehenbleiben und dachte irgendetwas zwischen: 'Jetzt kann ich stehenbleiben und Wahnsinn, die Sekunden laufen davon'. Es hat drei Tore gedauert, bis ich wieder einigermaßen in der Spur war. Ich habe dann gedacht: Naja, dann fahren wir halt ins Ziel. Dann war ich da Zweite - Wahnsinn, Wahnsinn! Ich habe kurz überlegt: Kann das ein Fehler sein? Aber nein, es war kein Fehler, es war wirklich wahr!
Wie fasst man bei so hohem Tempo die Entscheidung, weiterzufahren?
Das macht man alles aus dem Bauch heraus. Ich habe gekämpft, dafür bin ich belohnt worden. Ich bin dankbar und glücklich. Es ist nullkommanull so, dass ich Gold nachtrauere. Es war so ein schwerer Lauf, da war es fast eine Kunst, überhaupt durchzukommen.
Während Ihres Laufs kam Ihnen ein Pistenarbeiter gefährlich nahe. Haben Sie einen Protest erwogen?
Nein, ich bin davon nicht wirklich beeinflusst worden. Ich habe mir schon gedacht: Steht da jetzt einer im Lauf? Aber dann habe ich gesehen, dass er zurückgefahren ist. Es war eine kurze Irritation, aber keine Behinderung. Das sollte nicht passieren, weil es gefährlich ist. Aber das war kein Problem."
Sie haben Katja Seizinger als erfolgreichste deutsche Ski-Rennläuferin der Olympia-Geschichte überholt. Ist Ihnen das wichtig?
Nein, das ist nicht meine Hauptmotivation. Es ist schön, in die Annalen einzugehen, aber ich habe eher gesagt: endlich eine Silbermedaille. Es ist ja meine erste von insgesamt jetzt zehn bei Großereignissen. Ich habe im Scherz gesagt: Ich habe einen Haken reingehauen, damit es nicht schon wieder Gold wird. Aber das ist natürlich ein Schmarrn.
Was geht jetzt noch in den beiden ausstehenden Rennen?
Och, im Riesenslalom ist nicht so viel drin. Man kann an einer Hand abzählen, wie oft ich in den letzten beiden Monaten Riesenslalom gefahren bin. Und im Slalom muss man mal schauen. Die Spezialistinnen haben es jetzt alle ein bisschen gemütlicher gehabt, konnten sich daheim in Ruhe vorbereiten. Die haben den Vorteil, dass sie sich voll fokussieren können auf dieses Rennen, aber das ist auch ein großer Druck. Egal, was noch kommt in dieser zweiten Woche: Ich fahre glücklich nach Hause.
Erleichtert diese zweite Medaille in Sotschi Ihre Entscheidung über den Zeitpunkt Ihres Karriereendes?
Ich hatte jetzt noch keine Zeit, darüber nachzudenken. Vielleicht erleichtert es das. Aber ich muss das hier erstmal in Ruhe fertig machen. Wenn ich dann heim komme, habe ich ein, zwei Tage zum Durchschnaufen. Da werde ich mir auf jeden Fall tiefgründige Gedanken machen.
Aufgezeichnet von Marco Mader, sid, in der Mixed Zone und der Pressekonferenz.
Quelle: ntv.de