Technik

Revolution bei FIFA-Nachfolger? EA FC 24: Vorne Frauen, hinten Männer - das isses

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Haaland macht's in EA FC 24 akrobatisch.

Haaland macht's in EA FC 24 akrobatisch.

(Foto: EA)

Neuer Name, altes Spielprinzip? Für Entwickler Electronic Arts soll EA FC 24 der ganz große Wurf werden. Losgelöst von der FIFA wird die Fußballrevolution auf Videospielebene ausgerufen. Aber hält der Nachfolger der beliebten Reihe auch, was er verspricht?

Nach Jahren an Babyschritten in der Entwicklung der Fußballsimulation FIFA will Entwickler EA Sports mit einem Rebranding losgelöst vom Weltverband eine neue Ära einleiten. EA FC 24 soll Zocker am virtuellen runden Leder begeistern. Auf dem Papier ist nicht nur der Name neu: Frauen halten Einzug in den wichtigsten Modus, mutmaßlich bahnbrechende Gameplay-Mechaniken versprechen die Entwickler, dazu eine noch realistischere Grafik. ntv.de hat das Spiel getestet.

Wer sich mit EA FC 24 beschäftigt, dem fliegen erst einmal einige Buzzwords um die Ohren. "HypermotionV" soll mehr Gameplay-Authentizität und Realismus bringen. Dazu dominieren "Playstyles" und "Evolutions". Ein Spiel für alle Generationen ist EA FC 24 aber nicht mehr. Denn erstmals in der Geschichte der Reihe bekommt die Fußballsimulation keine Freigabe ab 0 Jahren. Das Spiel ist ab 12 Jahren freigegeben.

Die Gründe dafür zielen auf die größten Kritikpunkte im EA-Kosmos ab. Ingame-Käufe und zufällige Objekte in Lootboxen treiben den Glücksspielfaktor hoch, die Möglichkeit, mit anderen zu chatten führt nicht selten zu toxischer Kommunikation - nichts für Kinder also.

Vor allem am Glücksspielcharakter des Ultimate-Team-Modus hat sich nichts getan. Es bleibt bei der "Pay to win"-Mentalität. Wer mehr Kohle in das Spiel steckt, hat einfach größere Chancen, eine schlagkräftige Truppe auf den Platz zu stellen. Da UT das große Zugpferd der kanadischen Entwickler ist, sind hier auch die meisten Neuerungen zu finden.

Viva La Evolution

Die Evolution-Sparte erlaubt es, seine eigenen Lieblingsspieler im Laufe der Zeit zu verbessern und wettbewerbsfähig zu machen. Dazu müssen einige Aufgaben in verschiedenen Kategorien erledigt werden: eine bestimmte Anzahl an Spielen, Toren und Vorlagen und schon wird ein Kicker von Arminia Bielefeld spielbar. Die Entwicklungsstufen sind zwar vorgezeichnet, aber selbst die Fähigkeit zu tricksen, der schwache Fuß können verbessert werden - ja selbst Playstiles sollen möglich sein. Das bringt mehr Individualität in den Modus bei, der sich sonst darauf beschränkt, möglichst die besten Meta-Karten, die spielentscheidend sein können, zu erspielen und zu erkaufen.

Alexia Putellas spielt sich auch in EA FC 24 weltklasse.

Alexia Putellas spielt sich auch in EA FC 24 weltklasse.

(Foto: EA)

Dazu sind nun auch Frauen in Ultimate Team spielbar. Gemischte Teams mit Männern sind also möglich, gleich sechs internationale Top-Ligen stehen zur Verfügung. Dabei hält sich das qualitative Verhältnis zu den Männern die Waage: Die beste Spielerin Alexia Putellas hat das gleiche Rating wie ein Kylian Mbappe. Bevor hier einige Leser in Schnappatmung verfallen, ob diese Vergleiche angebracht sind: Es ist ein Fantasy-Football-Modus, in dem man Fußballrentner und selbst verstorbene Kicker in sein Team einbauen kann. Warum also nicht auch Frauen?!

Was die Spielbarkeit der Damen angeht, sind viele der Top-Spielerinnen eine Bereicherung. Vor allem im Hinblick auf Wendigkeit und Technik haben sie vielen männlichen Kickern in EA FC 24 etwas voraus. Dribblings mit Putellas und Co. sind einfach schwer zu verteidigen.

Playstiles bringen frischen Wind

Dagegen gibt es körperliche Merkmale, die viele Frauen in der Defensive benachteiligen. Die im Schnitt geringere Körpergröße macht sich aber eigentlich nur bei Torhüterinnen bemerkbar, in Zweikämpfen am Boden und in der Luft dagegen fast nie. Die Attribute in Sachen Körper- und Sprungkraft sind bei Top-Spielerinnen überraschend hoch.

Nach mehreren Spielen könnte man zu dem Schluss kommen: Vorne Frauen, hinten Männer, das isses! Aber ganz so einfach ist es letztlich nicht, denn Änderungen im Gameplay sorgen dafür, dass Zocker sich noch einmal neu an das Spiel gewöhnen müssen. Gewohnt langsam wirken die ersten Spiele in der Fußballsimulation, für Tempo und Abwechslung sorgen da die Playstiles. Die besonderen Spielerfähigkeiten wurden in den vergangenen Jahren noch als "Traits" betitelt, in EA FC 24 bekommen sie einen neuen Aufguss und ein Plus-Feature, das besondere Kicker und Kickerinnen vom Rest abhebt.

