Chef weg, Prognose gesenkt Anleger strafen Hochtief ab
11.04.2011, 11:45 UhrWenn der Chef überraschend zurücktritt und gleichzeitig die Gewinnprognose kassiert wird, sind Kursverluste programmiert. Hochtief ist da keine Ausnahme - auch weil all das nahelegt, dass der spanische Konkurrent ACS im Machtkampf mit Hochtief zunehmend die besseren Karten in der Hand hält.
Mit deutlichen Kursverlusten startet Hochtief in die neue Handelswoche. Im frühen Handel büßten die Titel fast 5 Prozent ein. Die Gründe dafür sind vielschichtig - liegen aber alle in der Übernahmeschlacht gegen den spanischen Konkurrenten ACS begründet. Vorstandsvorsitzender Herbert Lütkestratkötter erklärte seinen Rückzug vom Chefposten und verlässt in wenigen Wochen das Unternehmen. Außerdem zwingen hohe Abschreibungen der australischen Tochter Leighton auch den Mutterkonzern zu einer Senkung der Ergebnisprognose.
Lütkestratkötter hatte lange erbittert um die Unabhängigkeit von Hochtief gekämpft. Zuletzt verhandelte er mit Großaktionär ACS über einen Vertrag, der das Zusammenleben in der Zwangsehe mit dem spanischen Angreifer regeln soll. Doch nun sind seine Tage bei Hochtief gezählt. Zur Hauptversammlung am 12. Mai räumt er den Chefsessel. Diesen soll Vorstandsmitglied Frank Stieler übernehmen. Er gehört dem Führungsgremium seit März 2009 an und leitet bislang den neu geschaffenen Europa-Bereich des Konzerns. Der designierte Hochtief-Chef hat Aufsichtsratskreisen zufolge die Rückendeckung des Großaktionärs ACS.
Letztes großes Aufbäumen auf HV?
Das Aktionärstreffen wird zum Showdown im Machtkampf mit Großaktionär ACS. Dieser will dann die Zahl seiner Posten im Aufsichtsrat von derzeit zwei auf vier Mandate verdoppeln, um seine Position auszubauen. Hochtief-Aufsichtsratschef Detlev Bremkamp hat die Forderung zurückgewiesen.
Perez darf sich freuen
Dem als Präsident von Real Madrid bekannten ACS-Chef Florentino Perez spielen negative Nachrichten von Hochtief derzeit in die Karten. Denn wenn der Aktienkurs sinkt, wird die Übernahme weiterer Anteile günstiger. Perez sammelt trotz des Widerstands von Hochtief Aktien ein und will über die 50-Prozent-Schwelle kommen. ACS hatte jüngst erklärt, bereits rund 41 Prozent der Hochtief-Anteile zu halten und bis zur Hauptversammlung weiter zuzukaufen.
Die Probleme von Leighton durchkreuzen das Gewinnziel von Hochtief. "Abhängig vom Ergebnis und Umfang der Anteilsveräußerung im Bereich Hochtief Concessions erwartet der Vorstand von Hochtief nunmehr ein bis auf die Hälfte des Vorsteuerergebnisses des Vorjahres reduziertes Vorsteuerergebnis im Konzern", teilte das Management mit. "Der Konzerngewinn wird über dem Konzerngewinn des Vorjahres erwartet", hieß es. Die Ergebnisprognosen für 2012 und 2013 seien nicht beeinträchtigt.
Leighton hatte zuvor angekündigt, Abschreibungen auf zwei wichtige Projekte vorzunehmen sowie eine Wertberichtung auf ein Gemeinschaftsunternehmen im Nahen Osten. Für das bis Juni laufende Geschäftsjahr erwartet das Unternehmen daher nun einen Verlust von umgerechnet 312 Mio. Euro, nachdem das Management bislang von einem Gewinn von 350 Mio. Euro ausgegangen war. Außerdem kündigte Leighton eine Kapitalerhöhung über umgerechnet rund 553 Mio. Euro an, um seine Bilanz zu stützen. "Hochtief wird an dieser Kapitalerhöhung entsprechend seiner Beteiligungsquote bei Leighton teilnehmen", gab der Mehrheitsaktionär bekannt. Ferner prüft Leighton den Verkauf von Geschäftsteilen, wie Finanzchef Peter Gregg sagte.
Quelle: ntv.de, DJ/dpa/rts