Wege aus der Euro-Krise Ökonomen streiten weiter
14.07.2012, 17:06 Uhr
Dieser Sommer bleibt in vielerlei Hinsicht gewittrig.
Der Graben zwischen den über die Euro-Krise in Streit geratenen deutschen Ökonomen wird immer tiefer. Während auf der einen Seite nun ein Stopp weiterer Hilfen für die Defizitländer gefordert wird, heißt es auf der anderen Seite, dass man keine Zeit mehr verlieren darf.
Deutschlands Ökonomen sind bei der Suche nach einem Weg aus der Euro-Krise weiter uneins. Der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen fordert vorerst einen Stopp für weitere Hilfen an die Defizitländer: "Keinen Schritt weiter, solange es kein vernünftiges Regelwerk gibt. Solange darf es keine gemeinsame Haftung und keine neuen Schulden über Maastricht hinaus geben", sagte er der Tageszeitung "Die Welt".
Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Dennis Snower, widersprach ihm entschieden: Eine solche Auszeit könne sich Europa nicht leisten. Mitten in der Krise dürfe man keine Zeit verlieren. "Ja, wir müssen an gemeinsamen Regeln arbeiten, aber wir müssen gleichzeitig auch stabilisieren."
Die Wirtschaftswissenschaft befindet sich in Aufruhr, seit gut 200 Ökonomen um den Münchner Ifo-Chef Hans-Werner Sinn vor gut einer Woche einen Brandbrief über die jüngsten EU-Gipfelbeschlüsse verfassten. Raffelhüschen gehörte zu den Unterzeichnern dieses Aufrufs, Snower dagegen zu den Initiatoren einer Replik.
Einer der größten Streitpunkte bleibt der Umgang mit maroden Banken. "Wir brauchen eine einheitliche EU-Finanzmarktregulierung, einen Abwicklungsprozess für insolvente Banken und einen Rekapitalisierungsfonds für solche, die eine Perspektive haben", forderte Snower. Dazu sollte der Rettungsschirm ESM auch die Möglichkeit haben, sich an Banken zu beteiligen. Raffelhüschen warnte dagegen davor, "wie bei der Euro-Einführung den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen". Bevor man sich auf eine Haftungsunion einlasse, müssten die notwendigen Bedingungen für eine gemeinsame Haftung erfüllt sein. "Bezahlt wird erst, wenn es die Regulierung gibt, nicht umgekehrt."
Quelle: ntv.de, dpa