In dem Bereich wirkt das Spiel aber bisher nicht ganz ausbalanciert und die Playstiles-Plus zu stark. Der Power-Schuss eines Marcus Rashford ist fast immer ein Tor, ebenso wie Finesse-Schüsse mit Antoine Griezmann. Wer den Quick Step von Moussa Diaby geschickt einsetzt, enteilt seinen Gegnern mit Leichtigkeit und als Trickster packen Neymar und Co. Kunststückchen vom anderen Stern aus.

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Die KI bleibt im Spiel weiterhin ein wichtiger Faktor, besonders in der Defensive. Wer nach hinten verteidigt, ist nicht schlecht beraten, das seinen computergesteuerten Mitspielern zu überlassen. Das automatische Blocken von Schüssen ist weiterhin ein tragendes Element, aber nicht mehr so auffällig wie in FIFA 23. Man merkt aber, dass sich EA Gedanken in diesem Bereich gemacht hat. Die Entwickler haben eine neue Form des Verteidigens integriert, die es erlaubt, clever und körperbetont in Zweikämpfe zu gehen.

Die Mischung aus Bodycheck und Abschirmen bedarf aber eines guten Timings. Eine nette Erweiterung im Gameplay ist sie allemal, in manchen Bereichen aber ebenfalls nicht ausbalanciert. Die Aktion können sogar selbst von ihren Werten zweikampfschwache Stürmer sauber ausführen. Deutlich bergab geht es bezüglich KI bei den TorhüterInnen. Die agieren selbst auf hohem Schwierigkeitsgrad nicht auf Weltklasse-Niveau.

Optisch ein Hingucker

Was EA mit HypermotionV und Frostbyte Engine auf den Rasen zaubert, kann sich grafisch wieder sehen lassen - allerdings nur auf PS5, Xbox Series X/S und PC. Die alte Konsolengeneration geht leer aus. Und das ist dieses Mal spürbarer als im letzten Teil der Reihe. Im Vergleich fühlen sich die beiden Playstation-Versionen wie zwei unterschiedliche Titel an, besser gesagt man fühlt in der PS4-Version überhaupt keinen Fortschritt.

Stadion-Feeling soll in der neuen Fußball-Simulation aufkommen. Das gelingt weitestgehend.

Stadion-Feeling soll in der neuen Fußball-Simulation aufkommen. Das gelingt weitestgehend.

(Foto: EA)

Was sich optisch auf beiden Konsolengenerationen ändert, ist zudem die Präsentation. Es geht mehr in Richtung TV-Übertragung, inklusive Datenanalyse. Statistiken zu Ballbesitz werden als Buchbinde eingeblendet, wer mehr will, bekommt sowohl in den Wiederholungen von Toren als auch live, halbtransparent auf dem Rasen, Statistiken wie die Erschöpfung der eigenen Spieler gezeigt.

Das Menü haben die Entwickler zudem benutzerfreundlicher gestaltet, dank Schnellwahlfunktion manövriert man direkt zur Zielsparte. Insgesamt hat EA wirklich versucht, das Feedback aus dem vergangenen Jahr umzusetzen, die lästigen Positionskarten verschwinden, Spieler haben in der Regel eine oder mehrere Alternativpositionen.

Das große "Aber"

Wer nun hofft, dass sich EA auch den anderen Spielmodi und deren Entwicklung gewidmet hat, wird bitter enttäuscht. Der Manager-Modus hat zwar einen interessanten neuen Ansatz, indem man vorab einen Spielstil für die eigene Mannschaft aussuchen kann, doch Gegenpressing, Tiki-Taka und Co. sind nach wenigen Stunden vergessen, wenn die immer gleichen Zwischensequenzen zu Pressekonferenzen und Trainingseinheiten abgespult wurden.

Einen ähnlich unkreativer Ansatz findet sich im Karriere-Modus. Hier wird krampfhaft versucht, Rollenspielelemente in Laufbahn des selbsterstellten Profis zu bringen. Durch den Kauf von Sportwagen und Jetski lassen sich beispielsweise die Werte für Aggressivität auf dem Platz hochtreiben. Dabei hatten die Entwickler aus Kanada bereits vor einigen Jahren mit der Geschichte um den aufstrebenden Profi Alex Hunter bewiesen, dass Rollenspiel und Fußball gut umsetzen lässt.

Mit dem Volta-Modus konzentriert sich EA weiterhin auf Straßenfußball und Mini-Games. Das hat zwar weiterhin einen hohen Spaßfaktor, hier gibt es aber keine entscheidende Schritte in der Entwicklung. Ähnlich sieht es im Pro-Clubs-Modus aus. Gefühlt hat sich hier seit Jahren nichts getan - auch ohne FIFA in Namen bleibt hier alles beim Alten.

EA konzentriert sich - mal wieder - nur auf die Cash Cow Ultimate Team. Hier gibt es zwar gute Neuerungen, die den Modus bereichern, besonders Evolutions bringt viel Individualität. Auch was das Gameplay angeht, gibt es gute Ansätze, die frischen Wind in die Fußballsimulation bringen. Das mag für einen Teil der Community als Kaufgrund ausreichend sein, Fans der anderen Modi gucken aber in die Röhre. Die ganz große Fußball-Revolution bleibt eben trotz neuem Namen in EA FC 24 aus.

Quelle: ntv.de

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