Wirtschaft

Land der ungelebten Träume An Deutschland gescheitert

Arbeitslosigkeit treibt immer mehr Griechen nach Deutschland. In Volkshochschulen lernen sie die deutsche Sprache.

Arbeitslosigkeit treibt immer mehr Griechen nach Deutschland. In Volkshochschulen lernen sie die deutsche Sprache.

(Foto: picture alliance / dpa)

Immer mehr Spanier, Portugiesen und Griechen kommen nach Deutschland. Sie alle haben vom "German Jobwunder" gehört. Doch schon nach kurzer Zeit kehren viele von ihnen enttäuscht ins Heimatland zurück. Was treibt die Zuwanderer aus dem Land?

Agnès aus Spanien will zum Fernsehen. Filipe aus Portugal hofft auf eine Festanstellung als Koch. Jasmin aus Bulgarien will Nachhilfelehrerin werden. Alle drei haben einen Lebenstraum. Und alle drei wollen ihn in Deutschland verwirklichen.

Das "German Jobwunder" hat sich herumgesprochen. Deutschland zieht so viele Zuwanderer ins Land, wie kaum ein anderes Industrieland, wie eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bestätigt.

Insbesondere Menschen aus den europäischen Krisenländern wie Griechenland, Spanien und Portugal kommen nach Deutschland. Hier wollen sie die Arbeit finden, die sie im Heimatland vergeblich suchten oder verloren haben. Doch die Zahlen zeigen ein ernüchterndes Bild: Die meisten Zuwanderer kehren schon nach kurzer Zeit in die Heimat zurück. Nur jeder zweite Grieche und Portugiese bleibt länger als ein Jahr. Bei den Spaniern ist es sogar nur jeder dritte.

Träume scheitern an der Sprache

Die Gründe dafür sind verschieden: Einige Träume scheitern am schlechten Deutsch. "Wir haben eine Umfrage gemacht, und die hat ganz klar ergeben: Zentrales Kriterium für die deutschen Arbeitgeber sind die Sprachkenntnisse", sagt der OECD-Migrationsexperte Thomas Liebig.

Agnès will in Deutschland Karriere machen.

Agnès will in Deutschland Karriere machen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Agnès, die in Barcelona visuelle Kommunikation studiert hat, kann das bestätigen. Sie möchte in Köln im Fernseh- und Filmbereich arbeiten. "Ich habe ve rsucht, ein Praktikum zu bekommen, aber das war unmöglich", erzählt sie. "In den Gesprächen wurde mir immer wieder gesagt, dass mein Deutsch zu schlecht ist." Jetzt nimmt sie an der Volkshochschule fünf Mal in der Woche Unterricht.

Städte hui, Ländle pfui

Doch es ist nicht allein die Sprachbarriere, die motivierte Zuwanderer ausbremst. Es ist auch die fehlende Flexibilität. "Den Fachkräftemangel gibt es vor allem im klein- und mittelständischen Bereich in ländlichen Gebieten", erläutert Liebig. Doch die meisten jungen Zuwanderer wollen nicht in ländliche Gebiete ziehen, sondern in die Metropolen.

Schwäbisch Hall wirbt in portugiesischen Medien um Fachkräfte.

Schwäbisch Hall wirbt in portugiesischen Medien um Fachkräfte.

(Foto: picture alliance / dpa)

Hinzu kommt, dass kleine und mittelständische Unternehmen oft nicht wüssten, wie sie mit den Migranten in Kontakt kommen sollten. BMW oder Siemens hätten hingegen keine Probleme. Liebig fordert, die Industrie- und Handelskammern müssten hier mehr Hilfestellung geben.

Auch der 29-jährige Spyros aus Griechenland wollte unbedingt in die deutsche Hauptstadt ziehen: "Für mich war Berlin immer ein Traum", sagt er. "Auf der Welt gibt es keine andere Stadt, die so offen ist und so viel Kultur hat." Seine Ausbildung als Musiklehrer wird in Deutschland allerdings nicht anerkannt, deshalb jobbt er als Kellner. Womit er kein Problem hat - in Griechenland wäre er arbeitslos.

Rassismus verschreckt Zuwanderer

Es ist ein anderes Problem, das Spyros an die Nerven geht: Rassismus. Gäste in dem Café in Berlin-Mitte, wo er arbeitet, verhöhnten ihn mit Bemerkungen wie: "Geh zurück nach Griechenland!" Oder: "Du musst uns unser Geld zurückgeben! Das hätte er nie erwartet. "Ich dachte, die Deutschen wären schon mehr an Ausländer gewöhnt." Zeitweise habe er sich in Berlin mit dem Vorwurf auseinandersetzen müssen, dass alle Griechen den Deutschen auf der Tasche lägen.

Äußerungen, die viele Zuwanderer zurück in die Heimat treiben. Um hier zu bleiben, braucht es da schon viel Wille und Biss. Spyros hat ihn. Unterm Strich gilt für ihn: "Ich habe das Richtige getan. Ich bin Deutschland dankbar." Und seine Eltern haben ihn gewarnt: "Komm nicht zurück, hier gibt es keine Zukunft."

Quelle: ntv.de, asc/dpa

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