Wirtschaft

Risikoaufschläge für Bonds sinken Geht Portugal ans Eingemachte?

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(Foto: REUTERS)

Die Milliarden-Finanzhilfen von EU und IWF werden für Portugal an knallharte Bedingungen geknüpft. Einzelheiten sind noch nicht bekannt. Insider berichten aber, dass Portugal wohl Tafelsilber verkaufen muss. Offen ist auch die Frage, welche Rolle die Goldreserven des Landes spielen. Am Rentenmarkt kommt das Hilfspaket gut an. Die Risikoaufschläge fallen.

Das hoch verschuldete Land Portugal soll angeblich 78 Mrd. Euro aus dem Rettungsfonds von der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) bekommen. Auch wenn beide offiziell noch grünes Licht geben müssen, wie einer gemeinsamen Stellungnahme der Institutionen aus der Nacht zu entnehmen ist, dürfte das Schicksal Portugals in Euroland mit der Ankündigung von Premier Jose Socrates vom Vorabend wohl jetzt wohl besiegelt sein.  

Hurra, hurra, der IWF ist da!?! Nicht für alle.

Hurra, hurra, der IWF ist da!?! Nicht für alle.

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Offen ist, welche Auflagen Portugal im Gegenzug für die Finanzhilfen erfüllen muss. Hier war die offizielle Verlautbarung von Portugals Premier eher allgemein gefasst. Nach seinen Worten sieht das Hilfspaket eine "Vertiefung" des jüngsten Sparpakets der Minderheitsregierung vor. Außerdem soll es eine Vereinbarung geben, die Portugal mehr Zeit einräumt, sein Staatsdefizit abzubauen. Darüber hinaus äußerte er sich nicht. Entsprechend köchelt die Gerüchteküche.

Milliarden durch Privatisierungen

Informierten Kreisen zufolge muss Portugal im Gegenzug für die milliardenschweren Hilfskredite Tafelsilber verkaufen. Bis 2013 sollen 5,3 Mrd. Euro durch Privatisierungen erlöst werden. Das meldet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf eine mit den Details des Rettungspakets vertraute Person.

Die Einigung sehe auch eine bessere Kapitalausstattung der Banken vor. Dafür sollen den Angaben zufolge bis zu zwölf Mrd. Euro verwendet werden. Die harte Kernkapitalquote der Banken (Core Tier-1) soll so bis Jahresende auf neun Prozent und bis Ende 2012 auf zehn Prozent erhöht werden. Dieselben Quellen berichten, dass Portugal wegen der vereinbarten Sparmaßnahmen eine längere Rezession droht. Das Bruttoinlandsprodukt werde 2011 und 2012 voraussichtlich um zwei Prozent schrumpfen.

Portugal-Hilfen noch nicht abgesegnet

Wie die EU-Kommission, IWF und EZB in einer gemeinsamen Stellungnahme in der der Nacht mitteilten, ist das milliardenschwere Rettungspaket für Portugal jedoch noch nicht gänzlich in Sack und Tüten, vielmehr handelt es sich um eine Vereinbarung auf "Mitarbeiter-Ebene". Im Wortlaut heißt es: "Wir haben eine Einigung auf Mitarbeiter-Ebene mit der (portugiesischen) Regierung über ein umfangreiches wirtschaftliches Programm gefasst. Es könnte die Unterstützung von der EU-Kommission, dem IWF und der EZB bekommen."

Alle Befürchtungen der Portugiesen auf einem Plakat: Arbeitslosigkeit, Kürzungen, Privatisierungen und Steuern. Und: "Mit dem IWF zahlst du".

Alle Befürchtungen der Portugiesen auf einem Plakat: Arbeitslosigkeit, Kürzungen, Privatisierungen und Steuern. Und: "Mit dem IWF zahlst du".

(Foto: REUTERS)

Weiter heißt es, man werde auch weiterhin mit allen politischen Kräften in Portugal an einem Tisch sitzen, auch mit der Opposition. Eine parteiübergreifende Vereinbarung sei zentral für das Gelingen. Sobald die Diskussionen abgeschlossen seien, würden weitere Details in einer Pressekonferenz in Lissabon zur Sprache kommen. Die Regierung von Ministerpräsident José Socrates war zurückgetreten, nachdem die Opposition sein jüngstes Sparpaket zu Fall gebracht hatte.

Keine Angst vor Finnen

Das Wahlergebnis in Euroland Finnland gefährdet aus Sicht der EU-Kommission die Finanzspritze nicht. "Wir vertrauen darauf, dass Finnland Teil der Entscheidung sein kann", sagte eine Sprecherin. "Wir glauben daran, dass Finnland weiterhin eine aktive und konstruktive EU-Politik verfolgen wird." Beobachter hatten in diesem Zusammenhang zuvor von einer Zitterpartie gesprochen.

Die nationalistische Partei "Wahre Finnen" hatte bei der Parlamentswahl 19 Prozent der Stimmen erhalten und gesagt, sie könne die Hilfen für Portugal nicht mit "gutem Gewissen" unterstützen. Am 16. Mai müssen die Finanzminister des Eurogebiets einstimmig für die Portugal-Hilfen votieren, sonst sind Hilfen aus dem europäischen Rettungsfonds Lissabon helfen.

382 Tonnen Gold im Tresor

Angesichts der Finanznöte rückten auch Portugals Goldreserven wieder in den Fokus und damit Überlegungen, ob Portugal diesen Schatz nicht zur Schuldentilgung heben könnte. Portugal verfügt über den größten Goldschatz der Eurozone. Nach Daten des IWF besitzt die Notenbank rund 382 Tonnen Gold und liegt damit in der Rangliste der Notenbanken mit den größten Reserven auf Platz 14 in der Welt. Der Marktwert der portugiesischen Goldreserven beträgt gut 12 Mrd. Euro.

Auf die Schnelle dürfte eine Nutzung für die Finanzierung der Schulden jedoch kaum möglich sein. Vermutlich würde sie wohl auch eine geringere Summe erzielen, wenn Portugal jetzt den Goldschatz verkaufen würde. Die hohe Goldreserve Portugals steht außerdem im krassen Gegensatz zu den Devisenreserven, die relativ gering sind.

Risikoaufschläge fallen deutlich

Die Lage an den Finanzmärkten entspannte sich nach der grundsätzlichen Einigung auf ein Hilfsprogramm für das finanzschwache Euro-Land deutlich. Die Risikoaufschläge für Staatsanleihen vor allem kürzerer Laufzeit fielen im Tagesverlauf spürbar.

Im zweijährigen Laufzeitbereich sank die Rendite kräftig um 0,69 Punkte auf 10,45 Prozent. Zwar sind die Risikoaufschläge im Vergleich mit deutschen Staatstiteln, die an den Märkten als sehr sicher gelten, immer noch sehr hoch. Verglichen mit der vergangenen Woche, als die zweijährige Rendite auf rund 11,5 Prozent gestiegen war, hat sich die Situation für Portugal aber sichtlich gebessert.

Auch in den längeren Laufzeiten gingen die Renditen am portugiesischen Rentenmarkt deutlich zurück, wenngleich nicht so stark wie bei den kürzeren Laufzeiten. Bei fünfjährigen Anleihen sank die Rendite im Tagesverlauf um 0,3 Punkte auf 10,88 Prozent. Im zehnjährigen Bereich gab sie um 0,19 Punkte auf 9,06 Punkte nach.

Nach Griechenland und Irland ist das hoch verschuldete Portugal das dritte Euro-Land, das auf Hilfen von EU und IWF angewiesen ist. Nach dreiwöchigen Verhandlungen mit der Regierung wurde sich am Dienstagabend auf ein Rettungspaket von 78 Mrd. Euro verständigt. Ministerpräsident Jose Socrates äußerte sich bislang nicht zu Details des Sparpaketes, dass Portugal dafür Hilfen erfüllen muss.

Quelle: ntv.de, ddi/rts/DJ/dpa

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