Stichwort Elektro-Autos Brüssel greift ins Steuer
15.04.2010, 12:41 UhrIn der Autoindustrie brechen neue Zeiten an: Damit Europa im Wettbewerb mit China und den USA nicht zurückfällt, drückt nun die EU-Kommission aufs Gas - und zieht an der Bundesregierung vorbei.
Autos, die mit Strom fahren, waren bis vor wenigen Jahren noch mehr Science Fiction als Realität auf deutschen Straßen. Doch der anhaltend hohe Ölpreis, der Klimawandel und nicht zuletzt die Absatzkrise am Pkw-Markt haben die Welt der Autobauer schnell und gründlich verändert. Mittlerweile gelten die abgasfreien Alternativen zum Verbrennungsmotor als Schlüsseltechnologie der Zukunft. Eilig setzen die Hersteller ihre Entwickler auf Elektro-Motoren, Hybrid-Technik und leistungsfähige Batterien an. Wer hier nicht mithalten kann, dem droht mittelfristig die Übernahme oder der Untergang.
Weil die Automobilindustrie in vielen Staaten die Wirtschaftsleistung trägt, gewinnt das Thema Elektromobilität auch in den Regierungszentralen immer mehr an Bedeutung. Nach eine Reihe von Vorstößen aus Paris und Berlin setzt sich nun offenbar auch die Europäische Kommission intensiver mit dem Epochenwandel im Autobau auseinander. Einem Zeitungsbericht zufolge arbeitet Brüssel derzeit daran, die Entwicklung durch EU-weite Standards für Elektroautos zu fördern.
Es geht um Arbeitsplätze
Industriekommissar Antonio Tajani werde Ende April einen Plan vorlegen, der umfassende Initiativen zu gemeinsamer Forschung, Kaufanreizen und technischen Standards vorsieht, berichtete die "Financial Times Deutschland". "Die europäische Autoindustrie kann nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn sie in sauberen und energieeffizienten Technologien die Führung übernimmt", heißt es demnach in dem Papier.

Ein Tesla Motors Model S beim Laden: Testfahrer sind von Drehmoment und Fahrverhalten begeistert.
(Foto: REUTERS)
Die Kommission will demnach dafür sorgen, dass die EU nicht den Anschluss an die USA und China verliert sowie nationale Alleingänge der Mitgliedsstaaten vermeiden. Die USA haben der Zeitung zufolge bereits ein 2,9 Mrd. Dollar schweres Forschungsprogramm für E-Autos aufgelegt. China subventioniere die Entwicklung ebenfalls mit Milliarden.
"All diese Anstrengungen werden die Position der europäischen Autobauer in den Weltmärkten gefährden", schreiben Tajanis Beamte laut "FTD". Die EU-Wirtschaftsminister sollen die gemeinsame Strategie demnach im Mai verabschieden. Einen detaillierten Plan für den Ausbau der Tank- und Ladeinfrastruktur in Europa plane die Kommission aber erst für 2011.
Berlin denkt erstmal nach
Zuvor hatte die deutsche Bundesregierung angekündigt, Forschung und Entwicklung bei Elektroautos in Deutschland besser koordinieren zu wollen. Die Bundesregierung und die deutsche Autoindustrie wollen bei einer Veranstaltung mit Kanzlerin Angela Merkel am 3. Mai in Berlin den Startschuss für eine Nationale Plattform Elektromobilität geben.
Sieben Arbeitsgruppen mit Vertretern der Industrie sollen dann bis zum Herbst erste Grundlagen für ein Elektroauto-Konzept entwickeln, das bis Frühjahr 2011 fertiggestellt sein soll. Angesichts ausländischer Konkurrenz gehe es darum, Entwicklung und Produktion von Elektrofahrzeugen in Deutschland zu halten, sagte der Sprecher des Verbands der Automobilindustrie, Eckehart Rotter. "Es geht darum, die Kräfte von Wissenschaft, Industrie und Politik zu bündeln." So müssten etwa leistungsfähigere Batterien entwickelt und ein Netz von Stromtankstellen aufgebaut werden.
Einen Entwicklungsplan für die Elektromobilität war allerdings bereits in Zeiten der großen Koalition entwickelt worden. Die Zielmarke damals: Mindestens eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen bis zum Jahr 2020. "In 40 Jahren wird der städtische Verkehr so gut wie auf fossile Brennstoffe verzichten können", heißt es beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
Abwrackprämie ja, E-Anreize nein
Anders als von Herstellern und Zulieferern erhofft, beschränkt sich Deutschland zunächst offenbar nur darauf, Forschung und Entwicklung zu fördern. Ein von der Industrie erhofftes Marktanreizprogramm sei nicht finanzierbar, heißt es aus Regierungskreisen. Bis zum Ende der Legislaturperiode könnten demnach 2,5 Mrd. Euro Fördergelder aufgebracht werden. In dieser Summe enthalten seien bereits jene 500 Mio. Euro, die mit dem Konjunkturpaket II zur Verfügung gestellt wurden.
Seit dem 1. Februar ist im Wirtschaftsministerium eine Gemeinsame Geschäftsstelle Elektromobilität der Bundesregierung angesiedelt. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle von der FDP und Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) teilen sich die politische Federführung bei dem Thema.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa