Wirtschaft

Eigene Energieversorger Die Renaissance der Stadtwerke

Kommunen steigen wieder in die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser ein - weil die Auslagerung an die großen Energiekonzerne weder den Gemeinden noch den Verbrauchern einen Vorteil gebracht hat.

Schönheiten der dezentralen Energieversorgung: Gasbehälter der Stadtwerke in Köln-Mühlheim.

Schönheiten der dezentralen Energieversorgung: Gasbehälter der Stadtwerke in Köln-Mühlheim.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Mehr als hundert Jahre gab es die Hamburgischen Electricitäts-Werke. 2002 verkaufte die Hansestadt sie an den Energiekonzern Vattenfall. Nun, sieben Jahre später, bereut die schwarz-grüne Koalition dies. Und zieht Konsequenzen: Am Montag gab sie die Gründung von Hamburg Energie bekannt, einem Stadtwerk, das in direkte Konkurrenz zu Vattenfall tritt. Dies ist eines der spektakulärsten Ergebnisse eines Trends, der deutschlandweit zu beobachten ist. Kommunen steigen wieder in die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser ein - weil die Auslagerung an die großen Energiekonzerne weder den Gemeinden noch den Verbrauchern einen Vorteil gebracht hat.

"Es gibt einen Trend zur Gründung eigener Stadtwerke", sagt Hansjürgen Bals vom kommunalwissenschaftlichen Institut der Universität Potsdam. Beispiele gibt es viele: Sieben Gemeinden am Bodensee gründeten den staatlichen Stromversorger Bodensee Regionalwerk. Mülheim, Paderborn und viele andere Kommunen haben Stadtwerke gegründet oder planen dies. Und der größte deutsche Energiekonzern Eon prüft derzeit den Verkauf seiner Tochter Thüga, die Beteiligungen an 120 kommunalen Versorgern hält. Interessiert ist eine Gruppe von Stadtwerken.

"Tafelsilber verscherbelt"

Nach der Liberalisierung des Strommarkts im Jahr 1998 waren hunderte Stadtwerke in Deutschland nach und nach an die großen Stromkonzerne gefallen. Der Grund war oft schlicht. Die Kommunen brauchten Geld. "Da wurde in vielen Fällen in einer schwierigen Situation das Tafelsilber verscherbelt", sagt Energieexperte Uwe Leprich von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken. Einen anderen Grund gab es auch laut Kommunalwissenschaftler Bals nicht. "Strom, Gas und Wasser hatten den Kommunen immer Gewinne gebracht."

Unter dem Stichwort "Rekommunalisierung" entsteht derzeit zugleich etwas Neues. "Wir gehen nicht zurück zu den alten Zeiten, die Stadtwerke stehen heute viel mehr im Wettbewerb", sagt Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU). "Man kann eher von einer Renaissance der Stadtwerke sprechen". Laut Energieexperte Leprich kommen viele Kommunen heute allein nicht weiter. "Der Trend geht zu größeren Kooperationen und Netzwerken".

Geld fürs Schwimmbad

Die große Mehrheit der Deutschen jedenfalls bekommt Strom, Gas oder Wasser lieber von einem Stadtwerk als von einem privaten Energiekonzern. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts dimap für den VKU hervor. In Leipzig und Quedlinburg scheiterte der Verkauf von Stadtwerken, weil sich die Bürger in Volksabstimmungen mit großer Mehrheit dagegen sperrten.

Kommunalwissenschaftler Bals hält es für Kommunen grundsätzlich für sinnvoll, in der Energieversorgung aktiv zu sein. Mit den Gewinnen seien seit jeher klassische Verlustgeschäfte wie öffentlicher Nahverkehr oder Schwimmbäder subventioniert worden. Eine andere Hoffnung vieler Menschen erfüllen die meisten kommunalen Versorger dagegen nicht. "Die Preise bei den Stadtwerken sind in etwa genauso hoch wie bei den großen Konzernen", sagt Energieexperte Leprich. Dies könne sich nur ändern, wenn es mehr Wettbewerb bei der Stromerzeugung gebe.

Modellfall Hamburg

Eine weitere Erwartung wird zumindest manchmal erfüllt - dass sich Stadtwerke sich in der Region für umweltfreundlichen Strom einsetzen. Hier komme es auf das Management an, sagt Energieexperte Leprich. Oft geschehe in dieser Hinsicht nichts. Vorbildliche Stadtwerke wie jene Schwäbisch-Hall wiederum produzierten einen großen Teil ihres Stroms aus - oft erneuerbaren - Quellen der Region.

Hamburg Energie hat hier kaum eine Wahl. Der Versorger muss künftig direkt mit einem großen Energiekonzern konkurrieren und eine echte Alternative bieten. Bis spätestens diesen Herbst soll ein Ökostrom-Angebot auf dem Markt sein.

Quelle: ntv.de, Klaus Geiger, AFP

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