Chinas ungewisse Zukunft Peking deutet Kurswechsel an
06.03.2010, 11:19 UhrDie Machthaber in Peking sehen skeptisch in die Zukunft: Die wirtschaftlichen Perspektiven des Landes scheinen unsicher, die Erholung der Weltwirtschaft könnte sich verzögern. Im devisenpolitischen Dauerstreit mit dem Rest der Welt rückt China milimeterweise von bisher betonharten Positionen ab.

Ernste Mienen hinter sozialistischen Blumenschmuck von links nach rechts: Wirtschaftsminister Chen Deming, Reformkommissar Zhang Ping, Finanzminister Xie Xuren und Zentralbankchef Zhou Xiaochuan.
(Foto: REUTERS)
China warnt vor Ungewissheiten bei der Erholung der Weltwirtschaft. Der neue Exportweltmeister rechnet frühestens in zwei bis drei Jahren mit einer Rückkehr seiner Ausfuhren auf das Niveau am Beginn der Krise. Auf einer Pressekonferenz anlässlich der Jahrestagung des Volkskongresses in Peking äußerten sich die obersten chinesischen Wirtschaftslenker skeptisch über den wirtschaftlichen Aufschwung in China und dem Rest der Welt. China will weiter den inländischen Konsum ankurbeln, um seine Exportabhängigkeit zu verringern und die Wirtschaft zu beleben.
Chinas Notenbankchef will den Wechselkurs der Landeswährung Yuan flexibilisieren. Den genauen Zeitpunkt ließ Zhou Xiaochuan allerdings offen. Seit anderthalb Jahren hat China den Yuan fest an den Dollar geknüpft, um die Exportwirtschaft zu stärken. Diese Politik habe sich bewährt und zur Erholung nicht nur der Wirtschaft des Landes sondern auch der Weltwirtschaft beigetragen, sagte Zhou am Rande des Volkskongresses. "Es stellt sich aber früher oder später die Frage, wie man diese Politik wieder aufgibt." Bei der Abkehr von den zahlreichen Konjunkturhilfen müsse man den Zeitpunkt äußerst besonnen wählen, betonte der Notenbankchef.
Die USA und andere Länder halten die chinesische Währung für unterbewertet. Sie werfen der Regierung in Peking vor, so unzulässigerweise seinen Exporteuren zu helfen. Bis Mitte 2008 wurde noch eine schrittweise Aufwertung zugelassen. Nach Einschätzung vieler Experten ist es angesichts steigender Exporte und zunehmender Inflationsrisiken jedoch im Interesse Chinas, den Kurs der Landeswährung freizugeben.
Zhou räumte nun ein, den Wechselkurs seit Beginn der Finanzkrise anders verwaltet zu haben. China werde sich "früher oder später", wenn die Zeit reif sei, davon wegbewegen. "Wir sollten nicht die Möglichkeit gewisser Feinabstimmungen in dieser Politik als Reaktion auf veränderte wirtschaftliche Szenarien ausschließen." China lehne eine Politisierung der Wechselkursfrage ab, sagte Zhou Xiaochuan.
Nach dem krisenbedingten Rückgang der Ausfuhren im vergangenen Jahr um 16 Prozent ist es aus Sicht von Handelsminister Chen Deming noch zu früh, für dieses Jahr wieder einen Anstieg vorherzusagen. "Auch wenn Chinas Ausfuhren seit Anfang des Jahres wieder Bewegung zeigen, wird es zwei oder drei Jahre dauern, um wieder das Niveau von 2008 zu erreichen, weil Ungewissheiten in der globalen Erholung bleiben."
Koloss auf schwachen Füßen
90 Millionen Chinesen hingen an der Exportwirtschaft, hieß es aus Peking. Finanzminister Xie Xuren versicherte, China wolle mehr einführen und ein Gleichgewicht zwischen Import und Export erreichen. Die Entwicklung der heimischen Nachfrage habe "enormes Potenzial".
China hat die Wirtschaftskrise vergleichsweise gut bewältigt und 2009 sogar 8,7 Prozent erreicht. In diesem Jahr wird ein Wachstum von acht Prozent angestrebt, doch rechnen Experten dank massiver Staatsausgaben und einer hohen Kreditvergabe sogar mit einem größeren Anstieg. Zentralbankchef Zhou bekräftigte, die "angemessen lockere Geldpolitik" fortsetzen, gleichzeitig aber aufmerksam die Inflation beobachten zu wollen. Die Kontrolle der Preisentwicklung werde in diesem Jahr aber sehr schwierig werden.
Der Aufschwung steht nach seiner Einschätzung auf schwachen Füßen. "Es gibt auf dem Weg noch viele Unwägbarkeiten", sagte Zhou. "Die Erholung hat sich noch nicht ausreichend durchgesetzt." China werde vorsichtig sein, den Zeitpunkt für das Auslaufen seines Konjunkturprogramms zu wählen. Er verwies auch darauf, dass die Gruppe der 20 führenden Industrienationen (G20) gewarnt habe, die Stimulus-Programme zu früh zu beenden.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts