Technik

Monster der zweiten Generation "Pokémon Go lockt Gamer aus Komfortzone"

Inzwischen haben über 650 Millionen Menschen Pokémon Go installiert.

Inzwischen haben über 650 Millionen Menschen Pokémon Go installiert.

(Foto: imago/xim.gs)

Der Wirbel um Pokémon Go hat nachgelassen. Mit 80 neuen Charakteren heizen die Macher das Interesse jetzt wieder an. n-tv.de spricht mit Erfinder John Hanke über die Faszination der Nutzer, Downloadzahlen und warum der Hype noch nicht vorbei ist.

Der Wirbel um Pokémon Go hat nachgelassen. Mit 80 neuen Charakteren heizen die Macher das Interesse jetzt wieder an. n-tv.de spricht mit Erfinder John Hanke über die Faszination der Nutzer, Downloadzahlen und warum der Hype noch nicht vorbei ist.

n-tv.de: Spielen Sie noch Pokémon Go?

John Hanke: Na aber selbstverständlich.

In welchem der 40 zu erreichenden Level sind Sie?

Ich bin in Level 19. Momentan muss ich mein Handy aber genau deswegen mit meinem jüngsten Sohn teilen.

Seit dem Start im vergangenen Jahr ist Pokémon Go ein weltweites Phänomen. Haben Sie das erwartet?

Im vergangenen Sommer ist ein Phänomen aus den sozialen Netzwerken zu einem popkulturellen Phänomen geworden. Niemand konnte vorher damit rechnen. Dass sogar Musiker, Schauspieler und Sportler daran Gefallen gefunden haben, hat uns natürlich zusätzlich in die Karten gespielt.

Inzwischen scheint das Interesse aber nachzulassen. Die App taucht nicht mehr in den Download-Ranglisten auf. Ist der Hype vorbei?

Ich glaube nicht, dass die Downloadzahlen widerspiegeln, wie beliebt das Spiel ist. Über 650 Millionen Menschen haben die App installiert. Zwar sieht man inzwischen weniger Menschen auf den Straßen, die Pokémons fangen. Aber im vergangenen Jahr war das Nutzerverhalten auch sehr hoch. Sowas hat man vorher noch nicht gesehen. Anstatt auf die Downloadzahlen zu schauen, setzen wir aber lieber darauf, aktive Spieler bei der Stange zu halten. Wir wollen diejenigen, die aufgehört haben zu spielen, zurückgewinnen und ihnen neue Anreize zum Weiterspielen geben. Schaut man sich übrigens die aktiven Nutzer an, ist Pokémon Go immer noch eine der erfolgreichsten und umsatzstärksten Apps.

In der ersten Entwicklungsphase wollte John Hanke einfach nur, dass seine Kinder aufhören, Minecraft zu spielen.

In der ersten Entwicklungsphase wollte John Hanke einfach nur, dass seine Kinder aufhören, Minecraft zu spielen.

(Foto: Paul Sakuma Photography)

Vor einigen Tagen haben Sie 80 neue Pokémons auf den Markt gebracht. Ist das der Versuch, das Interesse an dem Spiel wieder anzuheizen?

Natürlich. Wir wollen Spiele entwickeln, die ähnlich funktionieren wie Online-Rollenspiele für eine große Masse von Menschen. Diese Spiele sind auf eine lange Lebensdauer angelegt und bringen regelmäßig neue Funktionen heraus. Das ist einfach deren Struktur. Wir haben Pokémon Go mit 100 Charakteren gestartet, in der Pokémonwelt existieren über 700. Es war von Beginn an unsere Absicht, immer mehr Pokémons und neue Funktionen auf den Markt zu bringen. Und das soll sich auch nicht ändern: In Zukunft können Spieler alle drei Monate Neuerungen erwarten.

Was fasziniert die Menschen an dem Spiel?

Anders als andere Spiele ist Pokémon Go ein sehr soziales Spiel. Es verlangt keine ungeteilte Aufmerksamkeit. Nutzer können Pokémons sammeln und gleichzeitig mit ihren Freunden Zeit verbringen. Zusätzlich ist es für viele Spieler auch ein Anreiz, sich ein bisschen mehr zu bewegen.

Pokémon Go ermutigt seine Spieler, nach draußen zu gehen. Ist das Spiel dafür konzipiert worden, die Spieler aus der Wohnung zu locken?

In der ersten Entwicklungsphase wollte ich einfach nur, dass meine Kinder aufhören, Minecraft zu spielen und mit mir vor die Tür gehen. Leute dazu zu motivieren, täglich eine gewisse Anzahl an Kilometern zu laufen, war nicht unbedingt unsere Prämisse. Aber was wir herausgefunden haben, ist, dass Leute mit mobilen Anwendungen eine zusätzliche Motivation haben. Vorhandene "Fitness Wearables" informieren Nutzer zwar über erreichte Ziele, geben aber keine zusätzlichen Anreize. Wir wollen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger kommen und sagen "Iss dein Gemüse". Wir wollen, dass die Leute vor allem Spaß daran haben, unser Spiel zu spielen.

Braucht es mehr Technik, um den negativen Folgen von Technologie entgegenzuwirken?

Man kann es vielleicht als eine Evolution der Technologie verstehen. Mobile Anwendungen geben uns die Möglichkeit, unsere technologische Abhängigkeit zu durchbrechen. Aber ja, es ist wahrscheinlich nicht ganz unironisch. Da würde ich zustimmen.

Sind die Zeiten, in denen Gamer eine isolierte Gruppe waren, vorbei?

Das Stereotyp des klassischen Gamers, der alleine zu Hause sitzt, ist ein bisschen unfair. Computerspiele oder Spiele auf dem Handy gehören heutzutage für viele Menschen zu einer der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Viele Leute, die solche Spiele längst spielen, würden sich selbst nie als Gamer bezeichnen. Die Idee des Gamers ohne soziale Kontakte ist eh längst überholt. Pokémon Go hat gezeigt, dass sich Nutzer durchaus dazu motivieren lassen, ihre Komfortzone zu verlassen. Genau diese Nische wollen wir füllen.

Auch Kriminelle haben das große Interesse an Pokémon Go genutzt, um Spieler an abgelegenen Orten auszurauben. Sehen Sie sich an dieser Stelle in der Verantwortung?

Man darf nicht vergessen, dass jeder Spieler auch eine persönliche Verantwortung hat. Zwar versuchen wir als Macher, ein witziges und sicheres Spiel zu entwickeln. Aber nicht alle Orte sind für jeden Nutzer zur selben Zeit gleich sicher. Wie bei jeder anderen Entscheidung, die man im Leben trifft, muss man auch beim Spielen von Pokémon Go eventuelle Gefahren abschätzen. Aber wir sind uns dieser Problematik durchaus bewusst und reden mit Nutzern, Beamten und zum Beispiel auch Sicherheitspersonal in Parks und anderen Betroffenen darüber.

Mit John Hanke sprach Juliane Kipper

Quelle: ntv.de

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