Steuergeschenke trotz Defizit Obamas teurer Kompromiss
08.12.2010, 14:08 UhrUS-Präsident Obama beugt sich dem Druck der Republikaner und akzeptiert Steuererleichterungen für Spitzenverdiener. Das mag kurzfristig die richtige Entscheidung sein. Doch langfristig kann diese Entscheidung allerdings großen Schaden anrichten.
US-Präsident Barack Obama hat derzeit sicher wenig Freude an seinem Job. So zwingen ihm die Republikaner einen Steuerkompromiss auf, der in weiten Teilen des Landes auf wenig Verständnis stößt. Die Kritik wächst – auch in den eigenen Reihen. Denn vor allem die Reichen bekommen Steuergeschenke, während das ohnehin schon große öffentliche Defizit noch weiter wächst.
Im Wahlkampf hatte Obama angekündigt, die unter seinem Vorgänger George W. Bush beschlossenen Steuererleichterungen nur für die Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen zu verlängern. Wer allerdings mehr als 250.000 Dollar pro Jahr verdient, für den sollten die reduzierten Steuersätze ab 2011 nicht mehr gelten.
Erpressung geglückt
Die Republikaner lehnten es allerdings ab, die Steuererleichterungen nur für einen Teil der Amerikaner zu verlängern. Sie verlangten, auch die Reichen zu entlasten. Durch ihre Sperrminorität im Senat setzten sie ihre Forderung durch: Steuervergünstigungen entweder für alle oder für keinen.
Der kaum verhüllte Erpressungsversuch hatte Erfolg. Ohne Einlenken des Präsidenten wären die Vergünstigungen am 31. Dezember ausgelaufen. Das hätte bedeutet, dass fast alle Amerikaner künftig mehr Steuern zahlen – inmitten einer angeschlagenen Wirtschaft, hoher Arbeitslosigkeit und verunsicherter Verbraucher hätte das der Konjunktur schwer geschadet.
Das wollte Obama verhindern und so freuen sich US-Spitzenverdiener künftig unter anderem über Steuersätze von 15 Prozent auf Kapitalgewinne. Auch an die Erben haben die Republikaner gedacht: Erbschaften bis zu 5 Millionen Dollar bleiben steuerfrei. Mindestens ein Viertel der Steuererleichterungen geht der "New York Times" zufolge an 1 Prozent der Amerikaner.
2012 im Fokus
Der Präsident versprach, gegen niedrige Steuern für die Reichen zu kämpfen, wenn die Kompromissvereinbarung in zwei Jahren ausläuft. Dann sind aber erneut Wahlen in den USA. Es wächst die Befürchtung, dass die angekündigte umfassende Verlängerung von Steuererleichterungen letztlich eine Dauer-Einrichtung werden könnte.
"Die Reichen werden immer reicher", schimpfen Kritiker. Die demokratische Senatorin Dianne Feldstein fordert, man müsse auch dafür eintreten, woran man glaube. "Es gibt keine Hinweise darauf, dass Millionäre unter der derzeitigen Konjunktur leiden."
Konnten sich die USA Steuerkürzungen für Reiche schon unter Bush nicht leisten, gilt das derzeit erst recht. Das Haushaltsdefizit liegt bei 1,3 Billionen Dollar, Kriege im Irak und in Afghanistan verschlingen Geld, die Konjunktur braucht dringend Unterstützung. In Bildungssystem und Infrastruktur sind Milliardeninvestitionen nötig. Vor diesem Hintergrund sprechen Kritiker nicht von einem Kompromiss, sondern von einer Kapitulation. Daran ändert auch nichts, dass Arbeitslose nun länger Unterstützung erhalten.
Blick auf Staatsanleihen
Keine Lösung hätte für Millionen von Amerikanern zweifellos eine höhere Steuerlast bedeutet. Doch die Kosten für den Deal mit den Republikanern könnten höher sein als der Präsident erwartet. Denn die USA sind darauf angewiesen, sich günstig Geld zu leihen um ihr Defizit vergleichsweise billig zu finanzieren. Bislang funktioniert das. Doch nachdem Obama den Kompromiss betont zerknirscht verkündete, stiegen die Zinsen für amerikanische Staatsanleihen deutlich.
Die Ratingagentur Moody's warnte wegen der Steuerzugeständnisse vor einer Abwertung der US-Kreditwürdigkeit. Zwar seien Veränderungen in den kommenden 18 bis 24 Monaten nicht zu erwarten. Doch sorgen sich die Analysten um die Auswirkungen auf den Haushalt, sollten die Steuererleichterungen dauerhaft fortbestehen.
Auch die Chinesen als größter Gläubiger der USA warnen: "In ein bis zwei Jahren, wenn sich die europäische Schuldensituation stabilisiert, wird sich die Aufmerksamkeit der Finanzmärkte definitiv auf die USA richten", sagte Li Daokui, der akademisches Mitglied des geldpolitischen Ausschusses der chinesischen Notenbank ist. "Dann werden die US-Staatsanleihen sowie der Dollar empfindliche Rückgänge verbuchen."
Obama bleibt die Hoffnung, dass die Konjunktur endlich anzieht. Seine Gegner versuchen offenbar alles, um das zu verhindern. Keine guten Aussichten für die größte Volkswirtschaft der Welt.
Quelle: ntv.de, mit dpa/rts