Wirtschaft

"Blasen, die wir nicht erkennen" Bernanke warnt Renditejäger

Da kommt noch einiges auf die Märkte zu: Ben Bernanke benennt die offenen Baustellen.

Da kommt noch einiges auf die Märkte zu: Ben Bernanke benennt die offenen Baustellen.

(Foto: REUTERS)

Mit dramatischen Warnungen meldet sich Washingtons oberster Währungshüter zu Wort: Bei einer mit Spannung erwarteten Rede in Chicago zieht er gegen die "verbleibenden Verwundbarkeiten" des Finanzsystems zu Felde. Mehrere potenzielle Krisenherde haben die Regulierer noch immer nicht im Griff.

Das Versprechen des Null-Prozent-Mannes: "Besonders genau beobachten wir die Renditejagd und andere Formen hochriskanter Anlagen, die sich auf die Preise auswirken können."

Das Versprechen des Null-Prozent-Mannes: "Besonders genau beobachten wir die Renditejagd und andere Formen hochriskanter Anlagen, die sich auf die Preise auswirken können."

(Foto: AP)

Fünf Jahre nach dem ersten Höhepunkt der großen Finanzkrise ist das US-Finanzsystem nach den Worten von US-Notenbankchef Ben Bernanke noch immer verwundbar. In einer Rede auf einer Wirtschaftskonferenz in Chicago zählte Bernanke trotz der verschärften Regulierung ein ganzes Bündel an Problemen auf, die noch immer ungelöst seien.

"Es wird Blasen geben, die wir nicht erkennen", sagte Bernanke in seiner Rede vor der Federal Reserve Bank of Chicago, die Teil des US-Notenbanksystems ist. Selbst die verschärften Regulierungsmaßnahmen im Rahmen des Dodd-Frank-Gesetzes und die neuen Eigenkapitalvorschriften nach Basel III könnten unter Umständen nicht ausreichen, um das "Too-Big-to-Fail-Problem" einzelner Geldhäuser anzugehen.

Der Chef der Federal Reserve (Fed) hält sogar einen Sturm auf die Geldmarktfonds des Landes für möglich. Schattenbanken stellen seiner Ansicht nach immer noch ein Risiko für die Finanzstabilität dar. Dieser Bereich sei zwar kleiner als noch vor der Finanzkrise, sagte Bernanke laut Redetext. "Regulierer und der private Sektor müssen aber die verbleibenden Verwundbarkeiten angehen."

Dies gelte etwa für den sogenannten Repomarkt, an dem sich Banken kurzfristig mit Refinanzierung eindecken. Hier müsse sichergestellt werden, dass der Markt die potenziellen Folgen eines Zusammenbruchs von einem großen Kreditnehmer oder Händler wegstecken könne.

Übersteht das System den nächsten Crash?

Die Abhängigkeit der Geldhäuser von kurzfristigen Krediten auf dem Interbankenmarkt machen dem Währungshüter demnach Sorgen.  "Ein großes Risiko ist, wie das System auf die Pleite eines Brokerhauses oder eines großen Schuldners reagieren würde", sagte Bernanke. Zwar sei der Schattenbanken-Sektor heute kleiner als vor der Krise, aber er müsse noch straffer beaufsichtigt werden.

Euro / US-Dollar
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Bernanke betonte in seine Ansprache auch, dass die US-Notenbank genau hinschaue, wie sich die rekordtiefen Zinsen auf das Verhalten der Finanzindustrie auswirken. Kritiker befürchten, dass die Politik des billigen Geldes dazu führt, dass Marktteilnehmer zu hohe Risiken eingehen, weil traditionelle Anlageprodukte zu wenig Rendite abwerfen. "Besonders genau beobachten wir die Renditejagd und andere Formen hochriskanter Anlagen, die sich auf die Preise auswirken können", versicherte der Fed-Chairman.

Ein Ansturm auf Geldmarktfonds sei nach wie vor möglich, zeigte sich Bernanke besorgt. Die Zentralbank werde genau beobachten, ob es auf verschiedenen Vermögensmärkten Anzeichen dafür gebe, dass Marktteilnehmer auf der Jagd nach Rendite überbetriebene Risiken eingingen.

Gegen den Willen der Wall Street

Hintergrund der dramatisch klingenden Warnungen Bernankes sind die Bemühungen der Aufseher, die breite Finanzmarktregulierung gegen wachsende Widerstände der Finanzindustrie zu einem Abschluss zu bringen.

In den USA arbeiten die Zentralbank und die verschiedenen Marktaufsichtsbehörden daran, ihre Regulierungsansätze, die nach der Lehman-Pleite 2008 angeschoben wurden, umzusetzen. Die Finanzindustrie wehrt sich nach Kräften dagegen und warnt vor einer mangelhaften Versorgung der US-Wirtschaft mit Kapital.

Anders als von Börsianern an der Wall Street erhofft äußerte sich Bernanke nicht zum Ausblick für die Geldpolitik oder die Konjunktur. Die US-Notenbank will ihren lockeren geldpolitischen Kurs erst beenden, wenn die Arbeitslosenquote auf 6,5 Prozent gefallen ist. Im April lag sie bei 7,5 Prozent.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/rts

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