Nicht nur für E-Autos kritischPreise für Lithium-Akkus könnten durch die Decke gehen
Von Klaus Wedekind
Die Preise für Rohstoffe, die zur Herstellung von Lithium-Batterien dienen, steigen innerhalb kurzer Zeit extrem an, teilweise um mehr als 100 Prozent. Das könnte dazu führen, dass auch E-Autos, Netzspeicher, Smartphone-Akkus und andere Geräte deutlich teurer werden.
Im vergangenen Mai berichtete der Brancheninformationsdienst "Carbon Credits" noch, das Lithiumangebot übersteige nach wie vor die Nachfrage. Das durch kräftige angeschobene Produktion von Lithiumcarbonat, Lithiumhydroxid, Lithiumchlorid et cetera schon länger anhaltende Überangebot hatte unter anderem dazu geführt, dass die Batteriepreise sehr niedrig waren. Laut BloombergNEF sind die Preise von Lithium-Ionen-Akkus von 166 US-Dollar pro Kilowattstunde (kWh) 2022 auf 115 US-Dollar 2024 gefallen.
Doch schon im Frühjahr dieses Jahres zeigten Analysen, dass sich das Verhältnis bald umkehren und die Nachfrage nach Lithium das Angebot bei Weitem übersteigen würde. Jetzt ist es so weit, und die Lithium-Preise haben begonnen, durch die Decke zu gehen. Der Preis für Lithiumcarbonat, das für die Herstellung von Batterie-Kathoden benötigt wird, habe 94.000 Yuan/Tonne (13.300 USD) überschritten, schreibt "CarNewsChina", allein im November sei der Rohstoff um 16 Prozent teurer geworden. Laut "Carbon Credits" schoss der Preis für Lithiumcarbonat in China von umgerechnet knapp 8260 US-Dollar am 23. Juni dieses Jahres auf rund 13.000 US-Dollar am 26. November in die Höhe, was 57 Prozent entspricht.
Die Preisanstiege gehen quer durch die Branche. Unter anderem hat Hunan Yuneng New Energy angekündigt, künftig umgerechnet rund 425 US-Dollar mehr pro Tonne zu verlangen. Das Unternehmen beliefert unter anderem den E-Auto-Hersteller BYD und den weltgrößten Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien CATL. Und die Preise werden weitergegeben. Lithium-Batterie-Produzent Deja Energy beispielsweise gab bekannt, ab dem 16. Dezember seine Produkte um 15 Prozent zu verteuern.
Manche Preise bereits mehr als verdoppelt
Die Preise für manche Lithium-Produkte sind in jüngster Zeit bereits explodiert. So sei Lithiumhexafluorophosphat, das als Leitsalz in flüssigen Elektrolyten für Akkus verwendet wird, innerhalb von nur zwei Monaten von 7800 auf 17.000 US-Dollar gesprungen, was einem Anstieg von rund 118 Prozent entspricht, schreibt "CarNewsChina". Der Preis des Kathoden-Materials Lithium-Cobalt-Oxid sei sogar um mehr als 150 Prozent von 19.850 auf 49.600 US-Dollar gestiegen.
Laut "Carbon Credits" sei der sprunghafte Preisanstieg unter anderem auf Äußerungen des Vorsitzenden von Ganfeng Lithium, Li Liangbin, zurückzuführen. Sein Unternehmen gehört zu den weltweit vier wichtigsten Lithium-Konzernen und deckt nahezu die gesamte Wertschöpfungskette von der Gewinnung bis zur Herstellung von Spezialprodukten ab. Li hatte Mitte November prognostiziert, dass die globale Nachfrage bis 2026 um 30 bis 40 Prozent steigen wird.
Angebotslücke droht gefährlich groß zu werden
Neben einer rasant wachsenden Lithium-Nachfrage, die hauptsächlich durch Elektrofahrzeuge und Netzspeicher-Systeme getrieben wird, ist auch eine Verknappung der Rohstoffe ein Preistreiber. Einige chinesische Minen hatten Anfang des Jahres ihre Förderung wegen fallender Preise eingestellt.
"Carbon Credits" weist außerdem darauf hin, dass die weltweite Lithiumproduktion auf wenige Länder konzentriert sei. Australien führt mit rund 60.000 Tonnen jährlich, gefolgt von Chile (35.000 Tonnen), China (25.000 Tonnen), Argentinien (18.000 Tonnen) und den USA (5.000 Tonnen).
Die Förderung dürfte bei steigenden Preisen wieder anziehen, laut Branchenschätzungen um jährlich 10 Prozent. Doch die Situation könnte sich in den kommenden zehn Jahren noch weiter dramatisch verschlechtern. Die Analysten von Katusa Research erwarten, dass 2026 die Nachfrage das Angebot um etwa 1500 Tonnen übersteigt. 2030 könnten es bereits 33.000 sein, 2035 sage und schreibe 386.000 Tonnen.