Inflationsrate zu hoch EZB sind die Hände gebunden
31.10.2011, 16:02 UhrDie EZB kämpft seit Jahren um stabile Preise in der Eurozone. Das Ansinnen der Notenbank wird derzeit auf eine harte Probe gestellt. Die Teuerungsrate ist deutlich über dem von der EZB anvisierten zwei Prozent. Damit ist fast sicher, dass der neue bankchef Draghi keine Lockerung der Geldpolitik verkünden wird.
Eine hartnäckig hohe Inflation dämpft die Chance einer raschen Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB). Die jährliche Teuerungsrate in der Eurozone verharrte im Oktober überraschend auf dem Drei-Jahres-Hoch von 3,0 Prozent, teilte das Statistikamt Eurostat mit. Analysten hatten mit einem Rückgang auf 2,9 Prozent gerechnet.
Sie erwarten deshalb, dass die EZB bei der ersten Zinsentscheidung unter ihrem neuen Präsidenten Mario Draghi die Geldpolitik noch nicht lockert. Angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit und der befürchteten Rezession geht die Mehrheit aber davon aus, dass der Zins im Dezember gesenkt wird.
"Es wird schwierig für die EZB, den Leitzins schon in dieser Woche zurückzunehmen", sagte ING-Analyst Peter Vanden Houte. "Besonders, wenn die Inflationsrate um mehr als einen Prozentpunkt über der Zielmarke liegt." Die EZB spricht nur bei Werten von knapp unter zwei Prozent von stabilen Preisen. Das war zuletzt vor einem Jahr der Fall.
Draghi dürfte zudem kein Interesse daran haben, sich bei seiner Premiere sogleich den Ruf einer wenig an Preisstabilität orientierten "Taube" zu erwerben. Analystin Jennifer McKeown von Capital Economics geht aber davon aus, dass der neue "Mr. Euro" eine Zinssenkung für Dezember signalisieren wird. Viele Experten erwarten eine Rücknahme von 1,5 auf 1,0 Prozent. Billigeres Geld kann Konsum und Investitionen ankurbeln.
"Es riecht nach Stagflation"
Für die Euro-Zone wäre das ein willkommener Konjunkturimpuls, denn sie steuert im nächsten Jahr auf einen kräftigen Abschwung zu. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet nur noch ein Miniwachstum von 0,3 Prozent. Bislang war sie von 2,0 Prozent ausgegangen. In einigen Ländern werde die Wirtschaftskraft sogar sinken. Als Gründe für die Konjunkturflaute gelten die harten Sparprogramme vieler Regierungen, die Angst vor einer neuen Finanzkrise und die schwächere Weltwirtschaft. "Es sieht ein bisschen nach einer Stagflation aus mit schrumpfender Wirtschaft und hoher Inflation", sagte Analyst Vanden Houte.
Für eine Zinssenkung spricht auch die steigende Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosenquote im Währungsraum kletterte im September auf 10,2 Prozent, nachdem sie im August noch 10,1 Prozent betragen hatte. Besonders düster sieht es in Spanien aus: Hier liegt die Arbeitslosenquote mit 22,6 Prozent um mehr als das Doppelte über dem Durchschnitt der Währungsunion.
Quelle: ntv.de, rts