Auf Sand gebaut? Hochtief stützt Branchentitel
16.08.2010, 12:39 UhrHochtief entzückt die Anleger mit einem Gewinnsprung. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Baubranche sich schwer tut. Und 2011 scheint nicht besser zu werden. Die Kursreaktionen könnten damit eine Momentaufnahme bleiben.

Die hell erleuchtete Baustelle der Elbphilharmonie wird in der Hafencity im Hamburger Hafen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Im Windschatten von Hochtief legen zum Wochenbeginn auch andere Branchentitel kräftig zu. Das gilt für Bilfinger, HeidelbergCement ebenso wie für den Zulieferer für Baumaschinen, Bauer. Der Bereich sei lange vernachlässigt worden, vor allem wegen des Auslaufens der Konjunkturprogramme und der staatlichen Sparmaßnahmen, kommentierte ein Händler. Nun stütze Hochtief das Sentiment. Die Umsätze bleiben allerdings relativ gering, was schon ahnen lässt, dass die Gewinne möglicherweise flüchtig sind. Grund zur Euphorie gibt es den Prognosen zufolge nicht
auch wenn die Konjunkturbelebung der deutschen Bauwirtschaft Rückenwind gibt, auf dem Bau in Deutschland brummt es längst nicht mehr so prächtig wie noch vor einem Jahr. Das Baugewerbe verzeichnete nach Angaben des Statistischen Bundesamts in den ersten fünf Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2009 einen Umsatzeinbruch von 9,5 Prozent auf 24,4 Mrd. Euro. Der Auftragseingang wuchs dagegen von Januar bis Ende Mai im Vergleich zum Vorjahr um 5,6 Prozent.
Geldquelle versiegt
In den ersten fünf Monaten des Jahres 2007 waren noch 26,8 Mrd. Euro in die Kassen der Bauunternehmen geflossen. Im gleichen Zeitraum 2008 wuchs der Umsatz auf 29,3 Mrd. Euro und fiel auch in den ersten fünf Monaten 2009 mit 27,0 Mrd. Euro noch hoch aus. Nun allerdings rutschte die Branche auf das Niveau von 2006 ab. Die Beschäftigtenzahl sank um 0,9 Prozent auf 683.000 Menschen.
Es sei spürbar, dass die Finanzspritzen des Staates zur Stützung der Wirtschaft nachließen, so Andreas Geyer, Hauptabteilungsleiter Wirtschaft im Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). Die Bundesregierung hatte als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre auch die Bauwirtschaft mit milliardenschweren Hilfen angekurbelt. "Der Zustrom aus den Konjunkturpaketen ebbt ab. Die Projekte laufen aus", sagte Geyer.
"Rotstiftpolitik der Bundesregierung"
Der ZDB befürchtet, dass die deutsche Baubranche im kommenden Jahr schon wieder in eine Krise abzurutschen könnte. Der Zentralverband rechnet 2011 mit einem spürbaren Umsatzminus. Präsident Hans-Hartwig Loewenstein kritisierte vor allem die "Rotstiftpolitik der Bundesregierung". Indem sie die Förderung der Gebäudesanierung als Teil des Sparpakets um rund 700 Mio. Euro kürze, gingen auch etwa 3,5 Mrd. Euro an privaten Investitionen verloren.
Loewenstein erklärte, jeder Euro staatlichen Zinszuschusses löse das Fünffache an Investitionen aus. Pro Euro kämen so 1,35 Euro Steuern wieder zurück. "Wohnungsbauförderung erhöht die staatlichen Einnahmen und kommt gänzlich ohne Steuererhöhung aus", hob der Verbandspräsident hervor. Deshalb sei nicht zu verstehen, warum die Regierung die Mittel für die Wärmedämmung von Gebäuden 2011 halbiere.
Düstere Aussichten
Der öffentliche Bau dürfte nach der ZDB-Prognose dann 2011 das Sorgenkind werden. Der Verband geht nach Auslaufen der Konjunkturprogrammen von einem Minus von 7,4 Prozent aus, damit würde dieser Sektor auf das Niveau des Krisenjahres 2009 zurückfallen. Eine leicht positive Tendenz zeigt sich im Wohnungsbau. Im ersten Quartal 2010 lag die Zahl der Baugenehmigungen um 7,0 Prozent über Vorjahresniveau. 2009 wurden in Deutschland nur 159.000 Wohnungen fertiggestellt - die niedrigste Zahl seit der deutschen Wiedervereinigung.
Der Bau-Arbeitsmarkt dürfte trotz des trüben Ausblicks glimpflich davonkommen. 2010 und 2011 werden laut Prognose je 7000 Arbeitsplätze verloren gehen auf dann bundesweit 691.000. Loewenstein: "In den 90er Jahren hat die Branche die Hälfte der Beschäftigten verloren. Jetzt sind viele Betriebe auf einem Mindestniveau angelangt, das sie nicht mehr unterschreiten können."
Quelle: ntv.de, ddi/DJ/rts/dpa