Wirtschaft

Stiller Riese aus Slowenien Gorenje ruckelt Richtung Börse

Blühende Landschaften: Am Stammsitz Velenje erstreckt sich das Hauptwerk des Hausgeräteherstellers über eine Fläche von 60 Hektar.

Blühende Landschaften: Am Stammsitz Velenje erstreckt sich das Hauptwerk des Hausgeräteherstellers über eine Fläche von 60 Hektar.

(Foto: Gorenje Group)

Es ist ein kleiner Schritt für Europa und zugleich ein großer für das kleine Slowenien: Der Kühlschrank- Herd- und Waschmaschinenbauer Gorenje wagt sich in Warschau mit neuen Anteilsscheinen an den Aktienmarkt. Doch die Konditionen sind offenbar schlechter als erwartet.

Kochen, waschen, spülen und kühlen: Das 1950 gegründete Unternehmen beansprucht Rang 5 im deutschen Markt für Haushaltsgroßgeräte.

Kochen, waschen, spülen und kühlen: Das 1950 gegründete Unternehmen beansprucht Rang 5 im deutschen Markt für Haushaltsgroßgeräte.

(Foto: Gorenje Group)

Der Weg des slowenischen Hausgeräte-Herstellers Gorenje an die Warschauer Börse ist Insidern zufolge mit unerwarteten Hindernissen gespickt. Beobachter werteten dies umgehend als schlechtes Zeichen für die Spar- und Sanierungspläne der slowenischen Regierung, die zum Schuldenabbau - ähnlich wie Griechenland und andere finanzschwache Staaten - rund ein Dutzend Staatsbetriebe privatisieren will.

Die Frist, bis zu der Investoren ihr Interesse zum Kauf von Gorenje-Aktien abgeben konnten, endete Mitte dieser Woche. Aus dem Umfeld der am Börsengang beteiligten Banken hieß es, nicht für alle angebotenen Papiere hätten sich Käufer gefunden. Das wäre recht ungewöhnlich: Normalerweise bemühen sich die begleitenden Banken, durch eine geschickte Platzierung etwas mehr Nachfrage als Angebot zu schaffen. Vor allem aber prüfen die Häuser in der Regel in ausführlichen Sondierungsgesprächen, wie es um die Stimmung am Markt steht und wie sich einflussreiche Großinvestoren zu der Ausgabe der neuen Aktien verhalten werden.

Gorenje ist mit seinen Aktien bereits an der slowenischen Börse notiert, strebt nun aber auch an den Handelsplatz Warschau, der größte und wichtigste zentraleuropäische Börse nach Wien oder Frankfurt am Main gilt. Gorenje erklärte zu den Gerüchten lediglich, die Vorbereitungen für den für Ende Dezember geplanten Börsengang liefen weiter. Das Aktienangebot bleibe auf die Märkte in Polen und Slowenien beschränkt. In einer zweiten Runde stehen die neuen Papiere auch Gorenje-Mitarbeitern zur Zeichnung offen.

In Branchenkreisen hieß es dagegen, die Investoren hielten sich unter anderem zurück, weil Gorenje eine hohe Verschuldungsquote habe und ein laufendes Programm zum Konzernumbau nicht alle Anleger überzeuge. Auch sei die Lage im Heimatland nicht gerade rosig. Zudem hätten andere slowenische Firmen, die in Warschau an der Börse gelistet seien, keine gute Kursentwicklung verzeichnet. All das sei für den Warschauer Börsengang von Gorenje alles andere als hilfreich.

Telekom, Airline und ein Flughafen

Auf europäischer Ebene schienen sich die Perspektiven der slowenischen Staatsfinanzen zuletzt allerdings aufzuhellen. EU-Währungskommissar Olli Rehn bestätigte Slowenien zuletzt, seinen maroden Finanzsektor durchaus ohne Hilfskredite anderer Länder sanieren zu können. Das Land, das seit 2004 der EU und seit 2007 auch der Eurozone angehört, galt lange als nächster Kandidat für den Euro-Rettungsschirm.

Die Mitte-Links-Regierung will den Staatshaushalts des Landes unter anderem durch die geplanten Privatisierungen stärken. Bisher kontrolliert der Staat rund die Hälfte der Wirtschaft, etwa in vielen Sektoren wie der Bankenbranche, dem Einzelhandel, der Telekommunikation und bei den Medien. Zum Verkauf stehen derzeit slowenische Schwergewichte wie Telekom Slovenia, Adria Airways und der internationale Flughafen Ljubljana.

Probleme bereitet dem jungen Euroland vor allem die angeschlagenen Bankenbranche. Erst kürzlich hatte die slowenische Regierung den Finanzbedarf zur Sanierung des Finanzsektors auf knapp 4,8 Milliarden Euro beziffert. Dies habe der von der EU verlangte Stresstest für die acht größten Geldhäuser Sloweniens ergeben, teilte Zentralbankgouverneur Bostjan Jazbec mit. Damit ist für die Regierung in Ljubljana klar: Ein Hilfsprogramm von außen ist nicht erforderlich, Slowenien will seine Probleme aus eigener Kraft bewältigen.

Kein Kandidat für den Rettungsschirm

In Brüssel trifft diese Einschätzung auf Zustimmung: Slowenien habe ihm versichert, es könne seine Bankenprobleme selbst und ohne ausländische Hilfen lösen, sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Die drei größten Banken - NLB, NKBM und Abanka Vipa - werden vom Staat rund drei Milliarden Euro frisches Kapital erhalten, wie Sloweniens Finanzminister Uros Cufer sagte. Die anderen fünf Institute sollten bis zum Jahresende rekapitalisiert werden. Faule Kredite sollen zu einer neu gegründeten "Bad Bank" verschoben werden, sobald die EU-Kommission ihre Zustimmung gegeben habe. Alle Spekulationen über eventuelle ausländische Hilfen seien haltlos, betonten Jazbec und Cufer übereinstimmend.

Seit Monaten gab es immer wieder Gerüchte, das kleine Slowenien müsse als weiteres Land unter den Eurorettungsschirm schlüpfen. Die Regierung unter Alenka Bratusek hatte dagegen stets versichert, die schwere Finanz- und Wirtschaftskrise des Landes in eigener Regie lösen zu wollen. Mit diesem Ziel hatte ihre Regierung im letzten Monat eine neue Immobiliensteuer eingeführt und Reformen auf dem Arbeitsmarkt eingeleitet. "Ich bin überzeugt, dass die Rekapitalisierung des Bankensektors (...) die Grundlage für die wirtschaftliche Erholung schaffen wird", lobte Dijsselbloem die Bemühungen Ljubljanas.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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