Neue EU-Vorgabe zur Sauenhaltung 2000 Schweinezüchter geben auf
25.06.2013, 13:40 Uhr
Nutztiere im Dienste des Menschen: In Deutschland leben deutlich mehr Schweine als Rinder.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Zahl klingt imposant - und sie wirft ein Schlaglicht auf die gewaltige Nachfrage nach Fleisch und Milch: In Deutschland leben Anfang Mai nach amtlichen Angaben ziemlich genau 40 Millionen Rinder und Schweine. Eine Weisung aus Brüssel macht zuletzt vor allem kleineren Schweinebauern das Leben schwer.

Der Trend geht zum Großbetrieb: Kleinere Landwirte scheuen Investitionen für eine EU-gerechte Zuchtsauhaltung.
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In deutschen Ställen leben aktuellen Daten zufolge weniger Schweine als vor einem Jahr. Während die Zahl der Rinder im Vorjahresvergleich leicht um 0,9 Prozent auf 12,6 Millionen stieg, sank die Zahl der Schweine um 2,5 Prozent auf 27,4 Millionen. In den Angaben zur Kopfstärke der gesamtdeutschen Rinderherde enthalten ist die Zahl der Milchkühe, also jener Tiere, die vorrangig zur Produktion von Kuhmilch und Kuhmilchprodukten gehalten werden.
Das Statistische Bundesamt gibt die Menge des Milchviehs zum Stichtag 3. Mai mit 4,2 Millionen an. Damit sind rund ein Drittel der deutschen Rindviecher mit der Milcherzeugung beschäftigt. Die übrigen zwei Drittel dienen als Mast- oder Zuchtvieh. "Die mit Abstand bedeutendsten Rassen waren die Milchnutzungsrasse 'Holstein-Schwarzbunt' mit rund 5,3 Millionen Tieren", erläuterte das Statistische Bundesamt. Auf Platz 2 folgt die "Doppelnutzungsrasse 'Fleckvieh'" mit rund 3,5 Millionen Tieren.
Hauptgrund für den Rückgang in der Schweinehaltung sind neue Vorschriften zum Tierschutz, wie es in einer Mitteilung der Wiesbadener Statistikbehörde weiter heißt. Ausschlaggebend ist demnach die geänderte EU-Schweinehaltungsverordnung von 2003, die in Deutschland mit einiger Verspätung erst zum Januar 2013 wirksam wurde.
Seit Anfang des Jahres dürfen Zuchtsauen nur noch in Gruppen und nicht mehr einzeln gehalten werden. Die erweiterten Anforderungen machten in vielen Ställen umfangreiche Umbauten erforderlich. Die dabei entstehenden Kosten hätten vor allem viele kleine Schweinezuchtbetriebe dazu bewogen, die Schweinehaltung aufzugeben. Ausnahmen gibt es nach EU-Angaben "für Betriebe mit weniger als sechs Schweinen oder fünf Säuen mit Ferkeln".
"Von den rund 2300 Betrieben, die innerhalb des letzten Jahres aus der Schweineproduktion ausschieden, waren rund 2000 Halter von Zuchtsauen", teilte das Bundesamt mit. "Die Zahl dieser Betriebe ging um 15,1 Prozent zurück." Damit habe mehr als jeder fünfte Betrieb mit weniger als 100 Zuchtsauen innerhalb eines Jahres die Sauenhaltung eingestellt, heißt es in der Mitteilung der Statistiker.
Woher kommt das Fleisch?
Die entstandene Lücke am Markt wird zum Teil von marktbeherrschenden Großbetrieben ausgefüllt. Größere Betriebe hätten ihre Kapazitäten ausgeweitet, heißt es. Die Zahl der Zuchtsauen geht in Deutschland dennoch zurück: Während vor Jahresfrist rund 2,2 Millionen Zuchtsauen in 13.200 Betrieben gehalten wurden, verringerte sich die Zahl der Sauen um 6,2 Prozent auf etwa 2,0 Millionen Tiere.
Auch insgesamt erlebt Deutschland einen rückläufigen Schweine-Trend: Zum Stichtag 3. Mai gab es in Deutschland rund 28.000 Betriebe mit Schweinehaltung. Das sind 7,5 Prozent weniger Schweinehaltungsbetriebe als vor einem Jahr. Bei gleichbleibender - oder im Fall der Schweine seit Jahren steigender - Nachfrage nach günstigem Fleisch bleibt dem Lebensmitteleinzelhandel nichts anderes übrig als Schweinefleisch verstärkt aus dem Ausland einzuführen.
Aigner kämpft um die Agrarreform
Unabhängig von den Erhebungen der amtlichen Statistiker aus Deutschland ringen die Agrarminister aus den 27 EU-Staaten derzeit in Luxemburg um die Reform der europäischen Landwirtschaftspolitik. Das zweitägige Treffen sollte nach den im Vorfeld geäußerten Erwartungen eigentlich eine Einigung bringen. Als Vertreter der deutschen Interessen nimmt Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner an dem Agrargipfel teil.
Die geplante Reform soll die europäische Landwirtschaft insgesamt umweltfreundlicher machen, Kleinbetrieben mehr Fördergelder sichern und Nachwuchsbauern den Einstieg erleichtern.
Leicht wird das Vorhaben nicht: Einige der Vorbereitungsgespräche mit EU-Parlamentariern am Vortag seien "schwierig" und "erhitzt" gewesen, sagte Irlands Minister Simon Coveney. Er leitet das Treffen, weil sein Land derzeit den Vorsitz der EU-Staaten hat. Das Parlament muss der Reform noch zustimmen.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa