Wirtschaft

IWF in der Hinterhand Griechen pokern um EU-Hilfen

Mangels Hilfszusagen aus der EU schaut sich Griechenland nach anderen Geldquellen um. Medienangaben zufolge könnte das hochverschuldete Land schon zu Ostern beim Internationalen Währungsfonds (IWF) vorstellig werden.

Wer beackert die griechische Finanz-Baustelle?

Wer beackert die griechische Finanz-Baustelle?

(Foto: REUTERS)

Griechenland sucht in der Schuldenkrise die Entscheidung: Entweder legten die EU-Staaten beim Gipfel Ende nächster Woche konkrete Hilfszusagen auf den Tisch, oder er denke über einen Gang zum Internationalen Währungsfonds (IWF) nach, sagte Ministerpräsident Giorgos Papandreou in Brüssel. Der IWF sieht vornehmlich die Europäer in der Pflicht. "Wir erwarten, dass die Länder der Euro-Zone willens sind, Griechenland zu helfen, und diese Frage unter sich regeln wollen", sagte eine Sprecherin in Washington.

Die Bundesregierung hat indes ausgeschlossen, dass es bei dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in der kommenden Woche in Brüssel einen Beschluss zu Griechenland gibt. Zugleich hatte es in Regierungskreisen geheißen, Deutschland sei offen für eine Lösung über den IWF. Papandreou sagte dagegen, die EU-Kommission sei bereit, einen Vorschlag für einen Finanzierungsmechanismus zu machen. "Ich glaube, das ist eine Möglichkeit, eine Entscheidung nächste Woche beim Gipfel zu treffen."

Der sozialistische Regierungschef betonte zwar, er bevorzuge europäische Hilfen. Das beschlossene Sparprogramm würde Griechenland aber auch dazu qualifizieren, Finanzhilfe vom IWF zu bekommen. In Medienberichten wird bereits darüber spekuliert, dass das klamme Land schon zu Ostern beim IWF vorstellig werden könnte. Der Euro reagierte mit Kursverlusten auf die Meldungen. Zudem ging der Ausgabeaufschlag für griechische Anleihen in die Höhe.

Das Dementi aus Athen folgte auf dem Fuß: "Wir weisen das zurück, es ist lächerlich", sagte ein Vertreter des Finanzministeriums in Athen. Die Agentur Dow Jones Newswires hatte unter Berufung auf einen hochrangigen griechischen Vertreter berichtet, die Regierung in Athen habe die Hoffnung auf Hilfen ihrer europäischen Partnern schon aufgegeben. Es gebe eine zunehmende Überzeugung in der Regierung, dass der IWF die einzige Lösung sei.

"Wahrscheinlichkeit 70 Prozent"

Papandreou stehe in ständigem Kontakt mit dem Geschäftsführenden Direktor des IWF, Dominique Strauss-Kahn, sagte ein Regierungsbeamter. Die Meinungsverschiedenheiten mit Deutschland über die Lösung der Schuldenkrise würden größer. Es gebe eine zunehmende Überzeugung in der Regierung, dass der IWF die einzige Lösung sei.

Griechenland findet keinen Halt. Der IWF könnte der letzte Strohhalm sein.

Griechenland findet keinen Halt. Der IWF könnte der letzte Strohhalm sein.

(Foto: Pixelquelle/Marcus Stark)

Der griechische Minister für Wirtschaft, Wettbewerb und Fischerei, Louka Katseli, soll griechischen Presseberichten zufolge bereits gesagt haben, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der IWF um Hilfe gebeten werde, 70 Prozent betrage. Über den Fahrplan für einen Antrag beim IWF soll angeblich nicht vor dem EU-Gipfel entschieden werden.

Viele EU-Länder sehen eine Einbindung des IWF skeptisch. Dies könnte als Eingeständnis gewertet werden, dass die Europäer die Krise nicht mit eigenen Mitteln meistern können. Der in Washington beheimatete IWF gilt zudem als USA-lastig. Die Bundesregierung hatte erst jüngst deutlich gemacht, dass sie sich nicht unter Zeitdruck setzen lasse und es beim EU-Gipfel am 25. und 26. März dazu keine Entscheidung geben werde.

Berlin spielt auf Zeit

Die EU hat Griechenland grundsätzlich Hilfe zugesagt, um im Notfall die Stabilität des Euro zu sichern. Die technischen Details der Finanzhilfen hatten die Finanzminister der Euro-Länder am Montag geklärt. Doch steht eine Entscheidung der EU-Staats- und Regierungschefs über noch offene Details aus.

Giorgos Papandreou stören die hohen Zinsen für die Staatsanleihen.

Giorgos Papandreou stören die hohen Zinsen für die Staatsanleihen.

(Foto: AP)

Deutschland würde im Fall finanzieller EU-Hilfen für Griechenland als größtes Euro-Land am stärksten zur Kasse gebeten. Deshalb versucht die Bundesregierung offenbar, konkrete Zusagen so lange wie möglich hinauszuzögern. Das Kalkül ist, dass sich die Lage am Kapitalmarkt für Griechenland bald entspannt und die Finanzhilfe nicht zum Einsatz kommt.

Papandreou ist dagegen der Auffassung, dass nur die Veröffentlichung eines konkreten Notfallplanes die Zinsen senken kann, die Griechenland derzeit am Markt für seine Staatsanleihen bezahlen muss. Die Anleger verlangen für Anleihen mit zehn Jahren Laufzeit derzeit knapp 6,3 Prozent - etwa 3,1 Prozentpunkte mehr als für die marktbestimmenden deutschen Staatsanleihen.

"Wenn wir weiter zu sehr hohen Zinsen borgen müssen, können wir den Defizitabbau nicht durchhalten, den wir mit diesen harten Maßnahmen erreichen wollen. Wir sollten in der Lage sein, zu normalen Zinsen zu leihen", sagte der Regierungschef.

Zeitenwende in der Euro-Zone

Sollte Griechenland tatsächlich den IWF einschalten, verlässt der Staat die gemeinsame Gesetzesgrundlage wie sie im Maastricht-Vertrag festgeschrieben wurde. Die Zugehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates, der der Währungsunion angehört, schließt Währungsbeistände nicht nur der EU-Staaten aus, sondern auch den finanziellen Beistand des IWF. Alle diese Beistände setzen eine eigene Währung voraus, deren Wechselkurs verändert werden kann.

Der gemeinsame Euro in der Währungsunion ist nicht stützungsbedürftig, auch wenn einzelne Länder große Schwierigkeiten mit der Gemeinschaftswährung haben. Die Frage, die sich demnach stellt, ist, ob die von Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich wieder zitierte "ultima ratio", nämlich der Ausschluss notleidender Euroländer aus der Eurozone hier bereits konkrete Züge annimmt.

Quelle: ntv.de, ddi/rts/DJ

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