Nachträgliche Boni-Millionen für Banker Commerzbank muss Wort halten
09.05.2012, 13:30 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Zusage ist Zusage: Die Commerzbank darf ehemaligen Investmentbankern der Dresdner Kleinwort nicht einfach die Boni zusammenstreichen, auch wenn sie nur mündlich zugesagt wurden. Ein Londoner Gericht verurteilt die staatlich gestützte Bank, mehr als 50 Mio. Euro nachträglich an die mehr als 100 Banker zu zahlen.
Im Streit um millionenschwere Bonuszahlungen für Investmentbanker hat die Commerzbank vor einem Londoner Gericht eine herbe Niederlage erlitten. Deutschlands zweitgrößtes Geldhaus muss mehr als 100 Bankern rund 52 Mio. Euro an Prämien aus der Zeit der Finanzkrise nachzahlen. Die Bank müsse sich an ihre Bonus-Zusagen halten, auch wenn die Investmentbanker damals einen Verlust angehäuft hatten, urteilte Richter Robert Owen m Londoner Court of Justice zugunsten der Kläger. Die Commerzbank, die in der Krise mit milliardenschweren Staatshilfen gerettet werden musste, behält sich vor, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen.
Das Verfahren erreichte Anfang 2012 seinen Höhepunkt, als sich Kläger und Commerzbank vor dem Londoner Gericht beharkten. Vorstandschef Martin Blessing musste ebenso aussagen wie der frühere Investmentbank-Chef der Dresdner Bank, Stefan Jentzsch. Beide spielten im Ursprung des Streits - die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank im Herbst 2008 - eine Schlüsselrolle: Jentzsch hatte damals, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, seine Banker in London zusammengetrommelt und ihnen öffentlich einen Bonus-Topf von 400 Mio. Euro in Aussicht gestellt, wenn sie in den unruhigen Zeiten bei der Stange blieben.
Neuer Chef, neue Regeln
Es war die Zeit der Spekulationen über die Zukunft von Dresdner Kleinwort gewesen, nachdem die Dresdner Bank von der Allianz zum Verkauf gestellt worden war. Die Londoner Finanzaufsicht drängte auf Maßnahmen, um den Betrieb aufrecht zu erhalten, und Jentzsch setzte dazu Geld ein. Doch nur einigen Bankern wurden die Boni schriftlich für das Bleiben garantiert - insgesamt 150 Mio. Euro, die auch ausgezahlt wurden. Die restlichen - nur mündlich zugesagten - 250 Mio. Euro strich Blessing später kurzerhand um 90 Prozent zusammen. Da war der Commerzbank-Chef kurzfristig selbst zum Dresdner-Bank-Chef avanciert, und Dresdner Kleinwort hatte in der Finanzkrise einen Verlust von 6,5 Mrd. Euro angehäuft. Von Leistungsboni könne daher keine Rede sein, argumentierte Blessing.
Bei dieser Linie bleibt die Commerzbank auch nach dem nun gesprochenen Urteil. "Die Commerzbank ist nach wie vor davon überzeugt, dass es verantwortungsvoll und richtig war, die Bonusbeträge zu reduzieren", erklärte ein Sprecher. Einer der Kläger hatte bereits 1,5 Mio. Euro Garantie-Bonus kassiert und klagte weitere 2,4 Mio. ein - nach der "Vorspeise" stehe ihm nun auch der Hauptgang zu, argumentierte er in der Verhandlung. Die Forderungen der 104 Banker reichten von 15.000 bis 2,6 Mio. Euro.
Formal ging es in dem Verfahren um die Auslegung britischen Vertragsrechts: Wie war die Aussage Jentzschs zu werten - als feste Zusage oder als vages Versprechen? Das Bundesarbeitsgericht hat das schon letztinstanzlich entschieden - zugunsten der Bank. Doch dabei ging es nur um gut ein Dutzend Dresdner-Banker mit deutschen Arbeitsverträgen, die meisten von ihnen hatten britische Kontrakte.
Nicht nur in Deutschland wurde der Prozess mit Interesse verfolgt. Auch in London erregte er großes Aufsehen, weil Großbritannien gerade erneut in einer hitzigen Debatte über Banker-Boni steckt. Erst im Januar hatte Premierminister David Cameron kritisiert, die Sonderzahlungen und Leistungsprämien an die Investmentbanker seien "außer Kontrolle geraten".
Quelle: ntv.de, nne/rts